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Thüringen-Wahl: Wie es zum AfD-Sieg kam

Nach dem Sieg der AfD bei den Landtagswahlen in Thüringen am vergangenen Sonntag fragen sich nun viele, wie es dazu kommen konnte. Eine Kurzanalyse des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) liefert erste Erklärungen.

von Finn Lyko · 4. September 2024
Thüringen hat gewählt - nun wird die AfD mit 32,8 Prozent die stärkste Kraft im Landtag sein.

Thüringen hat gewählt - nun wird die AfD mit 32,8 Prozent die stärkste Kraft im Landtag sein.

Am Sonntag kam es in Thüringen zu einer Zäsur. Erstmals in der deutschen Nachkriegsgeschichte gewann eine als rechtsextrem eingestufte Partei eine Wahl – mit 32,8 Prozent ging die AfD aus den Landtagswahlen in Thüringen als stärkste Kraft hervor.

Doch wo liegen die Gründe dafür? Und wie steht es nun um die Demokratie in Thüringen? Das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) in Jena hat die Landtagswahlen beobachtet und wissenschaftlich begleitet – und die Erkenntnisse in einer Kurzanalyse zusammengefasst.

AfD nun in Thüringen etabliert

Der erste Blick auf die Zahlen sei dabei bereits eindeutig. „Wir sehen, dass die AfD in allen Landkreisen und kreisfreien Städten flächendeckend dazu gewinnen konnte“, erklärt Cornelius Helmert, Autor der Kurzanalyse, bei einer Pressekonferenz des IDZ. Diese Gewinne seien nicht nur im Vergleich zu den Landtagswahlen 2019 zu erkennen, sondern auch im Vergleich zur Europawahl Anfang Juni dieses Jahres.

Die AfD fände also immer mehr Zuspruch, und habe sich mit dem Sieg bei den Landtagswahlen und der damit erreichten Sperrminorität endgültig als stärkste politische Kraft in Thüringen etabliert, sagt Cornelius Helmert. Das spiegele sich auch in den Motivationen der AfD-Wähler*innen wider: Den meisten von ihnen sei die rechtsextreme Ausrichtung der Partei bekannt. Gewählt werde die Partei überwiegend wegen – und nicht trotz – ihrer Positionen und Inhalte.

Diese Einstellungen ließen sich möglicherweise durch die politische Kultur der einzelnen Landkreise erklären, so Helmert. So hatte die AfD in Landkreisen wie Sonneberg oder dem Saale-Orla-Kreis besonders gut abgeschnitten – in beiden Landkreisen verfügt die AfD auch auf kommunaler Ebene über großen Einfluss. Zudem sei zu beobachten, dass in den Landkreisen, in denen die NPD früher besonders stark war, nun die AfD besonders viel Zustimmung erfährt – es gebe also „rechtsextreme Schwerpunktregionen“, erklärt Helmert.

Dramatische Folgen für die demokratische Kultur befürchtet

„Wir haben die Befürchtung, dass die Zivilgesellschaft noch weiter unter Druck geraten wird“, sagt Cornelius Helmert. Insbesondere die Situation marginalisierter Gruppen werde sich voraussichtlich stark verschlechtern, auch weil der Wahlsieg der AfD die Partei und ihre rechtsextreme Gesinnung zusätzlich normalisieren könnte. Das wiederum könne die Bedrohungslage für betroffene Gruppen weiter verschärfen.

Um den politischen Kräften des rechten Randes entschlossen entgegenzutreten, brauche es nun eine „strategische Neuausrichtung“, fordert das IDZ in der Kurzanalyse. Die demokratischen Parteien und die Zivilgesellschaft seien nun in der Verantwortung, verstärkt eigene Inhalte zu setzen. Zudem müsse man die Ursachen dieses Rechtsrucks konkreter herausarbeiten – insbesondere über die individuellen Motivationen seien weitere Erkenntnisse notwendig.

Demonstrationen haben positiven Effekt

Bisher habe man wenig Antworten darauf, was konkret getan werden muss, um eine vielfältige, demokratische Zivilgesellschaft zu unterstützen und zu schützen, so Cornelius Helmert. Doch beispielsweise in den Demonstrationen gegen Rechtsextremismus zu Beginn dieses Jahres habe er einen positiven Effekt gesehen. „Durch die starke Mobilisierung gegen rechts wurde in manchen Orten erstmals das Narrativ hinterfragt, dass die AfD dort die Hegemonie hätte“, erklärt er. Die Menschen hätten gemerkt, dass sie mit ihrem demokratischen Weltbild nicht allein seien – und das mache ihnen Mut.

Autor*in
FL
Finn Lyko

ist Volontärin in der vorwärts-Redaktion.

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4 Kommentare

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Mi., 04.09.2024 - 18:09

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Sicherheit, nun wird klar, dass das Wahlergebnis, also der hohe Zuspruch den die AfD dort gefunden hat, damit gar nichts zu tun hat. Ich wusste es immer, der Zuwanderung ist eine reine Erfolgsgeschichte, schon historisch belegt und durch unzählige Studien bestätigt. Lasst euch nicht irre machen, an der Spitze und in der gesamten Partei. Wir brauchen mehr Zuwanderung, und die Einbürgerung läuft ja nun auch Hochtouren- das sind unsere Wähler von morgen- keine Frage

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Mi., 04.09.2024 - 18:57

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"Zudem müsse man die Ursachen dieses Rechtsrucks konkreter herausarbeiten – insbesondere über die individuellen Motivationen seien weitere Erkenntnisse notwendig."

Man müsste die Leute nur mal fragen... aber halt, das geht ja nicht. Mit solchen Leuten redet man ja gar nicht. Tja, dann kann man nur weiter orakeln und sich wundern, wenn man wieder mal mit seiner Einschätzung völlig daneben liegt.

Gespeichert von Helmut Steeg (nicht überprüft) am Do., 05.09.2024 - 09:05

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Früher war ich nicht nur SPD Wähler, sondern auch SPD Genosse. Die Zeiten von Brandt, Wehner, Schmidt, Leber, Börner usw. sind leider lange vorbei. Jetzt haben wir Eskens, Klingbeil, Mützenich und Kühnert. Was für eine Mannschaft. Sie tragen gemeinsam die Verantwortung am Niedergang der stolzen SPD. Wer so nachhaltig die Probleme seiner Stammwählerschaft ignoriert und sogar auf ein neues Wahlvolk hofft, wie Max Freitag (s.o.), wird zurecht vom Wähler ignoriert. Ich fürchte, nein - bin leider sicher, diese Entwicklung der SPD ist irreparabel, solange diese Personen das sagen in der Partei haben. Diese Partei braucht eine neue Führung mit Wirklichkeitsbezug und den richtigen Ideen.