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Ukraine-Debatte: Pistorius nennt AfD und Linke „fünfte Kolonnen Moskaus“

Zehn Jahre nach dem Beginn des russischen Überfall auf die Ukraine debattiert der Bundestag über den Krieg. Die Ampel-Fraktionen wollen die Unterstützung Kiews stärken. Verteidigungsminister Boris Pistorius wählt dabei deftige Worte.

von Lars Haferkamp · 22. Februar 2024
Klare Ansage: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius nennt die Fraktionen der AfD und der Linken am 22. Februar 2024 im Bundestag „die beiden fünften Kolonnen Moskaus“.

Klare Ansage: Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius nennt die Fraktionen der AfD und der Linken am 22. Februar 2024 im Bundestag „die beiden fünften Kolonnen Moskaus“.

Vor genau zehn Jahren, am 22. Februar 2014, begann Russlands Feldzug gegen die Ukraine: mit dem Einmarsch auf der Krim und in den Osten des Landes. Deshalb debattierte der Bundestag am Donnerstag einen Antrag der Ampel-Fraktionen von SPD, Grünen und FDP mit dem Titel „Zehn Jahre russischer Krieg gegen die Ukraine – Die Ukraine und Europa entschlossen verteidigen“.

Wie wichtig das Thema ist, macht Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özuguz gleich zu Beginn der Debatte deutlich, als sie den ukrainischen Botschafter auf der Gästetribüne begrüsst: „Bitte übermitteln Sie unsere Solidarität und unser ungebrochenes Bestreben für eine Perspektive der Ukraine in Frieden, Freiheit und territorialer Unversehrtheit, frei von äußerer Bedrohung“.

Pistorius an Gysi: „Sie sollten sich schämen!“

Zu diesem Ziel bekennt sich auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius. Dabei attackiert der SPD-Politiker die Kritiker der deutschen Unterstützung der Ukraine im Plenum in den Reihen der AfD und der Linken. Er nennt ihre Fraktionen „die beiden fünften Kolonnen Moskaus“ rechts und links im Parlament. Die Rechtfertigung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine durch Gregor Gysi mit dem Nato-Einsatz in Serbien weist er klar zurück. „Sie sollten sich schämen!“, so Pistorius an die Adresse Gysis.

Zu den Forderungen der CDU und CSU an die Ampel sagt der Minister: Es seien in den letzten Jahren Fehler gemacht worden, von allen Beteiligten. „Aber jetzt zu erwarten von dieser Bundesregierung, unter den Rahmenbedingungen, mit der Schuldenbremse, die Fehler der Vergangenheit in zwei Jahren auszubügeln: Etwas mehr Demut und Konstruktivität würde ich mir schon wünschen.“

Putins Russland bleibt größte Sicherheitsbedrohung

Für den Verteidigungsminister ist klar: „Putins Russland ist und wird auf absehbare Zeit die größte Sicherheitsbedrohung für Europa bleiben.“ Das benenne der Antrag der Ampel-Fraktionen treffend. „Ich betone Putins Russland“, so Pistorius, „ich betone ausdrücklich: nicht das russische Volk“.

Auch um die eigene Sicherheit zu schützen, sei die Unterstützung der Ukraine durch Deutschland nötig. Mit allein sieben Milliarden Euro in diesem Jahr, rechnet der Minister vor. „Und wir werden nicht nachlassen“, verspricht er. 

Pistorius: Union redet uns in Grund und Boden

Die Kritik aus der Union an angeblich nicht ausreichender deutscher Unterstützung weist Pistorius entschieden zurück. Wer mit Politikern auf internationaler Ebene spreche, der höre man eines immer wieder: „Dass Deutschland Bewunderung erfährt, für das, was es leistet, im Kampf der Ukraine. Und es ist so typisch für uns: In aller Welt werden wir bewundert für unsere Leistungsfähigkeit und hier redet uns die Opposition in Grund und Boden. Vielen Dank dafür!“

Es scheint, als habe Pistorius damit bei der CDU/CSU einen Punkt gemacht. Erkennbar bemüht sich ihr Fraktionsvize Johann Wadephul das Gemeinsame zwischen Regierung und Opposition zu betonen. Der Ukraine versichert er, „dass zwei Jahre nach dem Überfall, zwei Jahre nach der wichtigen Rede des Bundeskanzlers zur Zeitenwende, wir uns alle bewusst sind: Sie können sich auf Deutschland verlassen Wir stehen an ihrer Seite.“

Gabriela Heinrich: „Kein Nein“ zu Taurus-Lieferung

Diese Bekenntnis hindert die Union aber nicht daran, immer wieder in Redebeiträgen oder Zwischenfragen, das Thema der Taurus-Raketen aufzurufen. Der Antrag der Ampel-Fraktionen nennt diese Waffensysteme nicht beim Namen. 

SPD-Fraktionsvize Gabriela Heinrich antwortet. Der Antrag umfasse die Taurus-System „nicht zwingend“, es sei „eine  Interpretationsfrage“, ein Kompromisspapier der Ampel, dem die SPD-Fraktion voll und ganz zustimme. Heinrich stellt klar: „Wir haben keine rote Linie gezogen und das hat auch nicht der Kanzler getan.“ Es gebe „kein Nein“ aus Berlin zur Taurus-Lieferung an die Ukraine. Zur Zeit werde das Thema weitergeprüft und das sei auch richtig so angesichts des Ernstes der Lage.

Die Fraktionen der Ampel plädieren in ihrem Antrag für die Lieferung von „zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen und Munition“ für die Ukraine. Die umstrittene Lieferung von Taurus-Raketen wird dabei nicht erwähnt. 

Durch die von der Koalition angestrebten Waffenlieferung soll der von Russland angegriffene Ukraine ermöglicht werden, „völkerrechtskonforme, gezielte Angriffe auf strategisch relevante Ziele weit im rückwärtigen Bereich des russischen Aggressors zu ermöglichen und andererseits die Landstreitkräfte mit der Lieferung von gepanzerten Kampfsystemen und geschützten Fahrzeugen weiter zu stärken“. 

Im Falle einer Abgabe von Waffen und Munition aus den Beständen der Bundeswehr soll nach dem Willen der Ampel für eine sofortige Nachbeschaffung gesorgt werden. 

Ampel-Antrag warnt vor russischer Gefahr

Laut Antrag der Ampel-Fraktionen ist der russische Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 der der „bislang drastischste Schritt“ einer „seit Jahren immer aggressiveren Politik gegen das freie und demokratische Europa“. Der russische Präsident Wladimir Putin führe diesen Krieg für den eigenen Machterhalt und die imperialen Großmachtfantasien seines Regimes. 

Die Abgeordneten kommen zu dem Schluss: „Russland unter Putins Herrschaft ist heute die größte Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit in Europa.“ 

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9 Kommentare

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Do., 22.02.2024 - 15:41

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„die beiden fünften Kolonnen Moskaus“

Genauso gut kann man dann die anderen Parteien wohl als "fünfte Kolonne Washingtons" bezeichnen. Der Ukraine-Krieg ist ein klassischer Stellvertreterkrieg der Großmächte Russland und USA. Wir haben eigentlich gar nichts damit zu tun. Da die Ukraine weder in der NATO noch der EU ist, gibt es für Deutschland keinerlei Verpflichtungen. Dem Irak haben wir damals auch nicht geholfen, als dieser von der "Koalition der Willigen" (zu der überigens auch die Ukaine zählte) völkerrechtswidrig angegriffen wurde.

Na und? Sind 2 voellig verschieden Angelegenheiten, von voellig unterschiedlichen Akteuren und es ging beim 1. MAle eher um den Ueberfall auf Kuwait durch die Iraklischen Truppen unter der Aegide von Saddam. Beim 2. MAl beednete man es dann, wie man es beim 1. MAle haette tun sollen, aus der amerik. Perspektive. Klar, Geschaefte, Luegen und GEwalt gehoeren dazu, wenn man mit solchen Leuten fertig werden will. Die Situation ist natuerlich heute nicht besser, wir waeren vielleicht mit einem Diktator Saddam besser gefahren, als mit dem Iran-freundlichen Regime und der Zeit mit ISSIS, die bis heute reicht. Wie man es macht, es ist verkehrt - erst recht beider SPD, die jetzt endlich mal einen Verteidigungsminister stellt, der seit JAhrzehnten wieder die Bezeichnung verdient. Ach so: Saddams Waffen kamen zum grossen Teil aus Russland. Von diesem Russland geht immer eine Gefahr aus, es sei denn die sind wirtschaftlich voellig am Boden, wie 1989/1990. Dass afd, die linke u. Sarahs eigenes Ding die 5. Kolonne sind ist doch klar: afd hat von dort Gelder bekommen, soweit ich das erinnere, die anderen beiden sind im Grunde SED, also das spaete Produkt aus der Zwangsfusion mit der SPD in und nach der Gruendung der DDR. Das sollte doch erschecken, oder nicht?

Gespeichert von Rudolf Isfort (nicht überprüft) am Do., 22.02.2024 - 17:56

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Die Debatte im Bundestag, „zehn Jahre nach dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine“, stand ganz im Zeichen der Einsicht, dass „Russland unter Putins Herrschaft heute die größte Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit in Europa ist“. Folgerichtig ging es darum, die Ukraine durch „zusätzlich erforderliche weitreichende Waffensysteme und Munition“ zu befähigen, „völkerrechtskonforme, gezielte Angriffe auf strategisch relevante Ziele weit im rückwärtigen Bereich des russischen Aggressors zu ermöglichen“. Der Deutsche Bundestag will also den „russischen Überfall auf die Ukraine“ militärisch austragen, bis die Russische Föderation besiegt aufgibt, hoffend, dass die Ukraine dann noch halbwegs reanimierbar sein wird – eine Hoffnung, deren Berechtigung sich erst noch erweisen muss.

Selbst den Schein von Friedensbemühungen, die dem Deutschen Bundestag gut zu Gesicht stehen würden, und die die Ukraine dringender braucht als alles Andere, gab es nicht. Dabei wären Friedensbemühungen auch für uns selbst sehr wichtig, denn wir müssen damit leben, dass, nach einhelliger Meinung, die Ukraine unsere Freiheit, unser Leben mit ihrem Leben verteidigt. Ich bin erstaunt, wie leicht der Deutsche Bundestag diese Last trägt.

Tragisch, eine große Chance wurde vertan – und die SPD war dabei.

Gespeichert von Tom Kaperborg (nicht überprüft) am Sa., 16.03.2024 - 15:08

Antwort auf von Rudolf Isfort (nicht überprüft)

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Egal, wie der Bundestag entscheided, derzeit lachen sich die Putins doch kaputt ueber das militaerisch unbedeutende Deutschland - in der Wirksamkeit so eine Art "neutrale DDR", wenn man sich z.B. Hr. Muetzenich anhoert. Ohne Wirkmittel - wirtschaftlich UND militaerisch, ist jede Vermittlungsinitiative ohne positive Wirkung auf Russland, die Ukraine fuehlt sich noch mehr bedroht als vorher ... und es geht weiter im Krieg. Der kommt dann, nachdem man die Ukraine endlich erorbert hat, in unsere Richtung - diesmal werden dann Ukrainer mit Barrier-toops im ruecken an die Front gebracht und als Kanonenfutter verheizt. Glaubt noch irgendjemand man koenne mit Putin verbnuenftig reden und den ueberkommt auf einmal eine menschouiche Regung und er lenkt deshalb ein? Ist der BAer katholisch, steht der PApst im Wald. Es gibt fuer Putin keine Moral, er ist der Chefgangster der russischen MAfia und geht soweit wie man ihn laesst - PUNKT! Interessanterweise erscheint mir die CDU zum ersten male seit ich politisch mitdenken kann als vernuenftiger als Teile in der SPD. NAtuerlich waere es besser, man kaeme mal zum Ende kit diesem Krieg, aber der ist nicht aus Versehen passiert und richtet sich auch gegen uns, da beisst die MAus keinen FAden ab.

Gespeichert von Helmut Gelhardt (nicht überprüft) am Do., 22.02.2024 - 19:15

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Gehört jede/jeder, der eine abweichende Sicht von der Sicht von Verteidigungsminister Pistorius hat, jede/jeder, der eine differenzierende Sicht auf den absolut grauenhaften Krieg zwischen Russland und der Ukraine hat, zur "fünften Kolonne Moskaus" ? Sind diejenigen, die sagen und fordern: 'Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg' blinde, böswillige "Putinversteher" bzw. "verantwortungslose", "traumtänzerische" Pazifisten, Antimilitaristen?

Eine differenzierende Sicht haben z.B.: Klaus von Dohnanyi, Julian Nida-Rümelin, Peter Brandt, Historiker und Sohn von Willy Brandt, Antje Vollmer + , Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde, General Kujat.
Ich darf hier auf die differenzierenden Veröffentlichungen von Herrn General Kujat hinweisen:

https://www.nachdenkseiten.de/?p=111161
https://www.nachdenkseiten.de/?p=106675
https://www.nachdenkseiten.de/?p=111280

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Fr., 23.02.2024 - 11:12

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Gespeichert von Helmut Gelhardt (nicht überprüft) am Fr., 23.02.2024 - 12:31

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In den vergangenen Wochen ( und auch schon Jahre vorher) habe ich als jetzt 70-jähriger (Jahrgang 1953 " Willy wählen / Mehr Demokratie wagen" ) an verschiedenen Demonstrationen / Mahnwachen gegen die AfD / gegen RECHTS teilgenommen - was ich als Pflicht und als hochnotwendig erachte. Bei diesen Demos/Mahnwachen waren auch immer sehr zahlreich Menschen vertreten, die Die Linke wählen, ihr nahe stehen oder Mitglieder der Linken sind. Falls Herr Pistorius auch an solchen Demos teilgenommen hat, was ich hoffe und sehr begrüßen würde, dürfte sich ihm mit Bezug auf Die Linke ein ähnliches Bild gezeigt haben.
Ist es dann nicht beschämend, dass Herr Verteidigungsminister Pistorius in dieser Art und Weise auf Die Linke draufschlägt ?

Gespeichert von Peter Boettel (nicht überprüft) am Fr., 23.02.2024 - 15:13

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Die Linke und die AfD in einen Topf zu werfen, ist schlichtweg überzogen.

Und immer mehr und immer größere Waffen an die Ukraine zu liefern, stellt lediglich eine Fortsetzung des Krieges, eine größere Bedrohung unseres Landes sowie vor allem nach der Ankündigung des Blockadeministers Lindner, die Sozialleistungen zugunsten der Aufrüstung einzufrieren, ein innenpolitisches Inferno mit zunehmend stärkeren Angriffen der Rechtsextremisten dar.

Die Bundesregierung, zumindest die Mehrheit der Regierungskoalition, sollte endlich sich mal die Geschichte der Weimarer Republik zu Gemüte führen und daran denken, welche Folgen die damalige Aufrüstung mit den Panzerkreuzern sowie die Sparpolitik nach sich zogen. Die Regierenden sollten sich schließlich mal bewusst werden, warum die Rechten hierzulande immer stärkeren Zulauf haben, besonders aber welche Gefahren uns dadurch drohen!!!