Inland

Sachsen: Warum sich Köpping und Barley um die Pressefreiheit sorgen

In keinem anderen Bundesland leben Journalist*innen so gefährlich wie in Sachsen. Petra Köpping und Katarina Barley, SPD-Spitzenkandidatinnen bei der Landtagswahl beziehungsweise Europa-Wahl 2024, haben in Leipzig für die Verteidigung der Pressefreiheit geworben.

von Nils Michaelis · 14. Dezember 2023
Stimmungsmache gegen Journalist*innen

Hotspot Sachsen: Auf Demonstrationen wird immer wieder Stimmung gegen Journalist*innen gemacht. Häufig kommt es zu Übergriffen.

Petra Köpping, Ministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt in Sachsen, sorgt sich um die Pressefreiheit und Meinungsvielfalt im Land. Beides müsse verteidigt werden. „Die Freiheit der Presse und eine gut funktionierende Demokratie hängen ganz klar zusammen“, sagte sie zum Wochenbeginn beim Besuch des European Center for Press and Media Freedom (ECPMF) in Leipzig. 

„Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Menschen genau überlegen, welche Parteien diese Freiheit gewährleisten", so Köpping. "Fake News, Hass und Populismus sind dabei unsere größten Feinde. Parteien, die dieses Geschäft betreiben, haben für das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht viel übrig. Dagegen kämpfen wir an.”

Köppings Appell kam nicht von ungefähr. Die Pressefreiheit ist im Grundgesetz verankert. Im Alltag muss sie oft verteidigt, wenn nicht gar erkämpft werden. Immer wieder werden Journalist*innen bedroht, eingeschüchtert oder am Rande von Demonstrationen attackiert. Tendenz steigend. 

Die meisten Angriffe in Sachsen

Nicht nur, aber gerade in Sachsen. Der Freistaat verzeichnet die meisten tätlichen Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten in Deutschland. 104 sind laut ECPMF seit dem Jahr 2015 gezählt worden. Das sind mehr als im selben Zeitraum in Berlin (58), Brandenburg (acht), Thüringen (19), Sachsen-Anhalt (zwölf) und Mecklenburg-Vorpommern (fünf) zusammen. Insgesamt weist die Statistik für Deutschland in den vergangenen acht Jahren 333 solcher Fälle aus. 

„Das dürfen wir nicht hinnehmen“, so Köpping, die Spitzenkandidatin der SPD bei der Landtagswahl im kommenden Jahr ist. Die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ECPMF sei enorm wichtig und könne nicht hoch genug geschätzt werden. 

Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen zeichnet ein bedenkliches Bild der Lage in Sachsen. Sie zählte im vergangenen Jahr bundesweit insgesamt 103 Angriffe auf Medienschaffende. Das sei der höchste Stand seit Beginn der Zählung im Jahr 2015. Die meisten Angriffe ereigneten sich demnach in Sachsen (24), gefolgt von Berlin (17), Thüringen (13), Bayern (zehn), Baden-Württemberg (neun) und Sachsen-Anhalt (sieben).

Tritte und Schläge bei Demos

Mit rund 84 Prozent habe die Mehrheit der Angriffe im verschwörungsideologischen, antisemitischen oder extrem rechten Kontext stattgefunden. Am häufigsten waren demnach Tritte und Schläge, auch mit Gegenständen. Gefährlichster Ort waren wie in den Vorjahren Demonstrationen, meist gegen Coronamaßnahmen. Dort wurden rund 84 Prozent der Angriffe (86 von 103 Fällen) gezählt.

Solche Vorfälle tragen dazu bei, dass die Bundesrepublik in der Rangliste der Pressefreiheit auf Rang 21 abgerutscht ist. Im Vorjahr hatte sie noch Rang 16 inne.

An dem Besuch beim ECPMF nahmen auch Katarina Barley, SPD-Spitzenkandidatin bei der Europawahl 2024, sowie der SPD-Europaabgeordnete Matthias Ecke teil. Barley machte deutlich, dass Medienvertreter*innen auch in anderen EU-Staaten zunehmend unter Druck geraten würden. „Internationale Krisen und Konflikte können die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten erschweren“, so die Vizepräsidentin des Europarlamentes. 

Barley: Gefahr von Rechts in Europa

„Auch bei den erstarkenden rechtspopulistischen Strömungen in verschiedenen Mitgliedsstaaten der EU müssen Non-Proft-Organisationen genau hinschauen, haben diese Regierungen doch den Hang dazu, unliebsame Berichterstattung zu verhindern.“ 

Journalismus müsse ohne politische Einschränkungen möglich sein, so Barley. Die Europäische Union arbeite gerade am European Media Freedom Act, um Pressefreiheit innerhalb der EU zu gewährleisten, damit Journalistinnen und Journalisten frei und sicher arbeiten können.  

Das EPCMF ist eine gemeinnützige Organisation, die 2015 in Leipzig gegründet wurde. Sie arbeitet auf der Grundlage der Europäischen Charta der Pressefreiheit und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union. 

Medienfreiheit fördern

Seine Mission besteht darin, die Medienfreiheit zu fördern, zu bewahren und zu verteidigen. Das Zentrum tut dies, indem es Verstöße überwacht, praktische Unterstützung leistet und verschiedene Interessengruppen in ganz Europa einbezieht.

Weitere interessante Rubriken entdecken

2 Kommentare

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Do., 14.12.2023 - 07:26

Permalink

ng ist aufgefordert, die demokratischen Presseerzeugnisse finanziell zu stützen, denn die Abonnements gehen auf breiter Front zurück. Damit sinken die Auflagen und mit ihnen die Werbeeinnahmen. Da muss der Staat helfen, denn eine demokratische Presse ist ebenso erhaltenswürdig wie der demokratische öffentlich rechtlich organisierte Rundfunk. Wir könne und dürfen es Springer nicht überlassen, was gesendet und gedruckt wird- da muss in unseren Händen, also den Händen der Demokraten verbleiben, die in den Rundfunkräten einen hervorragenden Job machen

Gespeichert von Elias Hallmoser (nicht überprüft) am Do., 14.12.2023 - 10:02

Permalink

Man muss da nach den Inhabern der Medien fragen. Angriffe auf Bürger aber sind Angelegenheit der Polizeien, Staatsanwaltschaften und Gerichte. Die Wahrnehmung von Grundrechten ist Angelegenheit der Bürger. Die Verteidigung von Grundrechten ist Angelegenheit der Verfassungsgerichte.