Achim Post in NRW: Nach den Stichwahlen ist vor der Landtagswahl
Achim Post bewertet im Interview das Kommunalwahlergebnis seiner Partei. Der NRWSPD-Vorsitzende erklärt, auf welche Stichwahl er besonders schaut und warum er mit Blick auf die Landtagswahl 2027 optimistisch ist.
Juliane Sonntag/photothek.de
Achim Post ist Vorsitzender der NRWSPD.
Am 14. September fanden in Nordrhein-Westfalen Kommunalwahlen statt. Die SPD kam mit 22,1 Prozent der Stimmen auf den zweiten Platz nach der CDU. Hier geht es zu den Ergebnissen für (Ober-)Bürgermeister*innen und Landrät*innen im ersten Wahlgang. Zwei Wochen später, am kommenden Sonntag, 28. September, kommt es in 21 Städten zu Stichwahlen. Achim Post, NRWSPD-Chef, zieht ein Zwischenfazit.
In der SPD-Präsidiumssitzung am Montag waren der Oberbürgermeister von Herne, Frank Dudda, und Markus Ramers, Landrat des Kreises Euskirchen, zu Gast, die mit deutlicher Mehrheit wiedergewählt wurden. Was haben die beiden richtig gemacht?
Ganz grundsätzlich muss man sagen: Die Rahmenbedingungen bei dieser Wahl waren schwierig mit den sich verfestigenden Zahlen auf Bundesebene, aber die Wahlkämpfer*innen haben in ganz NRW unermüdlich gekämpft. Das Engagement aller Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer war sehr hoch.
Der Kreis Euskirchen hat seit Jahrzehnten ein eher konservatives Umfeld, während Herne zu den Hochburgen der SPD zählt, aber beide haben sich auf die direkte und klare Kommunikation mit den Bürger*innen konzentriert. Sie haben über Probleme vor Ort geredet und auch deutlich gemacht, was sie bisher angepackt haben, was geklappt und was bisher noch nicht geklappt hat. Sie haben handfeste Politik gemacht und waren für die Menschen immer ansprechbar.
Markus Ramers sagte kürzlich im Gespräch mit dem „vorwärts“, wenn die SPD in einem konservativen Umfeld wie dem Kreis Euskirchen es schaffe, die Wahl zu gewinnen, könne sie das überall schaffen.
Ich habe das vor dem ersten Wahlgang so ähnlich formuliert mit: „Wenn Arminia Bielefeld ins Pokalfinale kommen kann, dann ist alles möglich, im Fußball und in der Politik.“ Kommunalwahlen haben ähnlich wie der DFB-Pokal ihre eigenen Gesetze. Jetzt gucken wir genau, was wir aus Kreisen wie Unna und Euskirchen oder aus Städten wie Herne und Hamm, Düren und Detmold lernen können.
Achim
Post
Die Demokratieverächter von der AfD werden weder in Gelsenkirchen noch in einer anderen Ruhrgebietsstadt die Oberbürgermeisterin oder den Oberbürgermeister stellen. Da bin ich sicher.
Licht war nicht nur da, wo wir im ersten Wahlgang gewonnen oder sehr gute Ergebnisse erzielt haben. Auch die Prognose und von manchen Medien herbeigeschriebene Prophezeiung, dass das Ruhrgebiet überwiegend rechtsextrem wählen würde, ist nicht eingetreten. Die Demokratieverächter*innen werden weder in Gelsenkirchen noch in einer anderen Ruhrgebietsstadt die Oberbürgermeisterin oder den Oberbürgermeister stellen. Da bin ich sicher. Im Ruhrparlament ist die SPD mit über 28 Prozent die stärkste Kraft geworden. Auch bei den jüngeren Wähler*innen ist die AfD nur fünftstärkste Kraft geworden. Die Bäume wachsen bei denen nicht in den Himmel. Und Schatten? Das Gesamtergebnis. Mit 22,1 Prozent sind wir nicht zufrieden.
Können Sie trotzdem verstehen, wenn Menschen diese Deutung von „Licht und Schatten“ nach dem schlechtesten Kommunalwahlergebnis der SPD in NRW als zu positiv kritisieren?
Wenn man nur diese Worte nähme, könnte man das so sagen, aber der erste Satz von uns als Landesspitze – von Sarah Philipp und mir als Vorsitzende sowie von Freddy Cordes als Generalsekretär – war immer, dass das ein schlechtes Ergebnis für die SPD ist, mit dem wir auf keinen Fall zufrieden sein können. Auch wenn wir das in den Sätzen danach differenzierter betrachten, heißt das nicht, dass wir irgendetwas schönreden wollen.
Die Medien berichteten vielfach, dass die SPD in ihrer früheren Hochburg, dem Ruhrgebiet, eingebrochen sei. Tatsächlich hat sie dort aber vergleichsweise gut abgeschnitten, im Gegensatz zu großen Universitätsstädten wie Düsseldorf, Aachen, Münster, Köln und Bonn. Wie kann die SPD in den Unistädten wieder erfolgreich werden?
Daran sieht man, wie heterogen Nordrhein-Westfalen ist. Das Bundesland teilt sich nicht nur in klassische Regionen auf, etwa eher katholisch geprägte, konservative Hochburgen im Münsterland oder Sauerland auf der einen und SPD-Hochburgen im Ruhrgebiet und Ostwestfalen-Lippe auf der anderen Seite. Es ist alles komplizierter geworden. Nach dieser Wahl muss man sich genau angucken, was man gerade in Unistädten wie Bonn, Aachen oder Münster machen muss. Denn die sozioökonomische Wirklichkeit ist in diesen Städten komplett anders als in großen Ruhrgebietsstädten.
Achim
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Köln ist die größte Stadt, die einzige Millionenstadt in Nordrhein-Westfalen. Sie war länger nicht SPD-regiert. Daher wäre ein Sieg dort von der Sache her sehr wichtig, aber hätte auch Symbolkraft.
In Köln hat die SPD zwar weniger als 20 Prozent bei der Ratswahl geholt, aber in der Stichwahl die Chance, mit Torsten Burmester das Oberbürgermeisteramt nach mehr als zehn Jahren wieder zu gewinnen. Wie wichtig wäre das für die NRWSPD?
Köln ist die größte Stadt, die einzige Millionenstadt in Nordrhein-Westfalen. Sie war länger nicht SPD-regiert. Daher wäre ein Sieg dort von der Sache her sehr wichtig, aber hätte auch Symbolkraft. Ich war am Wahlabend in Köln bei Torsten Burmester, war auch im Wahlkampf dort und unterstütze die Kölner SPD jetzt noch mal. Ich rechne uns weiter sehr gute Chancen aus. Denn Torsten Burmester wäre ein Oberbürgermeister für alle Kölner*innen. Darauf setzen wir. Deswegen bin ich zuversichtlich, dass er gewinnt.
Ist das die Stichwahl, auf die Sie mit der größten Spannung schauen?
Nein, es geht in allen Stichwahlen um viel.
Geht am Montag nach den Stichwahlen der Blick Richtung Landtagswahl 2027?
Vielleicht lassen wir uns noch einen Tag länger Zeit. Gerade sind wir komplett fokussiert auf den zweiten Wahlgang der Kommunalwahlen, aber danach geht es in Richtung Frühjahr 2027.
Der stellvertretende Landesvorsitzende Marc Herter wurde mit mehr als 60 Prozent als Oberbürgermeister von Hamm wiedergewählt, auch bei der Ratswahl konnte die SPD dort um neun Prozentpunkte auf 46 Prozent zulegen. Was sagen Sie dazu?
In der Tat: Marc Herter und die SPD Hamm haben eindrucksvolle Ergebnisse erzielt. Wir haben aber viele im Landesvorstand, die zeigen könnten, wie man es macht. Beispielsweise hat mit Veith Lemmen ein weiterer stellvertretender Landesvorsitzender die Bürgermeisterwahl in Werther im ersten Durchgang mit 66,42 Prozent gewonnen.
Achim
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Ich bin sicher, dass es bei der Landtagswahl 2027 ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD geben wird.
Bei der Kommunalwahl kam die SPD in NRW auf 22,1 Prozent. Würde der Landtag jetzt neu gewählt, wären es Umfragen zufolge nur 16 bis 18 Prozent. Wie erklären Sie sich das?
Auf Landesebene gibt es unzählige offene Baustellen, gerade im Bereich Arbeit, Wirtschaft, Industrie, aber auch im Bereich Schule und Kitas. Und auch im Bereich Wohnen und Mieten tut die Landesregierung im Grunde nichts. Das merken die Menschen in Nordrhein-Westfalen zunehmend in ihrem Alltag. Auch die Niederlage der Grünen bei der Kommunalwahl wird für die schwarz-grüne Koalition nicht ohne Folgen bleiben. Ich bin sicher, dass es bei der Landtagswahl 2027 ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und SPD geben wird.
Inhaltlich hat die SPD bei der Kommunalwahl stark auf Familien- und Bildungspolitik gesetzt und berufstätige Familien in den Mittelpunkt der Kampagne gerückt. Wird das auch ein Schwerpunkt mit Blick auf die Landtagswahl sein?
Auf jeden Fall. Man muss diese Probleme anpacken und Lösungsvorschläge haben. Umfragen zufolge sind zwar mehr als drei Viertel der Menschen in Nordrhein-Westfalen grundsätzlich mit ihren Lebensbedingungen zufrieden, aber, wenn man konkret wird, stellt man fest, dass zum Beispiel weniger als ein Drittel der Menschen mit der Infrastruktur und den Mieten in NRW zufrieden sind. Deshalb müssen wir klarmachen, was wir als SPD in dem Bereich besser machen wollen als die bisherige Landesregierung. Ich bin zuversichtlich, dass wir dann bei der Wahl eine ganz andere Ausgangslage haben als jetzt.
Gibt es schon einen Zeitplan für die personelle Aufstellung zur Landtagswahl?
Nein, eine Zeitplanung gibt es noch nicht. Das machen wir als erstes in den Gremien. Wir werden das in den Präsidiums-und Landesvorstandssitzungen besprechen und werden relativ zügig einen klaren Zeitplan aufstellen.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo