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SPD-Chef Klingbeil: Worauf die SPD im Bundestagswahlkampf setzt

Die Frage nach dem Kanzlerkandidaten ist in der SPD entschieden. Jetzt geht es um die Themen im Wahlkampf. Worauf die Partei setzt, hat SPD-Chef Lars Klingbeil am Freitag umrissen – und dabei die Unterschiede zur Merz-CDU klar gemacht.

von Kai Doering · 22. November 2024
Wünscht sich einen Wahlsieg zum Geburtstag am 23. Februar: SPD-Chef Lars Klingbeil

Wünscht sich einen Wahlsieg zum Geburtstag am 23. Februar: SPD-Chef Lars Klingbeil

Es waren bewegte Tage in der SPD. Die Frage, wer die Partei als Kanzlerkandidat in die vorgezogene Bundestagswahl führt, hat die Genoss*innen stark beschäftigt. Seit Donnerstagabend ist klar: Boris Pistorius hat keine Ambitionen. Am Montag wird der Parteivorstand Olaf Scholz als Kanzlerkandidaten nominieren. „Wir hatten einen festen Zeitplan, der verabredet war.“ Die Kanzlerkandidatur sollte in den zwei Tage nach dem G20-Gipfel in Brasilien geklärt werden“, lässt SPD-Chef Lars Klingbeil am Freitagmorgen einen kleinen Blick hinter die Kulissen zu.

Klingbeil: „Keine Verantwortung mehr für die FDP“

Klingbeil ist zu Gast beim Kommunalkongress der „DEMO“, des kommunalpolitischen Schwestermagazin des „vorwärts“. Es ist der erste öffentliche Auftritt des SPD-Vorsitzenden nach der Entscheidung der K-Frage. „Am Ende ist das eine souveräne Entscheidung, die man zu respektieren hat“, sagt Klingbeil zum Rückzug von Pistorius. Er selbst hatte sich stets für Scholz als Kanzlerkandidaten ausgesprochen. „Ich habe großen Respekt vor dem, was Olaf geleistet hat in den letzten drei Jahren“, sagt Klingbeil vor den Kommunalpolitiker*innen. (Hier gibt es die Rede zum Nachhören.)

Die Bundesregierung habe in dieser Zeit viel geleistet, auch wenn es zwischen den drei Partnern nicht immer leicht gewesen sei. Am Ende sei es aber nicht mehr gegangen. „Es war die richtige Entscheidung, Christian Lindner und die FDP aus der Regierung zu entlassen“, betont Klingbeil. Die Liberalen seien „nur noch destruktiv unterwegs“ gelesen. Vor einigen Tagen hatten Recherchen der „Zeit“ und der „Süddeutschen Zeitung“ offengelegt, dass die FDP schon länger Pläne für einen Bruch der Koalition geschmiedet hatte. „Die hatten sich Monate vorher verabredet das zu machen“, sagt Klingbeil. Für ihn ist deshalb klar: „Die FDP hat keine Verantwortung mehr in diesem Land verdient.“

„Die Aufholjagd beginnt jetzt.“

Für die SPD macht Klingbeil dagegen klar, was bis zum Wahltag am 23. Februar zählt. „Die Aufholjagd beginnt jetzt“, sagt er und erntet viel Applaus. Im aktuellen „Deutschlandtrend“, der am Donnerstag veröffentlicht wurde kommt die SPD nur noch auf 14 Prozent – und liegt damit 19 Punkte hinter der CDU. „Die Union teilt schon die Ministerposten auf. Diese Arroganz habe ich schon häufiger erlebt“, so Klingbeil. Oft sei es hinterher aber anders gekommen, zuletzt bei der Bundestagswahl 2021 als die CDU in den Umfragen lange vorne lag und schließlich von der SPD überholt wurde. „Wenn die SPD etwas kann, dann ist es kämpfen“, ruft Lars Klingbeil deshalb am Freitag den Kommunalpolitiker*innen zu.

Im Wahlkampf will der SPD-Vorsitzende vor allem „Gerechtigkeitsfragen in den Mittelpunkt“ stellen. „Mit Friedrich Merz und der Union wird das Renteneintrittsalter hochgesetzt“, warnt Klingbeil. Die SPD dagegen wolle daran nicht rütteln. Die Union habe mehrfach das Streikrecht in Frage gestellt. Überzeugung der SPD sei dagegen: „Wenn die Mitbestimmung stark ist, ist es gut für unser Land.“

Klingbeil nicht Friedrich Merz in die Verantwortung

Und für die Kommunalpolitiker*innen hat Klingbeil noch ein besonderes Thema mitgebracht. „Aufgabe der nächsten Bundesregierung muss es sein, die Bund-Länder-Kommunalfinanzen noch einmal zu durchleuchten.“ Er könne sich etwa mehr Autonomie der Kommunen vorstellen in der Frage, wie sie ihr Geld ausgeben. Bei einem anderen finanziellen Thema, das die Kommunen sehr bewegt, nimmt Klingbeil schließlich Oppositionsführer Friedrich Merz in die Pflicht. „Wir wären sofort bereit, über Altschulden zu reden“, sagt Klingbeil. Hintergrund ist, dass viele Kommunen infolge des Strukturwandels so überschuldet sind, dass sie kaum noch finanzielle Handlungsspielräume haben.„Jetzt muss Friedrich Merz zeigen, ob er politische Spiele spielt oder ob er bereit ist, noch vor der Wahl Verantwortung zu übernehmen.“

Bei der Kommunalpolitiker*innen in Berlin kommt das an. „Wir werden uns im Wahlkampf den Arsch aufreißen“, sagt einer in der Fragerunde nach Klingbeils Rede. Da lächelt der SPD-Vorsitzende, der am Tag der Bundestagswahl 47 Jahre alt werden wird. „Ihr helft mit, dass ich einen schönen Geburtstag haben werde“, ist Klingbeil überzeugt.

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3 Kommentare

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Fr., 22.11.2024 - 17:21

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Leider sehe ich keine deutlichen Unterschiede der SPD zur Merz-CDU; noch immer vermisse ich den Respekt der mir vor nunmehr mehr als 3 Jahren versprochen wurde.

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am So., 24.11.2024 - 18:49

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„Die Aufholjagd beginnt jetzt“, verspricht Klingbeil, denn „wenn die SPD etwas kann, dann ist es kämpfen“. Die zum friedlichen Kampf notendigen Waffen, also die Themen, – ich nehme mal an, der Vorwärts hat korrekt wiedergegeben, was Klingbeil dazu gesagt hat - werden „vor allem „Gerechtigkeitsfragen“ sein, etwa dass das „Renteneintrittsalter nicht hochgesetzt“ wird, wie Merz erwägt. Auch am Streikrecht, von der „Union mehrfach ... in Frage gestellt, ... wolle die „SPD ... nicht rütteln“. Das dritte und letzte Thema wäre, die „Bund-Länder-Kommunalfinanzen noch einmal zu durchleuchten“, konkret: „Wir wären sofort bereit, über Altschulden zu reden“.

Wenn es das ist, „worauf die Partei setzt, (wie) SPD-Chef Lars Klingbeil am Freitag umrissen hat“, dann sollte die SPD vielleicht mal überdenken, ob sie den nächsten Wahlkampf nicht besser aussitzen will.