Inland

Stephan Weil über Volkswagen: „Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz“

In einer Regierungserklärung hat sich Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zur Krise bei VW geäußert. An das Management des Autobauers richtete er deutliche Forderungen.

von Nils Michaelis · 25. September 2024
Stephan Weil Landtag Niedersachsen

Stephan Weil während seiner Regierungserklärung im Landtag von Niedersachsen.

Als am Mittwochmorgen der Niedersächsische Landtag zusammentritt, ist klar, dass der Tag im Zeichen der Situation bei Volkswagen stehen wird. Und das nicht nur im Parlament. 

Nur wenige Kilometer entfernt laufen zur gleichen Zeit Verhandlungen von IG Metall und VW-Management über einen neuen Haustarif. Neben einer Erhöhung der Entgelte um sieben Prozent fordert die Gewerkschaft den Erhalt aller VW-Werke und eine neue Beschäftigungssicherung. Um den Druck auf die Arbeitgeberseite zu erhöhen, haben sich Mitarbeiter*innen aller Standorte vor dem Tagungszentrum eingefunden.

Hohe Erwartungen richten sich in diesen Tagen an Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, der qua Amt dem Aufsichtsrat der Volkswagen AG angehört. 

VW hat weniger Absatz und will mehr Rendite

Ohne Umschweife macht er in einer Regierungserklärung den Ernst der Lage bewusst. Im Vergleich zu 2019 habe das Unternehmen 500.000 Autos weniger verkauft. Nicht nur VW leide unter der Flaute bei E-Autos. Um wirtschaftlich besser dazustehen, habe Volkswagen im vergangenen Jahr ein Performanceprogramm aufgelegt, doch dies allein reiche nicht aus. Zugleich wolle der Vorstand die Rendite von 2,5 auf 6,5 Prozent steigern.

Weil macht klar, dass es an VW selbst ist, sich aus der wirtschaftlichen Schieflage zu befreien. „Das Unternehmen muss seine Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen, indem es attraktive Produkte zu fairen Preisen anbietet“, sagt der Regierungschef im Landtag. Heißt konkret: VW müsse bei E-Autos endlich ein günstiges Einstiegsmodell anbieten. Zudem gehe es darum, angesichts der Vielzahl an Standorten Möglichkeiten für Synergien konsequent zu nutzen und auf effiziente Lieferketten zu setzen. 

Die Politik könne allenfalls bei den Rahmenbedingungen helfen, so Weil. Vor allem an einer Stelle. „Die Kaufprämie für E-Autos zurückzunehmen, war ein Fehler“, sagt der SPD-Politiker. Im Zuge der Haushaltskrise hatte die Bundesregierung diese Maßnahme im vergangenen Jahr ergriffen. Es sei „höchste Zeit“, diesen Schritt zu korrigieren, fordert der Ministerpräsident. Auch darüber hinaus bleibe die Zukunft der Autoindustrie in Deutschland ein Thema für die Politik.

Weil sendet Signal an die Beschäftigten

Anfang des Monats hatte VW hatte angekündigt, betriebsbedingte Kündigungen und das Schließen von Standorten nicht länger auszuschließen. Die bisherigen Tarifvereinbarungen wurden aufgekündigt.

Weil ist klar: Die Verunsicherung unter den rund 100.000 VW-Beschäftigten im Land ist riesig. An sie sendet er ein klares Signal: „Es gibt Stellschrauben weit über Kündigungen und Werksschließungen, die wir als Landesregierung sehr kritisch sehen, hinaus. Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz.“ Sollten Stellen abgebaut werden, müsse dies wie in der Vergangenheit sozial verträglich ablaufen.

Bis Ende November, wenn die Tarifverhandlungen und die Planungsrund bei VW fortgeschritten sind, erwartet Weil Klarheit, wie es für die Arbeitnehmer*innen bei VW weitergeht. „Sie haben ein Recht darauf“, betont er. VW müsse tarifgebunden bleiben und auch künftig für sichere Beschäftigung stehen.

SPD-Fraktionschef: „VW ist Niedersachsen“

Rückendeckung erhält Weil aus der SPD-Fraktion. „VW ist Niedersachsen und dass soll so bleiben“, sagt der Fraktionsvorsitzende Grant Hendrik Tonne. Das Nebeneinander von hoher Rendite und guter Arbeit sei die Maßgabe für Volkswagen. Um die Nachfrage nach E-Autos zu steigern, brauche es mehr Tempo und weniger Bürokratie beim Ausbau der Ladeinfrastruktur. Auch müsse es Menschen mit kleinem oder mittlerem Einkommen erleichtert werden, einen verbrennerlosen Wagen zu erwerben, etwa über Social Leasing.

Ähnliche Töne kommen von der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Anne Kura. Sie erinnert an die Innovationskraft, dank derer sich Volkswagen aus früheren Krisen befreit habe. „Nachhaltigkeit, Bezahlbarkeit und Fortschritt müssen als DNA von VW bewahrt bleiben“, so Kura.

In einer gemeinsamen Resolution fordern die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen unter anderem, dass Einschnitte bei VW nicht allein zulasten der Belegschaft gehen dürfen und dass der Vorstand Vorschläge für einen zukunftsfähigen Konzern vorlegen soll. 

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2 Kommentare

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Mi., 25.09.2024 - 13:58

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"An sie sendet er ein klares Signal: „Es gibt Stellschrauben weit über Kündigungen und Werksschließungen, die wir als Landesregierung sehr kritisch sehen, hinaus"

So eine Stellschraube sind z.B. die Bundestagswahlen im nächsten Jahr. Wer als Autobauer eine Zukunft haben will, sollte eventl. andere politische Verantwortliche wählen, da die derzeit Verantwortlichen nun mehr als einmal bewiesen haben, dass sie von der Wirtschaft nicht viel verstehen.

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Mi., 25.09.2024 - 14:28

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Sitzt Herr Weil nichtallerhöchst selbst im Aufsichtsrat von VW ? Kam die Krise so überraschend oder hätten schon früher von IHM (Land Niedersachsen) ander Weichenstellungen gefordert werden sollen ?
VW war mal Vorreiter in Sachen verbrauchsarmer Motoren aber die Förderung von SUFs oder gar E-SUVs hatte Vorrang. Hört endlich die Signale oder soll die afd sich noch mehr ausdehnen?!?