Soziale Politik

IG Metall: Hubertus Heil verspricht Tariftreuegesetz noch dieses Jahr

Mit Steuergeld Tarifflucht unterstützen? Damit will Bundesarbeitsminister Heil Schluss machen. Auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall kündigt er ein Tariftreuegesetz noch in diesem Jahr an. Die Kritik daran, könne er schon „antizipieren“, betont er.
von Vera Rosigkeit · 26. Oktober 2023
Beschäftigte sollen Subjekt, nicht Objekt des Wandels in der Arbeitsgesellschaft sein. Das fordert Bundesarbeitsminister Hubertus Heil
Beschäftigte sollen Subjekt, nicht Objekt des Wandels in der Arbeitsgesellschaft sein. Das fordert Bundesarbeitsminister Hubertus Heil

Nur kurz verweilt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil bei der Enttäuschung über die geringe Mindestlohnanpassung, die die dafür zuständige Kommission im Juni beschlossen hat. Mit Blick auf die paritätisch zusammengesetzte Kommission aus jeweils drei Vertreter*innen aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite erklärt Heil, dass er bei der Mindestlohnkommission bleiben wolle, weil es richtig sei, die Sozialpartner einzubeziehen.

Tariftreuegesetz und digitales Zugangsrecht

Vor den mehr als 400 Delegierten auf dem 25. Ordentlichen Gewerkschaftstag der IG Metall am Mittwoch in Frankfurt/Main stellt er klar, dass sich der Mindestlohn zwar weiterentwickeln müsse, er aber immer nur die Lohnuntergrenze bleibe. „Das Wichtigere sind wieder mehr Tariflöhne. Und der Frage widmen wir uns jetzt“, betont Heil. Er wolle noch in diesem Jahr, gemeinsam mit Wirtschaftsminister Robert Habeck, „endlich ein Tariftreuegesetz vorlegen, damit öffentliche Aufträge des Bundes nur noch an die Unternehmen gehen, die tatsächlich tariflich bezahlen“, fügt er hinzu. Für den Arbeitsminister eine Frage der Fairness, „dass wir nicht mit Steuergeld auch noch Tarifflucht belohnen“, aber auch eine Frage des fairen Wettbewerbs für diejenigen Arbeitgeber, die nach Tarif bezahlen.

Den Unmut an einem solchen Gesetz könne er dabei schon „antizipieren“, so Heil. Mit Blick auf die zu erwartende Kritik, verspricht er, dass unbürokratisch „hinzubekommen“ und nennt beispielhaft das bestehende Tariftreuegesetz im Saarland. Mit einem solchen Gesetz wolle er zwei Dinge miteinander verbinden: erstens ein digitale Zugangsrecht von Gewerkschaften zu Betrieben. „Das soll damit kommen, steht auch so im Koalitionsvertrag“, sagt der SPD-Politiker. Denn es reiche nicht mehr, Informationen am schwarzen Brett auszuhängen.

Subjekt, nicht Objekt des Wandels sein

Zweitens aber sollen damit auch Maßnahmen gegen Tarifflucht ergriffen werden. Denn es gehe laut Heil nicht nur um Lohngerechtigkeit. Für ihn habe Tarifbindung in Zeiten von Transformation und Wandel eine „staatsentlastende Funktion“. Auch den Lohnunterscheid zwischen Ost und West führt Heil auf mangelnde Tarifbindung und eine kleinteilige Struktur, die er zum Teil in Ostdeutschland sehe, zurück. „Der Staat kann keine Tarifverträge machen, aber er muss ein Interesse daran haben, dass wir Anreize für mehr Tarifbindung schaffen“, sagt er. Sollte dies nicht gelingen, gehe laut Heil nicht nur gesellschaftlich etwas auseinander. Für diesen Fall befürchtet Heil soziale Verwerfungen und dass der Ruf nach dem Staat, die Dinge per Gesetz immer kleinteiliger zu regeln, riesig groß sei.

Es sei besser, wieder über Wandel zu verhandeln, „dann gelingt er auch besser“, ist Heil überzeugt. Für ihn beinhaltet das auch die Frage, ob die Beschäftigten in Zeiten des Wandels der Arbeitsgesellschaft, „Subjekt oder Objekt des Wandels“ seien.  Das ruft das Thema Mitbestimmung auf den Plan. Gleich zu Beginn des kommenden Jahres will Heil ein Gesetz auf den Weg bringen, um betriebliche Mitbestimmung zu stärken. Schon heute sei die Unterdrückung von Betriebsratsarbeit und auch die Verhinderung der Gründung von Betriebsräten ein Strafbestandteil. „Das ist die Unterdrückung von Demokratie, nichts anderes“, urteilt Heil. Da es sich aber um ein Antragsdelikt handelt, werde kaum eine Staatsanwaltschaft dazu ermitteln. „Wir werden dafür sorgen, dass aus dem Antragsdelikt ein Offizialdelikt wird“, so der Plan. Das bedeutet, dass Staatsanwaltschaften, die von solchen Dingen Kenntnis bekommen, wegen Demokratieverhinderung ermitteln müssen.

Darüber hinaus verspricht Heil, die Rechtssicherheit von Betriebsratsvergütungen zu klären. Da die uneinige Rechtsprechung zwischen Bundesarbeitsgericht und Bundesgerichtshof bei vor allem größeren Unternehmen zu Rechtsunsicherheiten führt, will der Bundesarbeitsminister hier Rechtssicherheit schaffen. Für ihn gebe es keinen Grund mehr zu zögern. „Ich werde in den nächsten Tagen den Gesetzentwurf für mehr Rechtsklarheit bei Betriebsratsvergütung auf den Weg bringen“, sagt er.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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