Inland

Gewalt gegen Frauen: Diese Maßnahmen beschließt Rot-Grün auch ohne Gesetz

Das Gewalthilfegesetz droht vor der Neuwahl im Bundestag zu versacken. Mit einem neuen Beschluss setzt sich die Bundesregierung dennoch klare Ziele im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen.

von Lea Hensen · 11. Dezember 2024
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD, rechts) und Bundesfrauenministerin Lisa Paus haben einen Aktionsplan gegen Gewalt vorgestellt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD, rechts) und Bundesfrauenministerin Lisa Paus haben einen Aktionsplan gegen Gewalt vorgestellt.

Während noch ungewiss ist, ob Rot-Grün vor der Neuwahl das Gewaltschutzgesetz beschließen kann, hat das Bundeskabinett eine Strategie beschlossen, die die Vorgaben aus der Istanbul-Konvention erfüllen soll. In der Konvention des Europarats haben sich die Unterzeichnerstaaten zu Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen und Mädchen verpflichtet. Doch in Deutschland sind bis heute nicht alle Anforderungen erfüllt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne) stellten die Gewaltschutzstrategie am Mittwoch vor. Sie beinhaltet 120 Maßnahmen, die allerdings nicht rechtsbindend sind, wie es die Maßnahmen im Gewaltschutzgesetz wären. In Deutschland gilt die Istanbul-Konvention seit 2018. Mit dem neuen Aktionsplan wird die Vorgabe erfüllt, Gewaltschutzmaßnahmen strategisch zu bündeln, außerdem soll eine Koordinierungsstelle auf Bundesebene eingerichtet werden, die die Maßnahmen zwischen den Ministerien koordinieren soll. Sie soll den Fortschritt bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen dokumentieren. 

Fast jeden Tag ein Femizid

Nancy Faeser betonte, die neue Strategie gelte über die nächste Legislaturperiode hinaus – es sei denn, eine neue Regierung setze sie wieder aus. Die Bundesinnenministerin nannte als zentrale Aspekte des Aktionsplans eine harte Strafverfolgung sowie eine verpflichtende Täterarbeit für diejenigen, die schon die Tat begangen haben und einen Weg aus der Gewalttätigkeit finden sollen. Außerdem forderte sie die elektronische Fußfessel für Täter.

„Am Ende geht es darum, alles zu tun, um Frauen bestmöglich vor Gewalt zu schützen“, sagte Bundesfrauenministerin Paus. Die Gewaltschutzstrategie fordert auch die Einführung des Gewalthilfegesetzes, das Frauen einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei häuslicher Gewalt bieten soll. Im Jahr 2023 wurde in Deutschland fast jeden Tag eine Frau ermordet, weil sie eine Frau ist. Alle drei Minuten erlebt eine Frau oder ein Mädchen Gewalt im häuslichen Umfeld.

Das Gewalthilfegesetz liegt nach erster Lesung im Ausschuss für Frauen. Länder und Kommunen wären durch das Gesetz verpflichtet, mehr Angebote in Frauenhäusern bereitzuhalten, wo derzeit tausende Plätze fehlen. Dafür soll es Bundesmittel in Milliardenhöhe geben. Die FDP will dem Gesetz nicht zustimmen, die Union hat Voraussetzungen für eine Zustimmung genannt: Dazu gehört, dass Frauenhäuser keine Trans-Frauen aufnehmen dürften. Rot-Grün ist auf die Zustimmung von entweder FDP oder Union angewiesen, um das Gesetz vor der Neuwahl zu beschließen.

Maßnahmen gegen Menschenhandel

Neben der Gewaltschutzstrategie stellten Faeser und Paus am Mittwoch auch einen Aktionsplan gegen Menschenhandel vor. Darin sind 128 Maßnahmen zum Schutz von insbesondere Kindern und Jugendlichen und vor sexueller Ausbeutung enthalten. Der Plan beinhaltet auch Maßnahmen gegen Menschenhandel im digitalen Raum. Die Verschärfung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels verpflichtet die Mitgliedsstaaten, solche Aktionspläne zu erstellen. Die Richtlinie sieht unter anderem vor, das Strafrecht im Fall von Menschenhandel zu verschärfen. 

„Menschenhandel macht Menschen zur Ware, setzt ihr Leben aufs Spiel und diese furchtbare Brutalität bedeutet sehr, sehr viel Leid für die Opfer“, sagte Nancy Faeser. Es sei besonders wichtig, die Täternetzwerke zu zerschlagen. Unter anderem soll es eine neue Kampagne für das Hilfetelefon zum Thema gegen Gewalt an Frauen geben. Unter der Nummer 116010 können sich von Gewalt Betroffene Hilfe von Experten suchen, auch im Bereich der Zwangsprostitution und des Menschenhandels.

Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat ermittelt, dass zwischen 2020 und 2022 insgesamt mehr als 3.100 Menschen von Menschenhandel betroffen waren, durchschnittlich fast drei Personen pro Tag.

Weitere interessante Rubriken entdecken

Noch keine Kommentare
Schreibe einen Kommentar

Klartext

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.