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Reporter ohne Grenzen: Wo Journalist*innen am gefährlichsten leben

Im Jahr 2023 sind weltweit weniger Journalistinnen und Journalisten bei ihrer Arbeit ums Leben gekommen als in den Vorjahren. Zudem befinden sich weniger Medienschaffende in Haft. Eine von ihnen trägt den Friedensnobelpreis.

von Nils Michaelis · 14. Dezember 2023
Der Journalist Gennadi Mozheiko

Alltag in Belarus: Der Journalist Gennadi Mozheiko wurde im Frühjahr zu drei Jahren Haft verurteilt, unter anderem wegen Präsidentenbeleidigung.

Bis zum 1. Dezember sind in diesem Jahr weltweit 45 Medienschaffende im Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet worden. Das sind 16 weniger als im Jahr 2022 und die niedrigste Zahl seit 2002.  Das geht aus der Jahresbilanz der Organisation Reporter ohne Grenzen hervor.

Mindestens 17 Journalistinnen und Journalisten wurden seit dem Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober und den anschließenden Kämpfenim Gazastreifen, in Israel, und im Libanon getötet. Nach dem Nahen Osten war im laufenden Jahr Asien die gefährlichste Region der Welt für Journalist*innen. In den vergangenen fünf Jahren wurden dort mehr Medienschaffende in Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet als in jedem anderen Teil der Welt: Insgesamt waren es 73, davon 22 in Afghanistan, 14 in Pakistan, zwölf auf den Philippinen, elf in Indien, sieben in Bangladesch und vier in Myanmar. 

Mit 23 getöteten Journalist*innen war die Berichterstattung über Kriege im Jahr 2023 am gefährlichsten. „Auch zu organisierter Kriminalität und Korruption zu arbeiten, ist weiterhin extrem riskant“, so Reporter ohne Grenzen. 2023 wurden in diesem Zusammenhang 15 Journalistinnen und Reporter getötet, vor allem in Lateinamerika und Afrika. 

Weniger Medienvertreter*innen inhaftiert

Auch die Zahl der inhaftierten Medienvertreter*innen ging zurück. Am 1. Dezember saßen insgesamt 521 Journalist*innen wegen ihrer Arbeit im Gefängnis. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Minus von 8,4 Prozent. Spitzenreiter ist erneut China: Dort werden insgesamt 121 Medienschaffende festgehalten, einschließlich zwölf in Hongkong. Unter ihnen ist Jimmy Lai, Gründer der Zeitung Apple Daily. Ihm droht unter dem von Peking auferlegten „Sicherheitsgesetz“ eine lebenslange Haftstrafe. Der Prozess beginnt am 18. Dezember.

Aber auch in Teilen Europas ist die Lage düster. Belarus gehört 2023 zu den drei Ländern, in denen die meisten Journalistinnen und Journalisten im Gefängnis sitzen. Derzeit sind es 39, also sieben mehr als Ende des Jahres 2022. Das Regime hält mehr weibliche Medienschaffende (zehn) fest als jedes andere Regime außer China (14). Weltweit machen Frauen mehr als zehn Prozent aller inhaftierten Medienschaffenden aus. 

Auf der Rangliste der Pressefreiheit fällt Belarus auf Platz 157 von 180 zurück. Das wird insbesondere mit der Verfolgung unabhängiger Medien durch Diktator Alexander Lukaschenko begründet. Deutschland liegt auf Rang 21. In Russland sitzen 28 Medienschaffende im Gefängnis, unter ihnen der US-Bürger Evan Gershkovich.

Narges Mohammadi seit zwei Jahren im Gefängnis

Der Rückgang der Zahl der weltweit inhaftierten Medienschaffenden erklärt Reporter ohne Grenzen unter anderem mit dem Rückgang der Inhaftierten im Iran. Allerdings sei es dort verbreitete Praxis, Journalistinnen und Journalisten wiederholt inhaftieren zu lassen. Insgesamt waren in der Islamischen Republik im laufenden Jahr 58 Medienschaffende hinter Gittern, das sind 24 weniger als 2022. 

Eine von ihnen ist die iranische Journalistin und Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi. Sie befindet sich seit dem November 2021 in Haft. Kürzlich wurde sie mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Was Journalist*innen in Haft angeht, gab es zuletzt auch eine gute Nachricht. Nicht aus Iran, sondern aus dem Nachbarland Afghanistan. Dort wurde am 18. Oktober der französisch-afghanische Journalist Mortaza Behboudi freigelassen. Die Taliban hatten ihn 284 Tage in Haft gehalten.

Weltweit sind derzeit mindestens 54 Medienschaffende in fünf Ländern entführt: in Syrien, Irak, Jemen, Mali und Mexiko. Mexiko sei nach wie vor das Land mit den meisten verschwundenen Medienschaffenden. Der Fotojournalist und Redakteur Juan Carlos Hinojosa Viveros wird seit dem 6. Juli vermisst. 

Einsatz für Journalist*innen

Reporter ohne Grenzen dokumentiert Verstöße gegen die Presse- und Informationsfreiheit weltweit und alarmiert die Öffentlichkeit, wenn Journalistinnen und deren Mitarbeitende in Gefahr sind. Zudem setzt sich die Organisation für mehr Sicherheit und besseren Schutz von Journalist*innen ein. Hinzu kommt das Engagement gegen Zensur und restriktive Mediengesetze.

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