Studie: Entwicklungshilfe stärkt die deutsche Wirtschaft
Rausgeschmissenes Geld für Radwege in Peru? Fehlanzeige – eine neue Studie im Auftrag der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zeigt, wie sehr sich Entwicklungshilfe für Deutschland wirklich lohnt.
IMAGO / Achille Abboud
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) muss in ihrem Etat die meisten Kürzungen hinnehmen.
In wirtschaftlich instabilen Zeiten hält es sich wacker: Das Märchen vom 315-Millionen-Radweg in Peru. Rechtskonservative warfen der Bundesregierung vor, horrende Summen für Radwege und Busse nach Südamerika zu verschenken. Und all das, während hierzulande die Staatskasse kriselte. Mittlerweile haben Faktenchecks gezeigt: Den Betrag von 315 Millionen Euro gibt es nicht wirklich, die Fördermittel für das südamerikanische Land teilen sich anders auf. Eine Studie der Universität Göttingen liefert nun außerdem Belege dafür, dass internationale Hilfen für sich genommen schon keine Geldverschwendung sind.
Demnach fließt von jedem Euro, der in Entwicklungszusammenarbeit investiert wird, mehr als Drittel wieder in die deutsche Wirtschaft zurück. Die Ökonom*innen der Universität Göttingen errechneten, dass jeder Euro an Hilfe zu einem Plus von 36 Cent führe, das auf Warenexporte in die Empfängerländer zurückzuführen sei. In den Jahren von 2013 bis 2023 habe das im Schnitt ein Exportplus von 7,9 Milliarden Euro ergeben. Die Studie wurde von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Auftrag gegeben, eine der größten Förderbanken der Welt.
Höhere Einkommen, mehr Nachfrage
Die Ökonom*innen begründen das Exportplus durch Entwicklungshilfe mit einer verbesserten Einkommenssituation der Menschen in den Ländern, die die Hilfen empfangen. Mehr Geld vor Ort erhöht demnach die Nachfrage – außerdem sorge das Engagement in den Empfängerländern für gute Beziehungen zu und Wohlwollen gegenüber Deutschland. Die Marke „Made in Germany“ sei dadurch stärker gefragt.
Einen weiteren positiven Nebeneffekt sehen die Forscher*innen auf die Beschäftigung in Deutschland. Der Studie zufolge werden mit dem Anstieg von Warenexport auch mehr Arbeitskräfte benötigt. Demnach sicherte Entwicklungszusammenarbeit von 2013 bis 2023 139.000 Arbeitsplätze in Deutschland, davon knapp 89.000 in der Produktion und 50.000 im Bereich Dienstleistung.
„Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit bekämpft globale Krisen und verbessert die Lebensbedingungen in den Partnerländern – und sie hat belegbare positive Effekte für die deutsche Exportwirtschaft“, schlussfolgert KfW-Vorstandsfrau Christiane Laibach. „Gerade mit aufstrebenden Schwellenländern sind eine enge Partnerschaft und Präsenz vor Ort für den Wirtschaftsstandort Deutschland enorm wichtig.“ Die Studienautor*innen empfehlen der Bundesregierung, ihre Handelsbeziehungen zu Entwicklungsländern zu stärken, um den Außenhandel gegen globale Wirtschaftskrisen zu wappnen.
Entwicklungsetat am meisten von Sparplänen betroffen
Auch Dienstleistungen werden ins Ausland exportiert, etwa in der Abfallwirtschaft, im Ingenieurwesen oder bei Versicherungen. Dienstleistungsexporte hätten in den vergangenen Jahren „sehr stark zugenommen“, sagen die Studienautor*innen, wegen mangelnder Daten wurden sie jedoch nicht in der Studie berücksichtigt. Sie sollen Gegenstand zukünftiger Untersuchungen sein.
Die Bundesregierung begründet die Vorteile von Entwicklungspolitik noch mit einem anderen Aspekt. „Mit jedem Euro, mit dem wir heute weltweit Gesellschaften krisenfester machen, sparen die Steuerzahlenden später vier Euro an humanitärer Nothilfe“, teilte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unter Leitung von Svenja Schulze (SPD) mit. Wenn Deutschland helfe, Konflikte, Pandemien und Hungerkrise in Schwellen- und Entwicklungsländern zu lindern, sei mit geringeren Fluchtbewegungen zu rechnen. Ein besserer Klimaschutz – egal wo – sorge für weniger Klimakatastrophen mit teuren Schäden.
Im Jahr 2025 ist allerdings mit weniger positiven Nebeneffekten von Entwicklungshilfe zu rechnen: Der Etat des BMZ ist am meisten von den Sparplänen wegen der Haushaltskrise betroffen. Die Mittel sollen um mehr als acht Prozent gekürzt werden. Der Entwicklungsetat beträgt dann 936,97 Millionen Euro.