Meinung

Mehr Führung wagen: Was Polen mit Europa vorhat

In einer Zeit großer Herausforderungen hat Polen die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Die Regierungen der anderen EU-Länder sollten sich auf einen selbstbewussten Partner einstellen. Polens Premier Donald Tusk richtet eine unbequeme Botschaft an sie.


 

von Kay Walter · 17. Januar 2025
Donald Tusk

Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk bei einer Pressekonferenz in Warschau.

Das Jahr 2025 bringt eine neue EU-Kommission, Donald Trump als US-Präsidenten, Wahlen in Deutschland und höchstwahrscheinlich in Frankreich sowie den Fortgang des russischen Kriegs gegen die Ukraine. Und es bringt die polnische EU-Ratspräsidentschaft.

Nach der höflich formuliert unproduktiven ungarischen Präsidentschaft übernahm Polen am 1. Januar turnusgemäß den Vorsitz im Rat der EU. Einen Monat zuvor wurde Kaja Kallas, Ex-Premierministerin von Estland, zur neuen Kommissarin für Außenpolitik gewählt. Enorme Aufgaben haben sie zu bewältigen, verbunden mit den Namen Putin und Trump. Der eine führt Krieg in Europa, den der andere meint, in kürzester Zeit und im Zweifel ohne NATO und die Europäer*innen beenden zu können.

Donald Tusk: Polen will den Ton angeben

Forsch und selbstbewusst will Polens Premier Donald Tusk unter dem Motto 
„Sicherheit Europa!“ dabei zu Werke gehen. Seine programmatische Vorgabe: „Es liegt mir sehr daran, dass Polen der Staat sein wird, der nicht nur die ganze Zeit dabei ist, sondern den Ton angibt bei den Entscheidungen, die uns Sicherheit bringen und unsere Interessen sichern sollen.“ 

Auf Deutschland und Frankreich will Tusk nicht warten, eher schon Druck ausüben. Ein Kanzler im Wahlkampf scheint ihm ein ebenso unsicherer Kantonist wie ein Präsident ohne Mehrheit im nationalen Parlament. Das letzte Dreier-Treffen Tusk, Macron, Scholz datiert auf den 
15. März 2024. Im Dezember war Scholz nicht zugegen.

Vom Weimarer Dreieck, 1991 mit dem Ziel gegründet, das traditionelle Tandem Deutschland-Frankreich als „Motor der EU“ um Polen zu erweitern, um so die damals jungen Demokratien Osteuropas besser in die EU zu integrieren, ist nicht länger die Rede. Beide Regierungen sind zuvorderst mit sich selbst beschäftigt und haben sich international aus dem Spiel genommen.

Ein Signal an Viktor Orbán und Giorgia Meloni

Tusk sendet das Signal gestiegenen Selbstbewusstseins aller östlichen EU-Mitglieder – an die „alte EU“, wie an die Fraktion Meloni-Orbán: nicht vorrangig um Subventionen zu streiten, sondern politische Führung übernehmen zu wollen.

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