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Wehrbeauftragte lobt Pistorius: Es geht voran bei der Bundeswehr

Bei der Reform der Streitkräfte sei „eine ganze Menge passiert“, sagt die Wehrbeauftragte des Bundestages Eva Högl. In der Bundestagsdebatte bekommt Verteidigungsminister Boris Pistorius viel Lob.

von Lars Haferkamp · 18. Januar 2024
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius: „Es geht darum, dass wir uns mit klarem Blick mit der neuen Bedrohungslage auseinandersetzen und uns auf den eventuellen Ernstfall vorbereiten.“

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius: „Es geht darum, dass wir uns mit klarem Blick mit der neuen Bedrohungslage auseinandersetzen und uns auf den eventuellen Ernstfall vorbereiten.“

Endlich einmal gute Nachrichten für die Bundeswehr: „Es tut sich was“, so die Wehrbeauftragte des Bundestag Eva Högl in der Parlamentsdebatte am Dienstagabend. „Seit Högl im März 2023 ihren Bericht für das Jahr 2022 vorstellte, habe sich „bereits viel verändert, es ist viel auf den Weg gebracht worden, es hat sich viel verbessert.“ 

Als Beispiel nennt sie die Ausrüstung der Soldat*innen. 2,4 Milliarden Euro, unter anderem für Kampfbekleidung und Schutzausrüstung „das kommt an bei der Truppe, das freut unsere Soldatinnen und Soldaten sehr“. Sie sagt ein „ganz ganz herzliches Dankeschön“ dafür an die Politik.

Eva Högl sieht „viele gute, richtige Vorschläge“

Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass noch nicht alles ist bei der Truppe angekommen sei. „Es bleibt weiterhin sehr viel zu tun, und wir dürfen gemeinsam nicht nachlassen, die Lage der Bundeswehr fortwährend zu verbessern.“ So sei es schlicht „nicht hinnehmbar“, wenn due Streitkräfte bei ihrem Einsatz in Litauen keine Funkgeräte hätten.

Als zweites großes Thema nennt Högl das Personal. „Ich bin sehr dankbar, dass das Thema Personal oben auf der politischen Agenda ist.“ Es sei „das allerwichtigste, dass wir ausreichend Frauen und Männer bei der Bundeswehr haben“. Die im Verteidigungsministerium zu diesem Zweck eingerichtete „Taskforce Personal“ habe Vorschläge gemacht. Nun gehe es darum, diese „auch zügig umzusetzen“.

Wehrbeauftragte: Sondervermögen „ist gut investiertes Geld“

Lob hat die Wehrbeauftragte auch für das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Streitkräfte. „Das ist gut investiertes Geld.“ Sie habe im Jahresbericht 2022 deutlich kritisiert, dass davon noch nichts bei der Truppe angekommen sei. Nun aber habe das Verteidigungsministerium mitgeteilt, dass bereits zwei Drittel der Gelder vertraglich gebunden seien.  

„Ich danke dem Bundesministerium der Verteidigung ganz ausdrücklich dafür, dass Sie den Jahresbericht ernst genommen haben, und dass Sie ihn tatsächlich als Impuls gesehen haben für zahlreiche Verbesserungen“, bilanziert Högl. „Darüber freue ich mich sehr.“

SPD-Experte Dirk Vöpel lobt verbesserte Beschaffung

Lob kommt in der Bundestagsdebatte auch vom SPD-Verteidigungsexperte Dirk Vöpel. „Positiv ist, dass seit Jahren bekannte Probleme nun endlich konkret angegangen werden.“ Als Beispiel nennt er das Beschaffungswesen der Bundeswehr. Es werde seit April 2023 werde „grundlegend optimiert“. Dabei werde „marktverfügbaren Lösungen grundsätzlich der Vorzug gegenüber Neuentwicklungen gegeben“. Der klare Fokus auf rechtzeitige Verfügbarkeit erhöhe das Tempo spürbar. „Dieser Weg der Beschleunigung muss konsequent fortgesetzt werden“, so Vöpel.

Auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius zeigt sich in der Debatte zufrieden. „Viele Dinge die im Jahresbericht 2022 noch zu Recht kritisiert wurden, sind inzwischen längst Geschichte.“ Deutschland stehe vor großen sicherheitspolitischen Herausforderungen. Unser Anspruch müsse ein, „die Bundeswehr so schnell wie möglich fit für diese Herausforderungen zu machen“. Die Zwischenbilanz des Ministers: „Wir haben dabei große Fortschritte gemacht.“ 

Boris Pistorius: Bundeswehr beschreitet neue Wege

Mit dem Engagement der Bundeswehr in Litauen „zeigen wir, dass wir Verantwortung übernehmen für die Sicherheit unserer Verbündeten“. Pistorius betont, „wir betreten damit neue Wege in der Geschichte der Bundeswehr“. 

„Neue Wege“ gehe man auch beim Personal. Die Taskforce des Ministeriums „hat zahlreiche Ideen entwickelt, die schnell wirken“, es gebe mehr als 60 kurzfristig wirkende Maßnahmen, viele davon seien bereits angelaufen. Das Ziel sei „eine demografiefeste Bundeswehr“.

Allgemeine Dienstpflicht und Wehrpflicht werden geprüft

Zur Personalgewinnung prüfe man welche Modelle machbar seien „wie beispielsweise eine“. Klar sei, jedes Modell brauche politische Mehrheiten und eine Gesellschaft, die es trage. „An der Diskussion werden wir nicht vorbeikommen“, betont Pistorius. „Denn nur mit einer ehrlichen Analyse werden wir den Herausforderungen gerecht.“

Für den Verteidigungsminister ist der Kernauftrag der Bundeswehr wieder die Landes- und Bündnisverteidigung. „Der Krieg Russland gegen die Ukraine ist eben nicht nur ein Angriff auf die Souveränität der Ukraine, er ist eine ernsthafte und dauerhafte Bedrohung für unsere europäische Friedensarchitektur.“ 

Deutschland werde die Ukraine daher so lange unterstützen, wie es nötig sei. „Der Bundeskanzler hat unsere europäischen Partner zu recht aufgerufen, ihre Anstrengungen zugunsten der Ukraine zu verstärken“, so der Minister. „Unser aller Unterstützung in ganz Europa darf nicht nachlassen!“

Verteidigungsminister: Auf Ernstfall vorbereitet sein

Die Zeitenwende sei ein klarer Wendepunkt für die Bundeswehr und für die Gesellschaft. „Es geht darum, dass wir uns mit klarem Blick mit der neuen Bedrohungslage auseinandersetzen und uns auf den eventuellen Ernstfall vorbereiten“, mahnt Pistorius. „Dazu brauchen wir eine Gesellschaft, die versteht, wie wichtig Sicherheit und Freiheit sind.“

Ausdrücklich bedankt sich Pistorius bei der Wehrbeauftragten für ihr Engagement: „Ich bin sehr froh, mit Eva Högl eine Wehrbeauftragte an unserer Seite, an der Seite der Soldatinnen und Soldaten zu wissen, die für die Interessen unserer Soldatinnen und Soldaten mit Kompetenz und Empathie einsteht. Vielen Dank, Frau Högl!“

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3 Kommentare

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am So., 21.01.2024 - 18:34

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Einem „ganz ganz herzlichen Dankeschön“ von der Wehrbeauftragten an den Verteidigungsminister folgte das „vielen Dank, Frau Högl!“ von Pistorius. So gehört sich das. Zwischen beiden Artigkeiten „hat sich (bei der Truppe) viel verändert“, auch „wenn die Streitkräfte bei ihrem Einsatz in Litauen keine Funkgeräte“ und in den Kasernen Toiletten in einem Zustand haben, den man sonst nur in unseren Schulen erwartet. Was sollen sie auch damit, „betreten wir (doch) neue Wege in der Geschichte der Bundeswehr“ und zeigen so, „dass wir Verantwortung übernehmen für die Sicherheit unserer Verbündeten“. Grundvoraussetzung dafür aber ist „eine Gesellschaft, die versteht, wie wichtig Sicherheit und Freiheit sind“, und die einen „klaren Blick“ für die „neue Bedrohungslage“ entwickelt. Was er da genau meint, verriet der „auch Pazifist“ (Zeit-Online, 9.12.23 ) Pistorius dem Tagesspiegel (19.1.24): „Wir müssen einkalkulieren, dass Putin eines Tages ein Nato-Land angreift“ – seit Monaten „will“ der „kriegstüchtige“ Pistorius mit dieser Prognose „unsere Gesellschaft wachrütteln“, „kriegstüchtig“ machen. Allerdings kommen die Russen - Putin, wie Pistorius vereinfacht, - erst in „fünf bis acht Jahren“ (, während in seinem Ministerium das „Eskalationsszenario ... vertraulich“ durchgespielt wird, dass „die Nato und Russland schon 2025 unmittelbar vor einem Krieg stehen könnten“ (WAZ, 18.1.24)). Solche Planspiele scheinen unvermeidlich. Allen Nato-Manövern in Europa gab immer die Annahme eines russischen Angriffs auf ein Nato-Land - inklusive des Einsatzes von Atomwaffen – ihre Berechtigung: Wer sollte die Nato denn sonst in Europa angreifen? Hat vielleicht wegen der Nato-Manöver die Russische Föderation bis heute weder einen Nato-, noch einen EU-Staat angegriffen.
Der Angriffskrieg Russlands auf die im Verhältnis zu den europäischen Nato-Ländern kleine Ukraine hat unübersehbar aufgedeckt, dass die konventionelle Militärmacht Russland ein Scheinriese ist, die z. B. gut ein Jahr brauchte, um 150.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine in Stellung zu bringen, während die Nato in ein paar Tagen (oder Wochen?) 90.000 Soldaten an die Front verschieben kann, wie sie im neuen Manöver zeigen wird. Wenn man bedenkt, dass die Ukraine nahezu ohne Luftunterstützung, mit zum Teil selbstgebastelten Drohnen, ohne große Panzerverbände, ohne nennenswerte Raketen, also mehr oder weniger nur mit Mut und Patriotismus – wie gelegentlich voller Hochachtung gesagt wird, der russischen Armee widerstehen kann, dann muss der ein sehr starkes Erkenntnis leitendes Interesse verfolgen, der einen russischen Angriff auf die Nato ernsthaft annimmt. Die ganze Militärlogik führt doch auf einen Irrweg. Nur einvernehmliches Zusammenleben kann zu einer nachhaltigen Friedensordnung in Europa führen. (Und da sehe ich vor allem uns, die Demokratien, die Guten, in der Pflicht, etwa die Nato-Strategie gegenüber der Ukraine/Russischen Föderation zu überdenken.)
Aber selbst, wenn wir der Militär-Logik folgen, zeigt der von Pistorius angenommene Angriffskrieg, dass eine zentrale Säule der Nato-Strategie, die Abschreckung, nicht (sicher) wirklichkeitstauglich ist.

Russland ist nur als Atommacht ein militärischer, dann übermächtiger Gegner der europäischen Nato-Staaten. Die WAZ formulierte das so: Die französischen und britischen Atomarsenale „sind beide klein – sie reichen für einen großen Atomkrieg wohl nicht“. (Ich überlass den Satz mal unkommentiert dem Leser.)

Ich verstehe die SPD nicht mehr.

Gespeichert von B.Högele (nicht überprüft) am Mo., 22.01.2024 - 00:23

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