Studie: Welchen Effekt die Massenproteste gegen Rechtsextremismus hatten
Mehr als drei Millionen Menschen sind Anfang des Jahres 2024 gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Es waren die größten Demonstrationen in der Geschichte der Bundesrepublik. Doch was haben sie bewirkt? Ergebnisse liefert eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung.
IMAGO / Sven Ellger
Am Tag vor den Kommunal- und Europawahlen demonstrierten in Dresden mehrere tausend Menschen.
Was bringen eigentlich Proteste? Diese durchaus berechtigte Frage hat die Friedrich-Ebert-Stiftung zu beantworten versucht. Denn nach Berichten der Recherche-Plattform Correctiv über ein Geheimtreffen von AfD und anderen rechtsextremen Kräften und damit verbundenen Deportationsphantasien gingen mehrere Millionen Menschen überall in Deutschland Anfang des Jahres auf die Straße, um für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren. Es waren die größten Proteste in der Geschichte der Bundesrepublik.
Gefahren von Rechtsextremismus sichtbarer
Nun hat das Institut für Protest- und Bewegungsforschung (ipb) im Auftrag der Stiftung Antworten auf die eingangs gestellte Frage geliefert. Dazu sprachen die Forscher*innen im Juni 2024 mit Teilnehmer*innen von Demonstrationen in Hamburg und Dresden im Vorfeld der dortigen Kommunal- und Europawahlen. Demnach habe das zivilgesellschaftliche Engagement seit Jahresbeginn maßgeblich dazu beigetragen, dass die Gefahren des Rechtsextremismus in der öffentlichen Debatte sichtbarer geworden seien. Die Proteste hätte so erfolgreich die Rolle eines demokratischen Takt- und Impulsgebers einnehmen können.
Zwar sei ein direkter Effekt nicht nachzuweisen, sagt Lisa Bogerts, Politikwissenschaftlerin und Mitautorin der Studie, während eines Pressegesprächs am Montag auf Nachfrage des „vorwärts“. Sie fügt an: „Es gab einen großen Rechtsruck bei Kommunal- und Europawahlen, der aber etwas weniger stark ausfiel, als vor den Wahlen von einigen Menschen vermutet.“
Die Hälfte diskutiert häufiger
Zudem hätten mehr als 50 Prozent der befragten Demonstrant*innen gesagt, sie führten seit Beginn der Protestwelle häufiger politische Diskussionen. 33 Prozent gaben an, häufiger zu Protesten zu gehen. „Deswegen kann man schon sagen, dass die Proteste einen Effekt auf die Zivilcourage und das Brandmauer-Gefühl haben, auch weil alle Teilnehmenden gesagt haben, dass sie sich selbst empowered gefühlt haben“, macht Bogerts deutlich. Mehr als drei Viertel der Menschen sagten demnach, sie fühlten sich als Teil einer größeren Bewegung.
Das Engagement verstetigte sich insofern auch bei vielen Teilnehmer*innen, als dass sie nicht nur zu Jahresbeginn, sondern auch im Juni an den Demonstrationen teilnahmen. Die Protestwelle habe insgesamt zur Belebung zivilgesellschaftlicher Arbeit in Deutschland beigetragen. Im Zuge der Proteste entstanden neue, breite Bündnisse gegen Rechtsextremismus. Daher spricht auch Alina Fuchs von der Friedrich-Ebert-Stiftung von einer „sehr wichtigen Erkenntnis, dass Proteste an sich demokratiestärkend wirken“.
Forderung: Keine Zusammenarbeit mit Rechten
Bei der Frage nach Mitteln und Instrumenten gegen Rechtsextremismus unterstützten die Befragten ein breites Maßnahmenbündel. Jeweils mindestens 90 Prozent Zustimmung erhielten die Forderungen nach besserer Aufklärung über rechtsextreme Autor*innen sowie nach Unterstützung für Menschen, die von rechter Gewalt bedroht sind. Die große Mehrheit der Befragten sprach sich außerdem dafür aus, dass es in Parlamenten keine Zusammenarbeit mit rechtsextremen Parteien geben dürfe und dass rechtsextreme Forderungen nicht von Politiker*innen anderer Parteien übernehmen werden sollten.
„Dem Großteil geht es darum, ein Zeichen zu setzen, Menschen zu mobilisieren und die Medien zu erreichen“, erklärt Mitautorin Nina-Kathrin Wienkoop. Auffällig sei bei den meisten Demonstrant*innen ein formal hohes Bildungsniveau sowie in der Selbsteinschätzung ein linkes Milieu aus der oberen Mittelschicht. Das drückt sich auch in der politischen Präferenz der Menschen aus. Eine klare Mehrheit von 64 Prozent hat bei der letzten Bundestagswahl die Grünen gewählt, Linke und SPD folgen weit abgeschlagen dahinter. CDU und FDP spielten eine untergeordnete Rolle.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo
Rechtsextremismus
Seit meiner Jungend habe ich mich gegen Rechtsextremismus engagiert und es ist noch nicht lange her, daß diese von der Polizei geschützt wurden - trotz Straftaten - und unsereins sich vor dem Knüppel fürchten musste. Die Regierungsoffiziellen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus fand ich aber sehr peinlich, besonders von einer Regierung die nichts anderes zu tun hat als sämtliche Kritik als rechts zu titulieren. Mittlerweile halte ich die "Grünen" gar nicht mehr für links und bei der SPD schwächelt links auch schon.