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Landtagswahlen: Mit diesen Themen will die SPD in Ostdeutschland punkten

Im September werden in Brandenburg, Sachsen und Thüringen neue Landtage gewählt. Die Spitzenkandidat*innen Dietmar Woidke, Petra Köping und Georg Maier kämpfen für eine starke Sozialdemokratie und gegen die Bedrohung von rechts. Wir haben sie besucht.

von Kai Doering und Nils Michaelis · 6. August 2024
Will auch nach der Landtagswahl am 22. September Ministerpräsident bleiben: Dietmar Woidke bei der „Strohballenfest-Sommertour“ der SPD Brandenburg am 1. August

Will auch nach der Landtagswahl am 22. September Ministerpräsident bleiben: Dietmar Woidke bei der „Strohballenfest-Sommertour“ der SPD Brandenburg am 1. August

Brandenburg, Sachsen und Thüringen stehen dieser Tage im Rampenlicht wie lange nicht. In wenigen Wochen werden dort neue Landtage gewählt, in Sachsen und Thüringen am 1. September, in Brandenburg am 22. September. Umfragen sehen die AfD in allen drei Ländern als stärkste Kraft. Derzeit geht es daher vor allem um eine Frage, die Sorgen bereitet: Wie kann in Dresden, Erfurt und Potsdam eine stabile Regierung gebildet werden ohne Beteiligung der rechtsextremen AfD? 

Die SPD schickt mit Dietmar Woidke, Petra Köpping und Georg Maier erfahrene Landespolitiker und -politikerinnen als Spitzenkandidaten ins Rennen. Mit welchen Themen wollen sie punkten? Was treibt die drei an? Wir haben sie vor Ort besucht.

Brandenburg: Sorgen trotz starkem Wirtschaftswachstum

Mehr als 15.000 neue Jobs innerhalb von zwei Jahren und das bundesweit stärkste Wirtschaftswachstum: Wirtschaftlich könnte die Lage in Brandenburg kaum besser sein. Das ist nicht zuletzt der auf die Ansiedlung von Zukunftsbranchen und einen Ausgleich von Wachstum und Klimaschutz ausgerichteten Industriepolitik der SPD-geführten Landesregierung zu verdanken. 

Trotzdem sorgt sich Ministerpräsident Dietmar Woidke um die Zukunft seines Landes. Gründe sind der erstarkende Rechtsextremismus und die polarisierte Stimmung. Wie geht es weiter, sollte die AfD tatsächlich, wie Umfragen nahelegen, am 22. September stärkste Kraft im Potsdamer Landtag werden? 

Bei öffentlichen Auftritten warnt der seit 2013 amtierende Woidke immer wieder vor der Gefahr von rechts. Besonders eindringlich geraten seine Warnungen dort, wo die Spuren der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zu besichtigen sind. Zum Beispiel in der früheren Haftanstalt Cottbus. Zwischen 1933 und 1945 wurden dort Frauen inhaftiert, die unter anderem aus politischen Gründen ins Visier des NS-Regimes geraten waren. Für viele von ihnen war es eine Zwischenstation ins KZ beziehungsweise in den Tod.

Rechtsextremismus und Rassismus bekämpfen

Als dort im Sommer eine neue Ausstellung eröffnet wird, trifft Woidke auf Nachfahren ehemaliger Insassinnen. Der 62-Jährige nimmt sich viel Zeit für Gespräche und ist sichtlich bewegt. „Dieser Ort macht deutlich, was es bedeutet, in Freiheit und Demokratie zu leben“, sagt er. Dies sei keine Selbstverständlichkeit. Immer wieder müsse die Gesellschaft gegen Ausgrenzung und Diskriminierung aufstehen und den Rechtsextremismus entschieden bekämpfen.

Diese Haltung spiegelt das Regierungsprogramm der SPD für die kommenden fünf Jahre wider. Rechtsextremismus und Rassismus seien nach wie vor die größte Gefahr für die Demokratie und das friedliche Zusammenleben in Brandenburg, heißt es darin. Deshalb sei es wichtiger denn je, zivilgesellschaftlichen Kräften den Rücken zu stärken, die sich für ein zukunftsorientiertes Miteinander einsetzen. Aber auch gute Arbeit und eine starke Wirtschaft spielen in dem Programm eine zentrale Rolle. 

Eines ist klar: Woidke und die SPD wollen Kurs halten und Brandenburg gerade dadurch weiter voranbringen. Auch um zu zeigen, dass die Lage Grund zur Zuversicht bietet.

Köppings Sechs-Punkte-Plan für Sachsen

Diesen Kurs verfolgen auch die Sozialdemokrat*innen in Sachsen. Für sie geht es um alles oder nichts: Wahlprognosen sehen die SPD bei fünf bis sieben Prozent. Die Partei setzt auf ihren Zukunftsplan für den Freistaat – und auf ihre prominente, weit über Parteikreise hinaus beliebte Spitzenkandidatin Petra Köpping.

Der Politikansatz der Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt besteht darin, das Leben der Menschen besser und Sachsen damit zukunftsfähig zu machen. Auch als Bürgermeisterin und Landrätin im Großraum Leipzig agierte sie als pragmatische Macherin. Auf Wahlplakaten ist die 66-Jährige mit den Losungen „Die Richtige“ und „Das Richtige“ für Sachsen zu sehen. 

Was es damit auf sich hat, macht Köppings Sechs-Punkte-Plan deutlich. Ganz oben steht die Stärkung des Gesundheitssystems, also vor allem der Erhalt der Krankenhäuser und deren Ausrichtung auf Zukunftsaufgaben. Aber auch Wirtschaft und Beschäftigte hat sie im Blick: Köpping fordert Investitionen zur Stärkung von Mittelstand, Industrie und Handwerk sowie eine Angleichung von Löhnen in Ost und West, mehr Tarifbindung und einen Mindestlohn von 15 Euro.

Zudem sollen Familien gestärkt werden: durch mehr bezahlbaren Wohnraum in den Städten, bessere Nahverkehrsangebote auf dem Land und mehr Unterstützung für Alleinerziehende. Kinder und Jugendliche sollen von mehr Personal in Kitas und Schulen profitieren. 

Die starke Frau hinter Ministerpräsident Kretschmer

Bei der Präsentation ihrer Kampagne in Dresden Mitte Juli macht Köpping klar, dass ihre politischen Ziele für sie auch ein persönlicher Ansporn sind. „Die vielen Fragen der Menschen treiben mich an“, sagt sie. Die Leute würden nach Antworten suchen, die sie bei populistischen Parteien nicht fänden. „Ich höre diesen Menschen zu, suche nach Lösungen und möchte diese auch umsetzen“, erklärt sie.

Zugleich betont die SPD ihre Verdienste in der seit 2019 amtierenden schwarz-grün-roten Staatsregierung. Plakate zeigen die Kandidatin gemeinsam mit CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer, flankiert von dem augenzwinkernden Motto: „Hinter dem Erfolg von diesem Mann steckt eine Frau, die es kann.“ 

Köpping ist klar, dass die Mehrheitsverhältnisse nach der Landtagswahl äußerst kompliziert werden könnten. Daher gehört auch eine stabile Regierung, und zwar ohne Beteiligung der in Sachsen als gesichert rechtsextrem eingestuften AfD, zu ihrem Sechs-Punkte-Plan. „Dafür braucht es eine starke SPD“, sagt sie.

Familien in Thüringen sollen entlastet werden

Das ist auch das Ziel der SPD in Thüringen. Sie trägt seit 2009 Regierungsverantwortung – erst in einem Bündnis mit der CDU, seit 2014 in einer rot-rot-grünen Koalition. Mit sieben Jahren im Amt ist Georg Maier der dienstälteste Innenminister in der Geschichte des Freistaates. Er führt die Thüringer SPD als Spitzenkandidat in den Landtagswahlkampf.

Klar, dass Sicherheit auch im Wahlprogramm der Thüringer SPD eine wichtige Rolle spielt. Mindestens 1.800 neue Polizist*innen sollen bis 2029 eingestellt werden, verspricht die  Partei in ihrem Wahlprogramm. Familien will sie entlasten, indem das Mittagessen in Kindergärten und Schulen kostenfrei wird. Gleiches gilt für die Betreuung in Kindergarten und Hort. Familien sollen so im Durchschnitt 2.000 Euro im Jahr mehr zu Verfügung haben. Und: Der Landesmindestlohn soll auf 15 Euro die Stunde steigen.

Und dann ist da noch die Idee mit dem Weihnachtsgeld für Rentner*innen: Wer in Thüringen nur die Grundrente bezieht, soll Ende des Jahres 500 Euro zusätzlich erhalten. Profitieren sollen rund 54.000 Rentner im Freistaat. Den Landeshaushalt würde das etwa 27 Millionen Euro kosten.

Die Sorge der Wirtschaft vor der AfD

An einem Vormittag Ende Juli wirbt Georg Maier auf dem Marktplatz von Sondershausen für die Idee und erhält viel Zuspruch. In den Gesprächen, die Maier zwischen „Blumenkohl aus Erfurt“ und „Hackepeter“ für 6,99 Euro das Kilo führt, geht es viel um ungleiche Renten in Ost und West und die Sorge vor Altersarmut. „Machen Sie mal, dass wir Rentner keine Steuern bezahlen müssen“, ruft Georg Maier eine Frau im Vorbeigehen zu.

Eine Sorge der anderen Art treibt dagegen Heiner Marx um. Er ist Vorstandsvorsitzender der K-UTEC, einer Firma, die auf bergmännische und verfahrenstechnische Fragestellungen bei der Salzgewinnung spezialisiert ist. Der Hauptsitz des weltweit aktiven Unternehmens ist in Sondershausen. Menschen aus neun Nationen arbeiten hier. Ein weltoffenes Thüringen ist für das Unternehmen ein Standortfaktor.

„Tun Sie alles dafür, diese negativen Nationalisten zu verhindern“, bittet Marx deshalb mit Blick auf die AfD. Bei Georg Maier rennt er damit offene Türen ein. Wenn die AfD Einfluss bekäme, könne das die gute wirtschaftliche Entwicklung, die Thüringen genommen habe, abwürgen. „Die AfD ist pures Gift für die Wirtschaft“, sagt Georg Maier. 

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4 Kommentare

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Di., 06.08.2024 - 13:37

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"Köppings Sechs-Punkte-Plan für Sachsen"

Ich glaube kaum das die SPD mit diesem Programm punkten wird, denn die Themen, die den Menschen in Sachsen am wichtigsten sind, kommen gar nicht vor. Ein bischen mehr Geld hier und da ist gut und schön aber den Menschen dort brennen eher Themen wie Migration und ein drohender Krieg gegen Russland unter den Nägeln. Außerdem wünschen sich viele Ostdeutsche eine Aufarbeitung der Corona-Zeit, gegen die sich die SPD baer mit allen Mitteln sträubt. Die Beleidigung der Ungeimpften als "Covid*****" von Frau Esken ist dort ebenfalls nicht vergessen. Das alles hat die SPD gar nicht "auf dem Schirm".

Wenn Du besser informatiert wärest könntest Du meinen Beitrag nachvollziehen. Ich wollte nur deutlich machen, daß die Menschen hier in Brandenburg-Nord von der SPD zutiefst enttäuscht sind. Woidke ist eben nicht Regine Hildebrand.

Gespeichert von Kai Doering am Do., 08.08.2024 - 09:15

Antwort auf von Armin Christ (nicht überprüft)

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Es geht nicht darum, ob wir "informiert" sind, sondern ob die aufgestellten Behauptungen stimmen und belegt werden. Das war hier leider nicht der Fall.