Filmförderung: So soll der Standort Deutschland gestärkt werden
Die Bundesregierung bereitet eine Reform der Filmförderung vor. Wie dadurch der deutsche Film international konkurrenzfähiger werden soll, erklärt die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering im Interview.
Alamode Film/Judith Kaufmann
Ein international erfolgreiches Kinodrama made in Germany: "Das Lehrerzimmer" mit Leonie Benesch in der Hauptrolle war bei der diesjährigen Oscar-Verleihung als Bester ausländischer Film nominiert.
Strukturprobleme im komplizierten System der Filmförderung tragen laut Expert*innen dazu bei, dass es der deutsche Film gegenüber der ausländischen Konkurrenz schwer hat. Was muss sich ändern?
Die Filmförderung ist aus meiner Sicht das wichtigste Vorhaben der Kulturpolitik in dieser Legislaturperiode. Die Filmbranche schafft Arbeitsplätze, treibt Innovationen voran, ermöglicht gesellschaftliche Debatten und öffnet den Raum für demokratisches Miteinander. Auch andere Länder haben die Kraft der Filme erkannt und werben mit guten Bedingungen für Produktionen - etwa mit Steuervorteilen, auch in Europa.
Wir wollen deswegen die gesamte Kette von der Entstehung eines Drehbuchs über die Produktion, die Arbeit vor und hinter der Kamera, wie auch die anschließende Vermarktung und Ausstrahlung in den Kinos in den Blick nehmen, die auch den veränderten Sehgewohnheiten und einer modernen Finanzierung Rechnung trägt.
Neben dem eigentlichen Filmförderungsgesetz diskutieren wir aus diesem Grund noch zwei weitere Vorhaben: Die Einführung einer sogenannten Filmförderzulage und die Einführung einer Investitionsverpflichtung.
Das neue Filmförderungsgesetz soll die Einnahmesituation von Filmschaffenden verbessern. Was ist konkret geplant?
Insgesamt geht es darum, die Filmförderung zu vereinfachen. Die neue Filmförderung soll auf drei Säulen stehen: Säule eins bildet das Filmförderungsgesetz, das im Kern das Gesamtsystem abbildet. Dazu soll die Filmförderanstalt (FFA) als deutsche Filmagentur gestärkt werden und in ihrer Rolle als „Filmparlament“ mehr Eigenverantwortung bekommen. Die Branche soll darin etwa über gemeinsame Richtlinien auf Veränderungen reagieren können.
Zwei weitere Säulen, die entsprechend auch Mittel sichern sollen, werden politisch aktuell besonders kontrovers diskutiert. Das eine ist die genannte Investitionsverpflichtung, die bedeutet, dass Streamer angehalten werden, in deutsche Produktion und den hiesigen Filmstandort zu investieren.
Die dritte Säule ist die Filmförderzulage, eine Art Steuerrückerstattungsmodell. In Abstimmung mit den Länderförderungen wollen wir den Filmstandort Deutschland so auch finanziell entsprechend attraktiv und wettbewerbsfähig machen.
Im Bereich Regie und Kamera sind Frauen weitaus weniger sichtbar als Männer. Wie passt das noch in unsere Zeit und was muss ein novelliertes Filmfördergesetz an dieser Stelle leisten, damit dieses Missverhältnis nicht zum Standortnachteil der deutschen Filmbranche wird?
Es passt gar nicht in unsere Zeit, wenn Frauen weniger sichtbar sind oder schlechter bezahlt werden. Das gilt nicht nur in der Filmbranche, aber auch.
Wir wissen, Teams sind umso stärker, wenn alle ihre Erfahrungen, Meinungen und Kompetenzen einbringen - aber Filme machen ja noch mehr: Sie formen auch gesellschaftliche Rollenbilder mit. Wie oft und in welchen Filmen sehen wir zum Beispiel starke, ältere Frauen? Wir müssen jedenfalls etwas tun, es muss sich etwas ändern. Denn: Unsere Gesellschaft lebt von ihrer Vielfalt. Diese muss sich auch auf der Leinwand wiederfinden, stärker als bisher.
"Wir wissen, dass auch Quoten funktionieren"
Wäre eine verpflichtende Quote hilfreich, zumindest bei staatlichen geförderten Produktionen?
Für den Filmbereich gibt es dafür mehrere Hebel: Tarifverträge, die Bezahlung und Arbeitszeiten regeln, sind dafür erst einmal die Grundlage. Künftig soll es etwa gesetzlich verankert einen Diversitätsbeirat geben, der sehr breit aufgestellt werden soll. Und ja, wir wissen, dass auch Quoten funktionieren.
Andere europäische Länder setzen bereits heute zusätzlich zu ihrer normalen Filmförderung auch finanzielle Anreize, die auch bei der Verankerung des Drei-Säulen-Modells wünschenswert sind.
Das alte Filmförderungsgesetz wurde als ursozialdemokratisches Projekt bezeichnet. Was ist am novellierten Filmförderungsgesetz SPD pur?
Wir haben ja bereits im Koalitionsvertrag deutlich gemacht, dass wir im Kulturbetrieb immer die Menschen sehen, die ihn gestalten und haben das auch der Regierung im letzten Jahr mit auf den Weg gegeben. Die Tarifbindung und Modelle zur Alterssicherung finden sich deswegen auch bereits jetzt im Referentenentwurf wieder. Das ist sicher ein Meilenstein.
Wo müssen die Referentenentwürfe des Filmförderungsgesetzes aus SPD-Sicht nachgebessert werden?
Es sind noch viele Fragen offen im neuen System, denn es gibt ja auch viele Beteiligte, von den Ländern bis zum Öffentlich Rechtlichen Rundfunk - und die Zeit drängt. Es wäre aber sicher wichtig, auch den Filmverleih und die Kinos noch stärker zu berücksichtigen. Wir brauchen die Kinos auch künftig als Kulturräume in denen miteinander gelacht, geweint und diskutiert werden kann. Das ist dann auch das Schöne an dem ganzen Thema: Es geht nur miteinander.
Michelle Müntefering ist Filmpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Kultur und Medien.