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„Alles für Deutschland“: Darum sind diese Nazi-Parolen verboten

AfD-Politiker Björn Höcke steht vor Gericht, weil er die NS-Parole „Alles für Deutschland“ benutzt hat. Sie ist nicht die einzige, die in Deutschland verboten ist. Eine Übersicht

von Kai Doering · 19. April 2024
„Deutschland erwache!“ Diese Parole der NSDAP ist heute in Deutschland verboten. Hier ein Ausstellungsstück im Deutschen Historischen Museum Berlin

„Deutschland erwache!“ Diese Parole der NSDAP ist heute in Deutschland verboten. Hier ein Ausstellungsstück im Deutschen Historischen Museum Berlin

Sprüche, Losungen und Parolen sind in Diktaturen beliebt. Sie stärken das Gemeinschaftsgefühl und grenzen die aus, die nicht dazugehören sollen. Auch die Nationalsozialisten haben Sätze geprägt oder für ihre Zwecke instrumentalisiert. Die meisten sind deshalb heute nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuchs (StGB) verboten. Dieser regelt die Strafe beim „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“.

„Ein Volk, ein Reich, ein Führer“

Mit der Losung „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ warben die Nationalsozialist*innen seit der „Machtergreifung“ 1933 für nationale Geschlossenheit und ihr Ideal der „Volksgemeinschaft“. Sie fand auch Verwendung auf Wahlplakaten, etwa vor der Abstimmung über den „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938. Nachdem dieser erfolgt war, wurde die Losung genutzt, um die Einheit von Deutschen und Österreichern als „natürliches Volk“ herauszustreichen.

Die Verwendung ist heute strafbar.

 

„Deutschland erwache!“

Diese Parole geht zurück auf das „Sturmlied“, das der Nationalsozialist Dietrich Eckart 1920 verfasste. „Deutschland erwache!“ kommt hier im Refrain vor. In kurzer Zeit wurde das Lied zu einer der wichtigsten Hymnen und Teil des „Fahnenkults“ der SA, der paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP. Sie wurde in den 1920er-Jahren gegründet und lieferte sich blutige Straßenschlachten mit politischen Gegner*innen. Dabei schreckte sie auch vor Mord nicht zurück.

Die Verwendung ist heute strafbar.

 

„Alles für Deutschland“

Bei dem Satz handelt es sich um die Losung der SA, die unter anderem auf den sogenannten Ehrendolchen ihrer Mitglieder eingraviert war. Auch auf Transparenten und Plakaten prangte der Satz und gehörte „zum Standardrepertoire der NS-Propaganda“, wie der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner kürzlich sagte.

Die Verwendung ist heute strafbar.

 

„Meine Ehre heißt Treue“

„Meine Ehre heißt Treue“ war der Wahlspruch der nationalsozialistischen „Schutzstaffel“ der SS. Er geht zurück auf einen Satz Adolf Hitlers aus dem Jahr 1931: „SS-Mann, deine Ehre heißt Treue!“ Verwendung fand die Losung auf Plakaten und Ausrüstungsgegenständen wie dem Koppelschloss der SS-Männer und ihrem Ehrendolch.

Die Verwendung ist heute strafbar.

 

„Blut und Ehre“

Das Begriffspaar war für den NSDAP-Ideologen Alfred Rosenberg integraler Bestandteil der „nordisch-germanischen Rassenseele“ und fand so Eingang in die Ideologie der NS-Nachwuchsorganisation, der Hitler-Jugend (HJ). Hier wurde die Losung Titel eines Liederbuchs und in das Koppelschloss der HJ-Uniform sowie die Fahrtenmesser geprägt. In englischer Übersetzung „Blood and Honour“ nutzt ihn heute ein internationales Netzwerk neonazistischer Musikgruppen als Slogan.

Die Verwendung ist (in deutscher Sprache) heute strafbar.

 

„Arbeit macht frei“ und „Jedem das Seine“

Beide Losungen wurden als Toraufschriften für nationalsozialistische Konzentrationslager benutzt, etwa in Auschwitz („Arbeit macht frei“) oder in Buchenwald („Jedem das Seine“). Beide Losungen wurden nicht von den Nazis geprägt, sondern gehen auf frühere Ereignisse zurück. 

„Arbeit macht frei“ war etwa der Titel eines Romans, den der deutschnationale Schriftsteller Lorenz Diefenbach 1873 in Bremen veröffentlicht hatte. Das Ausspruch „Jedem das Seine“ geht bereits auf die griechische Antike zurück und wurde von Cicero im juristischen Zusammenhang gebraucht. Die Nazis pervertierten beide Sprüche und nutzten sie, um ihre Opfer in den Konzentrationslagern zu verhöhnen.

Die Verwendung ist nicht strafbar. Beide Aussprüche sind aber „so stark mit der Erinnerung an die NS-Konzentrationslager verbunden, dass sie nur in diesem Zusammenhang verwendet werden sollten“, wie die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus rät.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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10 Kommentare

Gespeichert von Volker Grote (nicht überprüft) am Sa., 20.04.2024 - 11:31

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Guten Tag, Herr Doering, aufgrund des gegen Herrn Höcke eingeleiteten Verfahrens habe ich mir heute die Mühe gemacht, nach der Grundlage der Klage zu forschen. Ihr Artikel ist mit 19.04.2024 datiert. Nach einer Stunde Recherche im Internet habe ich jetzt auch einen erläuternden Infobrief des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages gefunden. In diesem sind verbotene Symbole und Parolen ausführlich aufgelistet und erklärt. Leider wage ich zu behaupten, dass keine 5% der deutschen Bevölkerung diese Regelungen kennt. Ohne Ihrer Plattform "vorwärts" zu nahe treten zu wollen erlaube ich mir die Frage, wieviele Menschen kennen und besuchen diese? Wäre es nicht Aufgabe des ÖRR solche Inhalte der breiten Bevölkerung zugängig zu machen? Die Einhaltung von Gesetzen wird nur erfolgen, wenn die Gesetze bekannt sind. Bei der Vielzahl der Gesetze kann m.E. dies keine "Holschuld" des Bürgers sein. Danke für Ihre erklärenden Worte.
Mit freundlichen Grüßen

Gespeichert von Kai Doering am So., 21.04.2024 - 11:49

Antwort auf von Volker Grote (nicht überprüft)

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Guten Tag, Herr Grote,

Aufklärung ist genau das Ziel dieses Artikels. Wie andere Medien mit dem Thema umgehen, ist ihre Sache. Aber natürlich ist breite Aufklärung über das Wirken der NSDAP immer zu begrüßen. Ich habe aber in anderen Medien auch bereits einige Texte in dieser Richtung gefunden.

Gespeichert von Klaus Wüterich (nicht überprüft) am Sa., 20.04.2024 - 12:36

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Bitte halten Sie sich an unsere Netiquette. Nicht prüfbare Unterstellungen und Verdächtigungen, die durch keine glaubwürdigen Argumente oder Quellen gestützt sind, werden gelöscht. Die Redaktion

Gespeichert von Lars Riedel (nicht überprüft) am Sa., 20.04.2024 - 17:15

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Der Slogan: "Alles für Deutschland." ist mir neu, wenn er auf SA-Dolchen stand und so verwendet worden ist und ermahnt worden ist, muss er parteipolitisch verboten sein.
NS-Bürger die benutzte 'Rassenhygiene' im ersten Kellerregal haben und das Buch zu biologischen Rassestudien 60er Jahre bekommen haben, müssen genauso angezeigt werden. Es gibt auch jede Menge Kunstgegenstände von den Waldschmidt's, mein Vater soll das Modell vom 'jungen Pionier' sein. Das Modell des Untermenschen wird für die Kinder benutzt. Erbkranker Nachwuchs, muss behandelt werden. Übelste Erniedrigungen, unnötige Hoden-OP, unbehandelte Schlaferkrankung usw.
Damit dann die Psychiatrie den Rest macht ... +1 Buch 'Pervitin' sowie Skalpelle von der Ausbildung 1930-1945, vermutlich die Urologische.
Lesezeichen hinter dem Kapitel: "Dumm, Schwul, Schizophren." = Frisch benutzt!

Gespeichert von Lars Riedel (nicht überprüft) am Sa., 20.04.2024 - 17:31

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Der Slogan: "Alles für Deutschland." ist mir neu, wenn er auf SA-Dolchen stand und so verwendet worden ist und ermahnt worden ist, muss er parteipolitisch verboten sein.
NS-Bürger die benutzte 'Rassenhygiene' im ersten Kellerregal haben und das Buch zu biologischen Rassestudien 60er Jahre bekommen haben, müssen genauso angezeigt werden. Es gibt auch jede Menge Kunstgegenstände von den Waldschmidt's, mein Vater soll das Modell vom 'jungen Pionier' sein. Das Modell des Untermenschen wird für die Kinder benutzt. Erbkranker Nachwuchs, muss behandelt werden. Übelste Erniedrigungen, unnötige Hoden-OP, unbehandelte Schlaferkrankung usw.
Damit dann die Psychiatrie den Rest macht ... +1 Buch 'Pervitin' sowie Skalpelle von der Ausbildung 1930-1945, vermutlich die Urologische.
Lesezeichen hinter dem Kapitel: "Dumm, Schwul, Schizophren." = Frisch benutzt!

Gespeichert von Dr. phil. Joac… (nicht überprüft) am So., 21.04.2024 - 22:24

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Dass die SA diese Parole benutzt hat, steht außer Frage. Sie wurde aber auch von entschiedenen Anti-Nationalsozialisten verwendet, etwa vom unzweifelhaft demokratischen, der SPD nahestehenden "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold". Nachzulesen in der Broschüre "Eiserne Front - Vier Aufrufe", Herausgeber Otto Wels u.a., Verlag J.H.W. Dietz, Berlin 1932, Seite 5. Die Weimarer Linke war durchaus patriotisch gesinnt.

Guter Hinweis! Tatsächlich ist es eine Formulierung des SPD-nahen Reichsbanners. Die Nazis haben dies, wie manches andere von der SPD abgekupfert.
Ursprünglich ist es ein Zitat von Theodor Storm aus "Vor dem Sturm" von 1878! Alles Nazis!!!

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Mo., 22.04.2024 - 08:35

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machen eines besonders deutlich.

Wir müssen in der Schule dafür sorgen, dass den Kindern vermittelte wird, was alles strafbar ist. Strafrecht muss als Lehrfach in die Grundschulen

Nur das Wissen um die Verbotswidrigkeit bestimmter Handlungen ist geeignet, dafür zu sorgen, dass die NS Phrasen verwendet wird, Kinderpornografisches Material verbreitet wird und vieles anders mehr, bis hin zu Verwendung von Messern und anderen Waffen mit dem Ziel, einen anderen Menschen zu töten. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. So ein Satz fällt ja nicht vom Himmel, sondern hat einen Ursprung aus Erkenntnis heraus

Gespeichert von bobo (nicht überprüft) am Mo., 22.04.2024 - 12:03

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