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Sören Bartol: Was der neue Vorsitzende der hessischen SPD plant

Seit 2002 sitzt Sören Bartol für die SPD im Bundestag, seit Samstag ist er Vorsitzender der Sozialdemokratie in Hessen. Im Interview erzählt er, wie er ein neues „Wir-Gefühl“ schaffen und die SPD wieder in die Erfolgsspur bringen will.

von Jonas Jordan · 13. März 2024
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Sie sind neuer Vorsitzender der hessischen SPD. Was hat Sie bewogen, für das Amt zu kandidieren?

Mein Hauptanliegen ist erst mal die Stärkung des Wir-Gefühls! Ich möchte zusammen mit allen Mitgliedern in Hessen dazu beitragen. Nur aus einem starken Team heraus können wir wachsen. Deshalb war es mir auch wichtig, nicht allein zu kandidieren. Josefine Koebe als neue Generalsekretärin repräsentiert gemeinsam mit mir den Teamgeist und die Vielfalt der Partei. Unser Ziel ist es, gemeinsam die SPD Hessen zu führen und den Landesvorstand als Gremium insgesamt zu stärken. 

Wir ergänzen uns gut und bringen Erfahrung aus Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik sowie verschiedenen Fachgebieten ein – Josefine ist als promovierte Ökonomin stellvertretende Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Landtag von Wiesbaden und Sprecherin für frühkindliche Bildung und im Ausschuss für Wissenschaft und Kultur, während ich seit 2002 Bundestagsabgeordneter aus Marburg-Biedenkopf bin und mich lange Jahre mit Verkehr, Wirtschaft und Digitalem beschäftigt habe und nun als parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen für bezahlbares Wohnen und Stadtentwicklung zuständig bin.

Sie sitzen seit 2002 im Bundestag, haben Ihren Marburger Wahlkreis sechsmal in Folge direkt gewonnen. Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Als langjähriger SPD-Unterbezirksvorsitzender in Marburg-Biedenkopf und Mitglied des Kreistags kenne ich die lokalen Probleme sehr gut. Dialog ist mir wichtig. Zuhören, Sorgen und Probleme ernst nehmen, zwischen unterschiedlichen Positionen vermitteln. Wir müssen vor Ort ansprechbar sein, Unterstützung anbieten und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Ich bin tief in meinem Wahlkreis Marburg-Biedenkopf verwurzelt und viel unterwegs. Man kennt mich und weiß, dass ich ein verlässlicher Ansprechpartner bin, der seinen Wahlkreis voranbringt und Interessen durchsetzt.

Was davon lässt sich auf den hessischen SPD-Landesverband übertragen?

Wir müssen als Partei vor Ort präsent sein und unsere Stärke aus den Kommunen heraus entwickeln. Wir waren schon immer an der Seite der Kommunen und auf Augenhöhe mit ihnen. Die SPD Hessen muss durch pragmatische und bürgernahe Politik sichtbar sein und die Menschen mit uns verbinden. Wir müssen wissen, was die Menschen bewegt, gemeinsam Lösungen entwickeln, weiterdenken und umsetzen. 

Die hessische SPD hat ein großes Potenzial bei den Wählerinnen und Wählern. Zusammen mit den engagierten Mitgliedern vor Ort möchte ich sicherstellen, dass wir nicht nur wählbar sind, sondern dass die Menschen bei den kommenden Wahlen tatsächlich für uns stimmen – in allen Altersgruppen, sowohl auf dem Land als auch in der Stadt.

Sören Bartol

Ich bin zutiefst mit Hessen verbunden.

Neben Ihrem Bundestagsmandat sind Sie auch als Parlamentarischer Staatssekretär im Bauministerium Teil der Bundesregierung. Wie werden Sie den Balanceakt zwischen Berlin und Wiesbaden bewältigen?

Ich bin zutiefst mit Hessen verbunden. Mein wunderschöner Wahlkreis Marburg-Biedenkopf ist mein Zuhause und mein Ruhepol. Für mich ist das kein Balanceakt. Ich freue mich sehr auf meine neue Aufgabe als Landesvorsitzender der SPD in Hessen. 

Die hessische SPD hat bei der Landtagswahl im Oktober ihr historisch schlechtestes Ergebnis erzielt, aber nach 25 Jahren den Sprung aus der Opposition in die Regierung geschafft. Wie ist die aktuelle Situation der Partei?

Ich möchte nichts beschönigen. Wir sind noch nicht dort, wo wir sein wollen: Wir hatten ein historisch schlechtes Wahlergebnis und konnten kein Direktmandat gewinnen. Das war ein harter Schlag, der uns zeigt, dass wir näher an die Menschen heranmüssen und ihre Alltagsprobleme verstehen müssen. Unser Ziel war es, die Landesregierung zu führen, das haben wir nicht erreicht. 

Dennoch regieren wir und können gestalten! Zusammen mit der CDU – auch wenn das nicht für alle von uns ideal ist – müssen wir uns jetzt darauf konzentrieren, den Auftrag unserer Wähler in gute Politik für alle in Hessen umzusetzen. Das ist unser Ziel, für das wir die hessische SPD neu aufstellen und auf dem richtigen Weg sind. Regierung, Fraktion und Partei müssen als Einheit agieren. 

Nach 25 Jahren sind wir in Hessen wieder an der Regierung, haben drei wichtige Ministerien und stellen mit Kaweh Mansoori den stellvertretenden Ministerpräsidenten. Wir sind keine Einzelkämpfer, sondern ein Team. Wenn wir uns gegenseitig unterstützen und unsere Rollen ausfüllen, wird die SPD am Ende gewinnen.

Viel Zeit bleibt Ihnen nicht. In diesem Jahr ist die Europawahl, im nächsten Jahr die Bundestagswahl und 2026 die Kommunalwahl. An welchen Hebeln wollen Sie ansetzen, damit die hessische SPD in die Erfolgsspur zurückkehrt?

Wer mich kennt, weiß, dass ich ein Teamplayer bin, der den rechten und linken Flügel unserer Partei zusammenbringt. Wir werden nur gemeinsam erfolgreich sein. Aber wir müssen auch das Vertrauen in die Politik wiederherstellen, indem wir klare Inhalte anbieten, lebensnahe Diskussionen führen und Entscheidungen umsetzen. 

Einigkeit schafft Sichtbarkeit. Jetzt müssen wir in Hessen gute Politik machen, Probleme lösen, das Leben verbessern, den Zusammenhalt stärken und den Populist*innen den Wind aus den Segeln nehmen – die Bürgerinnen und Bürger haben Anspruch auf einen gut funktionierenden Staat, der seine Aufgaben erfüllt. 

Dies gilt insbesondere in Zeiten des Strukturwandels. Hier müssen wir klar machen, dass Veränderungen nicht nur negativ wahrgenommen werden, sondern auch Chancen bedeuten und das Leben erleichtern.

Sören Bartol

Wenn wir es schaffen, die SPD in Hessen wieder so stark zu machen, wie sie unter Hans Eichel war, bin ich zufrieden.

Sie sind der erste Landesvorsitzende aus dem Bezirk Nord-Hessen seit Hans Eichel im Jahr 2001. Ist er ein Vorbild für Sie? 

Ich kenne und schätze Hans Eichel seit vielen Jahren. Als ich als junger Abgeordneter neu in den Bundestag gekommen bin, war er mir ein wichtiger Ratgeber. Er hat viel für die Bürgerinnen und Bürger in Hessen und die hessische SPD erreicht. Wenn wir es schaffen, die SPD in Hessen wieder so stark zu machen, wie sie unter Hans Eichel war, bin ich zufrieden. 

Dieses Interview wurde schriftlich geführt.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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1 Kommentar

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Do., 14.03.2024 - 12:01

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hervorragenden Leistungen seiner Amtsvorgängerin, unserer großartigen Innenministerin und ehemaligen Landesvorsitzenden Nancy Faeser. ....und die SPD wieder in die Erfolgsspur bringen will...... das setzt ja zunächsteinmal voraus, dass die SPD sich außerhalb der Erfolgsspur befindet. Sehen Sie das so, Herr Jordan? Ich nicht, ich meine wir haben unter Nancy Faeser ganz herausragende Ergebnisse erzielt- dies umsomehr, als die in "schwerer See" erfolgte. Ich bedauere sehr , dass Nancy Faeser hier nun nicht mehr wirken kann, wie in den vielen Jahren zuvor- wenn ich auch hoffe, das ihr Nachfolger nicht patzen wird, also die von Nancy Faeser erzielte Zustimmungsbasis nicht verspielt, bestenfalls sogra noch ausbauen kann