Magdeburg: Wie zwei SPD-Politikerinnen rechte Übergriffe erlebt haben
Zurzeit häufen sich die Angriffe auf demokratische Politiker*innen. Zuletzt die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey, zuvor Matthias Ecke in Dresden. Auch zwei Sozialdemokratinnen in Magdeburg wurden Opfer von Attacken.
IMAGO / aal.photo
Symbolfoto: Wegen einer Flagge der SPDqueer kam es am Samstag zu einem Übergriff in Magdeburg.
Mitten in der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt war die Juso-Landesvorsitzende Cassidy-Jane Miethke am Samstagmittag gegen 13.30 Uhr auf einer Demonstration unterwegs. Mit einer Gruppe von Jusos hatte sie auf der Sterntorbrücke, die innerhalb von Magdeburg über die Elbe führt, einen Infostand aufgebaut. Auf einmal kam ein Mann aggressiv auf die Gruppe zugelaufen. „Er war gut zwei Köpfe größer als ich, war voll tätowiert mit 1312 im Nacken (ein Zahlencode, der für „All Cops are Bastards“, sinngemäß: „Alle Bullen sind Schweine“ steht, Anm. d. Red.) und dem Spruch ,Only God can judge me‘ auf seinem Unterschenkel.“
Aufmerksam wurde der Mann auf die Jusos offenbar wegen einer SPDqueer-Fahne. „Bei dem Übergriff handelt es sich um queerfeindliche Hasskriminalität“, steht für Miethke daher fest. „Er kam auf mich zu und fing an, mich anzuschreien: ‚Nehmt die Flagge runter!‘“, berichtet sie weiter. Sie habe zunächst zu deeskalieren versucht und Blickkontakt mit der Polizei aufnehmen wollen. Die Polizeikräfte seien jedoch zu weit entfernt gewesen, um etwas von der Situation mitbekommen zu können, meint Miethke.
Lautstark bedroht
Der Angreifer habe sie mindestens fünf Minuten lang angeschrien und physische Gewalt angedroht. Miethke berichtet im Gespräch mit dem „vorwärts“ von Äußerungen wie „Dieser Queerscheiß gehört nicht zu diesem Land“, „Verpisst euch aus Sachsen-Anhalt!“ oder „Verpisst euch aus Magedeburg!“ Schließlich seien zwei Mitorganisatoren der Demo dazu gekommen, sodass der Mann sich letztlich entfernt habe. „Es kommt nicht selten vor, dass man angefeindet wird, aber das war noch mal eine ganz andere Bedrohungslage, gerade mit dem Wissen, was zuvor am Freitagabend in Dresden passiert ist“, sagt die Juso-Landesvorsitzende.
Im ländlichen Raum von Sachsen-Anhalt gebe es allerdings noch einmal eine viel größere Bedrohungslage, berichtet sie. „Dort haben wir so eine Situation schon lange.“ Sie selbst kommt aus dem Landkreis Jerichower Land in der Nähe der Kleinstadt Burg. „Dort gibt es die Burger Jugend. Das ist ein Nazi-Schläger-Trupp, der versucht, Leute am Rande von Demonstrationen abzugreifen“, berichtet sie und fügt an: „Mein krassester Angriff war, als Nazis mal versucht haben, mich in die Glut eines Osterfeuers zu schleppen.“
Froh über Unterstützung der Polizei
Deswegen sei sie froh über die Unterstützung durch die Polizei in Magdeburg. „Wir haben von ihnen die Meldung bekommen, dass wir unsere Stände noch mal extra melden sollen, damit eine Streife in der Nähe ist“, sagt sie. Denn zur gleichen Zeit kam es am Samstagmittag auch zu einem Angriff auf einen Infostand ihres SPD-Ortsvereines in einem nördlichen Magdeburger Stadtteil. Laut Medienberichten kam ein 40 Jahre alter Mann aggressiv auf den Infostand am Neustädter Platz in der Landeshauptstadt zu. Er habe versucht, die Genoss*innen zum Verlassen des Platzes zu bringen.
Von dem Vorfall berichtet Julia Brandt im Gespräch mit dem „vorwärts“. Sie ist seit 2019 Stadträtin in Magdeburg und wollte am Infostand für die im Juni anstehenden Kommunal- und Europawahlen werben. „Wir sind schon beim Aufbauen von einer Person sehr lautstark beschimpft worden. Sie hat uns aufgefordert, dass wir uns verpissen sollen und der Platz nur für die AfD sei.“ Die Person sei kurze Zeit später noch einmal zurückgekehrt. „Die Situation war für uns nicht einschätzbar, wie das Ganze ausgehen könnte. Deswegen haben wir die Polizei gerufen“, sagt Brandt.
Forderung an die Bundespolitik
Die Sozialdemokraten lobt das Verhalten der Ordnungskräfte, die schnell erschienen seien. „Sie haben das sehr ernst genommen und sehr schnell reagiert.“ Unterkriegen lassen wollen sich die Genoss*innen von dem Vorfall nicht. „Wir werden versuchen, unsere Stände weiter durchzuziehen“, sagt Brandt. Für die Zukunft wünscht sie sich einen besseren Schutz auch für ehrenamtliche Politiker*innen: „Der Schutz von uns ist nicht so weit gediehen wie der von einem hauptberuflichen Abgeordneten.“ Dabei sei die kommunale Ebene genauso wichtig wie jede andere: „Deswegen muss sich der Bundestag mal mit diesem Thema befassen.“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo
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