Geschichte

100 Jahre Reichsbanner: Im Kampf für die Republik

Am 22. Februar 1924 gründen Sozialdemokraten das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Ihr Ziel: die Verteidigung der Demokratie durch einen überparteilichen Verband engagierter Republikaner. Die zahlreichen Mitglieder widerlegen eine häufige Behauptung.

von Benjamin Ziemann · 22. Februar 2024
Berlin: Am 11. August gibt es von 1921 bis 1932 eine große Verfassungsfeier des Reichsbanners.

Berlin: Am 11. August gibt es von 1921 bis 1932 eine große Verfassungsfeier des Reichsbanners.

Am 22. Februar 1924 versammelt sich in Magdeburg eine Gruppe von Sozialdemokraten, unter ihnen Otto Hörsing, Oberpräsident der preußischen Provinz Sachsen, und Karl Höltermann, Herausgeber der lokalen SPD-Tageszeitung „Volksstimme“. Hinzu kommen Vertreter der katholischen Zentrumspartei und der linksliberalen Demokratischen Partei (DDP). Sie gründen einen Verband mit dem Namen „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold. Bund Republikanischer Kriegsteilnehmer“. 

Der Name umreisst das Programm des Verbandes. „Deutsches Reich“ ist die offizielle Bezeichnung der 1919 in Weimar gegründeten Republik. Schwarz-Rot-Gold – die Farben der demokratischen Bewegung des Jahres 1848 – ist ihre Flagge. Das Reichsbanner verteidigt die Republik und ihr wichtigstes Symbol gegen deren radikalnationalistische Gegner, die hinter der schwarzweißroten Flagge des Kaiserreichs marschieren. Zugleich ist das Reichsbanner ein Veteranenverband. Zwei Drittel seiner Mitglieder haben im Ersten Weltkrieg gedient und an der Front die Klassenherrschaft und Korruption des kaiserlichen Regimes erlebt. Das hat sie zu überzeugten Republikanern gemacht.

Eine republikanische Erfolgsgeschichte

Das Reichsbanner wird eine Erfolgsgeschichte sondergleichen. Bereits wenige Monate nach seiner Gründung zählt es rund eine Million Mitglieder in etwa 5.000 Ortsgruppen. Hörsing amtiert als Bundesvorsitzender, Höltermann ist sein Stellvertreter. Die Besetzung dieser beiden Ämter mit Sozialdemokraten zeigt, wo der politische Schwerpunkt liegt. Namhafte Vertreter von DDP und Zentrum repräsentieren die beiden anderen Parteien der „Weimarer Koalition“ in den Spitzengremien des Reichsbanners. Zu ihnen zählen etwa der General a. D. und Pazifist Berthold von Deimling – einer der populärsten Redner des Reichsbanners – und der frühere Reichskanzler Constantin Fehrenbach.

Aber die große Masse – rund 90 Prozent – der einfachen Mitglieder und der Vorsitzenden von Ortsvereinen sind Mitglieder und Wähler der SPD. Das Reichsbanner ist fest in die Kultur und Geselligkeit des sozialistischen Arbeitermilieus eingebunden. Das bringt aber auch Spannungen im Verhältnis zur SPD mit sich. Dies nicht nur weil das Reichsbanner am Ende der Republik genauso viele Mitglieder zählt wie die Partei selbst und deshalb von dieser als Konkurrenz wahrgenommen wird. Hinzu kommt, dass führende SPD-Vertreter den republikanischen Wehrverband mit Argwohn betrachten. Denn dessen Verpflichtung auf Schwarz-Rot-Gold bedeutet auch einen Kompromiss, steht die SPD als Partei doch weiterhin auch hinter der roten Flagge der sozialistischen Arbeiterbewegung.

Verfassungspatriotismus – nicht nur am 11. August

Ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeit des Reichsbanners liegt in der öffentlichen Darstellung seiner Präsenz im lokalen Umfeld. Dem dienen Aufmärsche und öffentliche Feiern zu verschiedenen Höhepunkten des republikanischen Festkalenders. Dazu gehört die Erinnerung an die Märzgefallenen von 1848 ebenso wie der 28. Februar, der Todestag Friedrich Eberts. Im Herbst stehen Gedenkfeiern für die gefallenen Soldaten des Weltkrieges am örtlichen Kriegerdenkmal auf dem Programm. Dabei wird das Vermächtnis der Toten für die Sache der Republik reklamiert. Den Höhepunkt bildet die Feier des Verfassungstages am 11. August, jenes Tages, an dem Friedrich Ebert 1919 die Reichsverfassung unterzeichnet hatte.

Das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold vermittelt vielen Demokraten einen historischen Optimismus und ein Gefühl der Stärke des republikanischen Gedankens, das vor 1924 gefehlt hatte. Seine vielfältigen Aktivitäten bis zur erzwungenen Auflösung im Frühjahr 1933 widerlegen die oft wiederholte Behauptung, Weimar sei eine „Republik ohne Republikaner“ gewesen.

Das Reichsbanner feiert seinen 100. Gründungstag mit einem vielfältigen Programm am Gründungsort im Magdeburg. Zum Programm geht es hier.

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