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Mehrwertsteuer senken: Was der Scholz-Vorschlag bringen würde

Olaf Scholz will die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel von sieben auf fünf Prozent senken. Damit sollen die deutlich gestiegenen Preise gedämpft werden. Ein Ökonom sieht darin einen „sinnvollen ersten Schritt zur Milderung eines gravierenden Problems“.

von Kai Doering · 11. Dezember 2024
Der Preis für Lebensmittel ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Eine Absenkung der Mehrwertsteuer könnte Abhilfe schaffen.

Der Preis für Lebensmittel ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Eine Absenkung der Mehrwertsteuer könnte Abhilfe schaffen.

Auf TikTok ist es schon länger ein Trend. „Olaf Scholz, die Preise müssen runter!“, fordert der Influencer Brooklyn auf der Social-Media-Plattform seit einigen Monaten in seinen Beiträgen und viele – gerade jüngere – Menschen nehmen seine Forderung in eigenen Beiträgen auf. Es gibt Lieder und Umfragen. Der Tenor: Die Lebensmittelpreise sind zu hoch. Der Kanzler soll einschreiten.

„Vielen, die wenig Geld verdienen, helfen“

Ob Scholz die Internet-Gemeinde erhört hat oder ob sein Vorstoß nur zufällig zum Social-Media-Trend passt, ist nicht bekannt. Jedenfalls hat der Kanzler mit einer Forderung in den „Tagesthemen“ am Dienstagabend für Furore gesorgt. „Ich schlage vor, dass wir beim einfachen Mehrwertsteuersatz für Lebensmittel eine Reduzierung vornehmen von sieben auf fünf Prozent. Das würde ganz vielen, die wenig Geld verdienen, helfen“, sagte Scholz im Interview mit Jessy Wellmer. Für den Bundeshaushalt wäre das „keine übermäßige Belastung“, so der Bundeskanzler.

„Ich glaube, dass es jetzt erstmal wichtig ist, dass wir etwas sehr Überschaubares machen, was jeder beim täglichen Bedarf jeden Tag merkt“, sagte Scholz auf die Nachfrage, ob die Absenkung auch für die Gastronomie gelten soll. In Restaurants gilt zurzeit ein Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent, wenn die Speisen vor Ort verzehrt werden. Bei Lieferungen gilt der reduzierte Satz von sieben Prozent, wie er auch auf die allermeisten Lebensmittel im Supermarkt fällig wird. Diesen will Scholz nun absenken.

30 Prozent Preissteigerung in drei Jahren

Im Zuge der allgemeinen Preissteigerungen sind nach Zahlen des Statistischen Bundesamts die Preise für Lebensmittel in den vergangenen drei Jahren um mehr als 30 Prozent gestiegen. Ein Kostentreiber waren zu Beginn des Kriegs in der Ukraine die hohen Energiepreise. Doch auch, nachdem diese wieder Vorkriegsniveau erreicht haben, sind die Lebensmittelpreise hoch geblieben – mutmaßlich, weil Lebenmittelkonzerne Preisabsprachen betreiben und so ihre Gewinnmarge erhöhen.

Als einen „sinnvollen ersten Schritt zur Milderung eines gravierenden Problems“ bezeichnet deshalb der Ökonom Gustav Horn den Vorschlag von Scholz, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel zu senken. Horn ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Duisburg-Essen und leitet den wirtschaftspolitischen Beirat der SPD. Auch in diversen Gastbeiträgen für den „vorwärts“ hat sich Horn bereits mit dem Thema steigender Lebensmittelpreise beschäftigt.

Viele Ausnahmen beim reduzierten Mehrwertsteuersatz

Die Preissteigerungen belasteten vor allem Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen. „Diese werden daher am meisten von dem niedrigeren Steuersatz profitieren und das ist gut so“, ist Gustav Horn überzeugt. Auf Dauer müsse der Staat aber mit dem Kartellrecht gegen die Marktmacht der Nahrungsmittelkonzerne vorgehen. Nach Angaben des Statistischen Bundeamtes gaben die Haushalte in Deutschland im vergangenen Jahr durchschnittlich 15 Prozent ihrer Gesamtausgaben für Nahrung, Getränke und Tabakwaren aus. Im Jahr 2022 waren es noch 11,5 Prozent.

Während der Mehrwertsteuersatz grundsätzlich bei 19 Prozent liegt, gilt auf Lebensmittel ein reduzierter Satz von sieben Prozent, allerdings mit vielen Ausnahmen. So werden bei verarbeiteten Produkten sowie den meisten Getränken 19 Prozent fällig. Die Ausnahme ist stilles Wasser. Die Grenze zwischen sieben und 19 Prozent verläuft dabei nicht immer logisch. Während auf Kuh-Milch nur sieben Prozent Mehrwertsteuer gezahlt werden müssen, sind es bei Sojamilch 19. Auf Kartoffeln sind sieben Prozent fällig, auf Süßkartoffeln 19. 

Wieviel Ersparnis der Scholz-Vorschlag tatsächlich bringen würde, ist daher schwer vorherzusagen, weil es vom individuellen Einkaufsverhalten abhängt. Ein Stück Butter, das zurzeit etwa 2,99 Euro kostet, wäre etwa sechs Cent günstiger, ein Liter 1,5-prozentige Milch etwa zwei Cent. Bei einem Einkauf im Wert von 100 Euro läge die Ersparnis bei etwa zwei Euro.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Do., 12.12.2024 - 11:18

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Für viele Rentner und andere Bedürftige (chronisch Kranke) wäre auch eine Mehrwertsteuerabsenkung bei Arzneimitteln dringend erforderlich.

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