EU-Asylpolitik: SPD-Vorstand stellt sich mit Resolution hinter Faeser
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Die Einigung der EU-Innminister*innen am vergangenen Donnerstag für eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) hat am Montag auch die Sitzung des SPD-Parteivorstandes bestimmt. Die Reformpläne der Mitgliedsstaaten, die nun noch mit dem Europäischen Parlament verhandelt werden müssen, sehen unter anderem eine Verschärfung des Asylrechts vor. Diese beinhaltet Schnellverfahren für Asylbewerber*innen aus Herkunftstaaten mit einer niedrigen Anerkennungsquote.
Resolution: „Die SPD steht für eine Flüchtlingspolitik ein, die von Humanität und Solidarität geprägt ist“
Diese Pläne sorgen auch innerhalb der SPD für Kritik. Mehrere Bundestagsabgeordnete sowie die stellvertretende Bundesvorsitzende Serpil Midyatli positionierten sich dagegen, die frühere hessische SPD-Landesvorsitzende Andrea Ypsilanti trat am Montag sogar aus der Partei aus. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil begrüßte dagegen in einer Pressekonferenz am Montagmittag im Willy-Brandt-Haus die Reformpläne: „Ich sehe darin einen richtigen Schritt nach vorne, nachdem wir jahrelang Stillstand in der europäischen Asylpolitik hatten“, sagte er.
Klingbeil vertrat damit eine deutliche Mehrheitsposition innerhalb des SPD-Parteivorstands, der Nancy Faeser als zuständiger Bundesinnenministerin mit einer dreiseitigen Resolution den Rücken stärkte. Diese wurde bei zwei Gegenstimmen mit großer Mehrheit angenommen. Darin heißt es gleich zu Beginn: „Die SPD steht für eine Flüchtlingspolitik ein, die von Humanität und Solidarität geprägt ist.“ Und gerade deswegen sei die Reform nach Meinung des SPD-Vorsitzenden notwendig gewesen. „Der Status Quo der europäischen Flüchtlingspolitik war nicht mehr haltbar und absolut inakzeptabel“, sagte er.
Europäische Lösung statt geschlossene Grenzen
In den vergangenen Jahren sei immer deutlicher geworden, dass durch die nationale Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten an den EU-Außengrenzen für die Aufnahme von Geflüchteten die Lasten ungerecht verteilt seien, argumentiert der SPD-Parteivorstand in der Resolution. Zu den nun verabschiedeten Reformplänen auf EU-Ebene sagte Klingbeil: „Wir verhindern damit, dass in Europa selbst die Binnengrenzen zugemacht werden.“ Denn es brauche europäische, keine nationalstaatlichen Lösungen. Es komme jetzt darauf an, dass diese europäischen Lösungen auch konkret ausgestaltet würden.
Die SPD macht in ihrer Resolution deutlich: „Illegale Pushbacks (also staatliche Maßnahmen, bei denen flüchtende Menschen meist unmittelbar nach Grenzübertritt zurückgeschoben werden, ohne die Möglichkeit einen Asylantrag zu stellen, Anm.d.Red.) und die Unterbringung von Geflüchteten in Elendslagern wie Moria gehören zur traurigen Realität und sind für uns inakzeptabel.“ Denn das individuelle Menschenrecht auf Asyl sei nicht verhandelbar. Entsprechend brauche es auch bei beschleunigten Grenzverfahren ein faires Asylverfahren mit hohen rechtsstaatlichen Standards, fordert die SPD. Anders als bisher werde die geplante Reform durch Rechtsverordnungen unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten gelten und schaffe somit eine höhere Verbindlichkeit in Bezug auf gleiche Standards der Asylverfahren.
Seenotrettung unterstützen
Das neue Verfahren müsse die Lage für die Menschen in den Einrichtungen in den Außengrenzstaaten effektiv verbessern. „Das ist der Maßstab für unsere Akzeptanz der neuen Praxis. Deshalb kommt es entscheidend auf die Einhaltung und Überwachung der neuen Regeln an“, heißt es in der Resolution des SPD-Parteivorstandes. Er fordert deshalb, dass die EU-Kommission zusammen mit den Mitgliedsstaaten und den EU-Agenturen verbindliche Pläne für die Umsetzung der Verfahren vorlegt. Auch müsse deren rechtsstaatliche Umsetzung eng überwacht und im Rahmen eines öffentlichen Monitoring-Verfahrens permanent beobachtet und ggf. auch parlamentarisch kontrolliert werden.
Klar positioniert sich die SPD auch beim Thema Seenotrettung. Hier hatte schon der SPD-Bundestagsabgeordnete Hakan Demir in der vergangenen Woche im Gespräch mit dem „vorwärts“ größere Anstrengungen gefordert. Im Papier heißt es nun: „Das Sterben im Mittelmeer muss aufhören. So ist die Seenotrettung eine Verpflichtung aus dem internationalen Seerecht und darf nicht kriminalisiert, sondern muss auch staatlich durch die EU gewährleistet werden.“ Zivile Seenotrettung dürfe nicht kriminalisiert, sondern müsse weiter unterstützt werden.
Neue Migrationspolitik
Insgesamt wertet die SPD die nun erfolgte Einigung auf europäischer Ebene als Teil einer neuen Migrationspolitik, die die Ampel-Regierung auf nationaler Ebene vorantreibt. Dazu gehören außerdem das Chancenaufenthaltsgesetz, das vielen langjährig Geduldeten erstmals eine echte Aufenthaltsperspektive gibt, ebenso das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sowie die geplanten Änderungen zur erleichterten Einbürgerung hierzulande. „Alles das zeigt, dass wir gerade eine umfassende Migrationspolitik gestalten“, sagte Klingbeil.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo