Die SPD muss jetzt die Klimaschutz-Partei sein
Der Klimaschutz hat in der Öffentlichkeit an Bedeutung verloren. Dabei schreitet der Klimawandel stärker voran denn je. Die SPD muss sich deutlich mehr um das Thema kümmern. Denn sie hat einen klaren Vorteil.
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Das 1,5-Grad-Ziel von Paris ist kaum noch einzuhalten. Umso wichtiger ist jetzt, mehr Tempo beim Klimaschutz zu machen.
Wenn an diesem Montag die Weltklimakonferenz in Baku beginnt, wird sie deutlich weniger Aufmerksamkeit bekommen als in den Jahren zuvor. Die Wahl von Donald Trump in den USA und das Ende der Ampel-Koalition beschäftigen die Menschen in Deutschland zurzeit mehr. Dabei ist die Aufgabe, das Klima zu schützen, nicht kleiner geworden: im Gegenteil. Gerade erst wurde bekannt, dass die Erde sich in diesem Jahr sehr wahrscheinlich um 1,5 Grad erwärmt haben wird – und damit deutlich früher als gedacht.
Die SPD hat bisher nicht genug getan
Zurecht haben gerade wir als Sozialdemokratie in den vergangenen Jahrzehnten den Unmut derjeningen auf uns gezogen, die sich für eine konsequente Klima- und Umweltpolitik einsetzen. Als die nach wie vor stärkste progressive politische Kraft in diesem Land sahen und sehen sie zurecht die SPD in der Verantwortung, die nötigen Weichen für die Zukunft zu stellen. Genug haben wir bislang sicherlich nicht getan, um unser Land auf den Pariser Klimapfad von maximal 1,5 Grad Erderwärmung zu bringen.
Blickt man in die Geschichte unserer Partei, so kann man jedoch auch staunen, dass Klima- und Umweltpolitik schon lange Teil unseres Daseins sind: Das erste Umweltprogramm der Bundesrepublik setzte Willy Brandt 1971 auf – fast zehn Jahre vor der Gründung der Grünen. Die Geschichte der Erneuerbaren Energien in Deutschland ist ohne den Namen Hermann Scheer, der lange im SPD-Parteivorstand und Bundestag saß, nicht vollständig erzählt. Im Übrigen schwärmte schon August Bebel Zeit seines Lebens von den „ungezählten Pferdekräften“, die in der Natur zuhauf vorhanden seien und der Gesellschaft zugute kommen könnten.
Trotz dieser langjährigen Prägung geistert in der SPD nach wie vor ein einprägsamer Leitsatz umher: „Wir wollen nicht grüner als die Grünen werden.“ Er ist oftmals in den letzten Jahren die trotzige Reaktion darauf gewesen, dass die grüne Partei uns in vielen Umfragen zu nahe gekommen ist oder sogar übertrumpft hat. Die Folgerung war für zu viele, dass Klimapolitik nicht zu den Kernkompetenzen der SPD gehören sollte, weil wir uns ansonsten angeblich den Grünen anbiedern würden – mit der Konsequenz, dass uns eine eigenständige Vision für die Transformation bislang fehlt.
Der Klimawandel trifft die Verwundbarsten am meisten
Dabei ist doch das Gegenteil richtig: Klimapolitik müsste schon längst gezwungenermaßen eine Kernkompetenz von uns Sozialdemokrat*innen sein, weil die Klimakrise zuvorderst soziale Fragen aufwirft. Wir müssen auf sie reagieren, insbesondere, weil die Folgen der Krise die ohnehin Vulnerabelsten in unserer Gesellschaft am meisten bedrohen: Die Kita-Erzieherin in ihrer schlecht gedämmten Wohnung, die aufgrund des steigenden CO2-Preises nicht zahlbare Mieterhöhungen befürchten muss. Den Obdachlosen, der in den jedes Jahr aufs Neue anstehenden Rekordtemperatursommern fürchten muss, einen furchtbaren Hitzetod zu sterben, weil ihm der nötige Schutz vor der Hitze fehlt. Die meist finanziell schwächeren Menschen, die an überfüllten Hauptverkehrsstraßen die Abgase abkriegen und denen die Grünflächen und Bäume in ihrer Umgebung fehlen, die Schatten, Kühle und Ausgleich spenden.
Wir müssen eine Klimapolitik machen, die strukturelle Transformationsprozesse anstößt und begleitet. Eine Klimapolitik, die diejenigen zur Kasse bittet, die es sich nicht nur leisten können, für die notwendigen Veränderungen einen Beitrag aufzubringen, sondern statistisch gesehen auch für den meisten CO2-Ausstoß verantwortlich sind. Wir brauchen und haben das Potenzial zu einem Blick, der Ambivalenzen von Lebensrealitäten annimmt und auf sie differenzierte Antworten gibt sowie Klimaschutzmaßnahmen immer mit der Maßgabe voranbringt, dass diese sozial gerecht sein müssen. Das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Dafür müssen wir Klimaschutz zum unwiderruflichen Teil unserer Identität machen.
Die SPD braucht eine AG Sozialer Klimaschutz
Viele Menschen in der SPD teilen diese Analyse. In unserem Landesverband in Berlin haben wir deswegen im vergangenen Juni die Gründung eines Forums Sozialer Klimaschutz forciert. Es ist der Überbau zu Klima-Arbeitskreisen, die sich in den vergangenen Jahren in Berliner Kreisverbänden (Unterbezirken) gegründet haben, um vor Ort zu informieren, thematisch zu arbeiten und sich mit der Stadtgesellschaft zu vernetzen. Im Forum leisten wir parteiinterne Bildungsarbeit in Form von Workshops und Themenwerkstätten und sind für die SPD Berlin bei klimapolitischen Veranstaltungen präsent. Ähnlich einer Arbeitsgemeinschaft wollen wir dafür sorgen, dass in unserem Landesverband auf jeder Ebene Klimapolitik als sozialdemokratische Kernaufgabe verstanden wird und in jedem Vorstand, jeder Antragskommission und auf jedem Parteitag Menschen die Belange des Klimaschutzes vertreten.
Wir wollen, dass Klimaschutz aus der SPD nicht mehr wegzudenken ist. Langfristig schaffen wir das nur mit einer zentralen Arbeitsgemeinschaft zum Thema Sozialer Klimaschutz, die ohne Befristung, mit einem Budget und einer Verzahnung aller Ebenen existiert. Diese Arbeitsgemeinschaft kann nur der Bundes-Parteivorstand einrichten. Gleichzeitig besteht auf jeder Ebene der Partei nach dem Statut bereits heute die Möglichkeit, für die jeweilige Ebene einen Arbeitskreis zum Thema Klimaschutz befristet für die Dauer der Wahlperiode des jeweiligen Parteivorstands einzusetzen. Auch unsere Struktur ist entsprechend zustande gekommen. Die in Berlin existierenden Arbeitskreise zum Thema Klimaschutz werden von Wahlperiode zu Wahlperiode neu eingerichtet, weil ihre Arbeit wertgeschätzt wird.
Gemeinsam die Transformation gestalten
Wir brauchen Menschen, die sich vor Ort der Transformation annehmen, dort für eine Entsiegelung und Bepflanzung eines ungenutzten Parkplatzes oder eine Wiedervernässung von Mooren kämpfen. Die sicherstellen, dass es für all die drängenden Fragen, die sich in den kommenden Jahrzehnten und schon heute auftun, Ansprechpartner*innen gibt.
Gute Konzepte für den Klimaschutz liegen bereits heute vor. Aber niemand weiß, wie die ökologische Transformation der kommenden Jahre konkret aussehen wird. Hierin liegt für uns als Partei eine große Chance, ein Narrativ und eine Vision zu entwickeln, die demokratiefest sind. Wir müssen auf Augenhöhe und mit Bedacht, pragmatisch, aber mit unverrückbaren Werten und einem klaren sozialen Kompass den Menschen begegnen. Das Potenzial für eine solche Politik hat die Sozialdemokratie: Aber nur, wenn wir Mitglieder es durch harte Arbeit vor Ort einlösen, werden wir Erfolg haben. Lasst uns in diesem Sinne gemeinsam die Transformation angehen!
sind Vorsitzende des Forums Sozialer Klimaschutz der SPD Berlin.
Klimaschutz ????
Klimaschutz, Klimaschutz, ja Klimaschutz; das am meisten benutze Wort der letzten Jahre, aber NICHTS ist dahinter. Die gestudierten (oder anstudierten) Soziologen, Politologen, Juristen etc. in der SPD haben von Naturwissenschaften und den Zusammenhängen in der Natur genau so wenig Ahnung wie ihre grünlichen Kollegen. jetzt kommt das Geschrei um Wasserstoff, ja Wasserstoff, ja Wasserstoff noch dazu.
Wer hat den vor 10-15 Jahren (als Regierungspartei !!!) die Weichen der Autoindustrie auf SUVs gestellt statt auf verbrauchsärmere Technologie ? Mit Kohlestrom in E-Autos und zum Betrieb von Wärmetauschern kann sogar ein Milchmädchen besser rechnen.
Die Bahn ist nach 3 Jahren SPD/Grünlicher Regierung maroder als zuvor, der ÖPNV ist gut für jedes Sparpaket und die ganzen Kriege die da befeuert werden sind auch nicht CO2-neutral.
Schon in der Bibel steht: An ihren Frücht(ch)en werdet ihr sie erkennen.
Wie will die SPD denn endlich glaubwürdig werden ??? Es ist schon Wahlkampf !!!