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Zum Tod von Werner Loewe: Ein großer Kommunikator

Werner Loewe war Juso, Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft, viele Jahre Geschäftsführer der Hamburger SPD und des „vorwärts“. Nun ist er in Hamburg gestorben.
von Susanne Dohrn · 15. September 2022
Werner Loewe war Geschäftsführer der Hamburger SPD und des „vorwärts“.
Werner Loewe war Geschäftsführer der Hamburger SPD und des „vorwärts“.

Der Neue. Für eine Redaktion ist das immer mit einem kleinen Schrecken verbunden. So war es auch, als Werner Loewe zum „vorwärts“ kam. Bei Wikipedia steht als „Geschäftsführer und Redakteur“, eine Wortwahl, gegen die Werner nichts gehabt hätte. Redakteur zu sein war für ihn Ehre, Pflicht, Herausforderung und bis zu einem gewissen Grad Lebensinhalt. Werner war immer in der Redaktion. Nicht unbedingt frühmorgens. Das waren andere. Aber immer abends und immer bis zum Schluss.

Perfekt vernetzt

Werne Loewe kam aus Hamburg zum „vorwärts“. Da hatte er schon eine lange politische Karriere hinter sich. Sie begann beim Asta der Universität Hamburg, wo er sich daran beteiligte, den „Muff von tausend Jahren“ aus den Talaren der Professorenschaft zu fegen. Er war Juso, Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft und viele Jahre Geschäftsführer der Hamburger SPD. In der Partei kannte Werner nahezu jede und jeden, und das ging weit über die Grenzen der Hansestadt hinaus. Mit vielen späteren SPD-Schwergewichten hat er Gespräche in der Küche seiner Wohnung im Jungfrauenthal geführt. Seine Weinproben im großen Wohnzimmer, deren Bücherregale an den hohen Wänden bis zu Decke reichten, waren legendär.

Flucht und Ankunft

Werner Loewe wurde 1941 in Stettin geboren. Nach der Flucht landete die Familie in Schleswig-Holstein und Werne Loewe lernte Plattdeutsch. Es war die beste Möglichkeit, sich unter den Bauernjungs zu behaupten. Hier auf dem Land musste der Junge aus der Stadt ganz schnell lernen, Menschen für sich einzunehmen. Nach dem Abitur studierte er Anglistik, Germanistik, Literaturwissenschaft und Arbeitslehre/Politik in Hamburg, Innsbruck, München und Bremen. Die Liebe zur Sprache, zum „mot juste“, zum exakt passenden Ausdruck, hat sein Leben geprägt. Werner war das, was man eine Leseratte nennt. Er besaß nicht nur viele Bücher und kaufte immer neue – in Berlin meistens in der Buchhandlung unten im Willy-Brandt-Haus. Er las die Bücher auch und wusste, was drin steht. Viele literarische Größen kannte er persönlich. Für eine Redaktion war er damit eine unerschöpfliche Quelle von Ideen, wenn es darum ging: „Wenn könnte man denn zum Thema X noch fragen.“

Ein „Glas Champagner“

Als er 2002 zum Verlag kam, hieß der Bundeskanzler Gerhard Schröder und im Herbst stand eine Bundestagswahl an. Am Wahlabend sah es zunächst nicht so aus, als ob Rot-Grün noch einmal gewinnen würde. Gegenkandidat Edmund Stoiber von der CSU hatte schon angekündigt, er werde bald „ein Glas Champagner öffnen“, doch dann wendete sich am späten Abend das Blatt. Die SPD gewann mit einem Vorsprung von 6.000 Stimmen. Der Wahlsieg war der Auftakt zu turbulenten Zeiten, die mit dem Namen Peter Hartz und den Arbeitsmarktreformen verbunden sind. In dieser Zeit steuerte Werner Loewe sein Team umsichtig durch die Turbulenzen. Dabei half es, dass er weit über Hamburg hinaus in der SPD gut vernetzt war.

Der Menschenfreund

„Er war ein großer Kommunikator“, sagt einer, der ihn gut kannte und bis zum Schluss ihm und seiner Frau Elisabeth sehr nahestand. Und er war ein Menschenfreund. Werner Loewe ging auf jede und jeden zu. In der Redaktion stand seine Tür immer offen. Er verstand es meisterhaft, Konflikte zu entschärfen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Menschen, die Texte schreiben, sind manchmal Diven. Sie lieben es nicht, wenn an ihnen etwas geändert wird. Bei Werner wussten alle: Erstens, wenn er etwas findet, hat er Recht und zweitens ist der Text danach besser. Dabei halfen ihm sein breit gefächertes Wissen, seine humanistische Bildung und seine tiefe Kenntnis der SPD, Unstimmigkeiten, Fehlschlüsse oder einfach nur Fehler zu vermeiden.

Er konnte motivieren

Gleichzeitig vermochte Werner es, die Mitarbeiter*innen zu motivieren, ihr Bestes zu geben. Werner war dabei allen ein Vorbild. Er ging immer erst, wenn auch die oder der Letzte gegangen war. Seine Frau arbeitete in Hamburg und so war die Redaktion in gewisser Weise sein Zuhause. Für einen Schnack, wie man in Hamburg sagt, konnte man ihn dann oft noch beim Italiener um die Ecke in der Stresemannstraße treffen, und gar nicht so selten blieb jemand, der vom Willy-Brandt-Haus heimwärts strebte, ebenfalls dort für ein formloses Hintergrundgespräch oder einfach nur eine Plauderei hängen. Wer Werner Gesellschaft leiste, bekam dann zuweilen ein Glas Wein spendiert. Werner Loewe war einer der generösesten Menschen, die ich gekannt habe. Die Zeit mit ihm in der Redaktion möchte ich nicht missen.

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Susanne Dohrn

ist freie Autorin und ehemalige Chefredakteurin des vorwärts.

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