25. August 1967: Als Willy Brandt das Fernsehen bunt machte
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Fernsehen in Deutschland muss in den 50er und 60er Jahren ein tristes Vergnügen gewesen sein. Statt wie heute Filme in gestochen scharfen Bildern und satten Farben zu sehen, blieben die Monitore grau in grau. Statt auf sattem Grün errang etwa die deutsche Fußballnationalmannschaft 1954 in deutschen Wohnzimmern auf einer dunkelgrauen Fläche den WM-Titel.
Willy Brandt und der rote Knopf
Damit war im Sommer 1967 zumindest in Westdeutschland Schluss. Auf der 25. Großen Deutschen Funkausstellung in West-Berlin sollte der Startschuss für das bundesdeutsche Farbfernsehen fallen. In den USA gab es dies zu diesem Zeitpunkt bereits zehn Jahre. Der offizielle Startschuss war dem damaligen Außenminister und Vizekanzler Willy Brandt vorbehalten.
Die Begrüßungszeremonie der Schau übertrugen die Fernsehsender ARD und ZDF noch in Schwarz-Weiß. Um 9:30 Uhr ging es los. Brandts großer Auftritt war für etwa elf Uhr geplant. Um fünf vor elf trat der Vizekanzler an ein Pult, nebem dem er einen großen roter Knopf drücken sollte, um damit offizielle das Farbfernsehen zu starten. Bei diesem handelte es sich jedoch nur um eine wirkungslose Attrape, auf die der Chefausstatter des Senders Freies Berlin (SFB) aus optischen Gründen bestanden hatte. Die eigentliche Umstellung sollte im Hintergrund erfolgen.
Für die meisten Zuschauer blieb alles grau
Nach einer kurzen Ansprache drückte Brandt den Knopf, doch es war bereits zu spät. Ein nervöser Techniker hatte bereits kurz zuvor das Signal umgestellt, sodass der Knopfdruck bereits in Farbe ausgestrahlt wurde. Später erklärte man das mit einem besonders sensiblen Knopf.
Den meisten Zuschauern fiel dies jedoch nicht auf, da zum Zeitpunkt der Umstellung nur rund 6000 Farbfernseher im Sendegebiet der Bundesrepublik registriert waren. Für die 14 Millionen anderen Fernsehzuschauer blieb der Knopf so grau wie zuvor. Auch die erste in Farbe ausgestrahlte Fernsehshow „Der goldene Schuss“ mit Vico Torriani, die das ZDF am selben Abend zeigte, blieb für sie grau in grau.
In der DDR dauerte es zwei Jahre länger
Trotzdem begann an diesem Tag der Siegeszug des Farbfernsehens in Deutschland. Kostete ein Farbfernseher zu Anfang rund 2000 Mark (heute etwa 2700 Euro), gab es bald preisbrechende Angebote, die das Fersehen deutlich günstiger machten. Mit den olympischen Spielen in München 1972 und der Heim-Fußball-Weltmeisterschaft sorgten zwei sportliche Großereignisse für den nötigen Druck im Fernsehmarkt.
Die DDR-Bürger mussten übrigens zwei Jahre länger warten, ehe sie Fernsehsendungen in Farbe sehen konnten. Hier wurde das Farbfernsehen erst mit der Inbetriebnahme des Berliner Fernsehturms am 3. Oktober 1969 eingeführt. Allerdings setzten die beiden deutschen Staaten auch beim Fernsehen auf unterschiedliche Systeme, sodass Sendungen in Farbe im jeweils anderen Landesteil nicht zu sehen waren. In Schwarz-Weiß war dies hingegen ohne Probleme möglich.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.