Parteivorsitz: Warum bei der SPÖ noch nichts entschieden ist
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Das Ergebnis fiel äußerst knapp aus. Die drei Kandidat*innen der Mitgliederbefragung über den SPÖ-Vorsitz lagen am Ende alle nah beieinander. Der Regierungschef des Burgenlands, Hans Peter Doskozil, hatte mit 33,7 Prozen der Stimmen die Nase vorn. Auf Platz zwei folgte mit 31,5 Prozent der Bürgermeister der Stadt Traiskirchen Andreas Babler. Die bisherige SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi Wagner erhielt 31,4 Prozent der Stimmen. Die Mitgliederbefragung ist jedoch nicht bindend. Entscheiden muss ein Sonderparteitag am 3. Juni. Wer künftig die SPÖ führen wird, ist aus Sicht des Journalisten und SPÖ-Kenners Robert Misik alles andere als ausgemacht.
Hans Peter Doskozil liegt in der Mitgliederbefragung über den Vorsitz der SPÖ knapp vorn. Ist er wirklich der Sieger?
Nein, er ist nicht der Sieger, sondern allenfalls die Nummer eins im ersten Durchgang. Das wird Hans Peter Doskozil vermutlich auch selbst so sehen, da er selbst ein anderes Ergebnis erwartet haben wird. Er selbst war ja davon ausgegangen, dass es in der SPÖ eine stumme Mehrheit für seinen konservativen Politikstil gibt. Damit konnte er aber nur ein knappes Drittel der SPÖ-Mitglieder überzeugen.
Alle drei Kandidat*innen liegen sehr nah beieinander. Wie bewerten Sie das?
Das ist wirklich eine schwierige Situation, vor allem, weil sich die Partei vorher kein Prozedere überlegt hat, wie sie mit solch einer Situation umgeht. Manche haben das schon beim Start der Befragung vor zwei Monaten als Problem vorausgesagt. Eine relative Mehrheit kann jedenfalls nicht darüber entscheiden, wer künftig Vorsitzender der SPÖ ist.
Läuft es also auf eine Kandidatur der beiden Erstplatzierten Hans Peter Doskozil und Andreas Babler auf dem Parteitag am 3. Juni hinaus?
Ja, zumal Pamela Rendi-Wagner als Drittplatzierte bereits angekündigt hat, nicht erneut als Parteivorsitzende kandidieren zu wollen. Auf dem Parteitag wird es also zu einer Kampfabstimmung zwischen Doskozil und Babler kommen. Doskozil hat da sicher den leichten psychologischen Vorteil, dass er in der Mitgliederbefragung vorne lag und nun sicher den Spin verbreiten wird, dass der Parteitag dieses Abstimmungsergebnis respektieren muss. Andreas Babler hat demgegenüber sehr wahrscheinlich die gesellschaftliche Mehrheit der SPÖ-Mitglieder hinter sich. Von denen, die ihre Stimme Pamela Rendi-Wagner gegeben haben, würden sich nur wenige Doskozil wählen. Er hätte also eine Mehrheit von etwa 60 zu 40.
Ticken die Delegierten des Parteitags denn wie die Basis?
Eins zu eins übersetzen kann man das Ergebnis der Mitgliederbefragung sicher nicht, aber die Funktionäre sind in hohem Maße verunsichert und werden sich stark an dem orientieren, was die Parteibasis denkt. Bis zum Parteitag wird da sicher die Maschinerie anlaufen, die die Delegierten in den nächsten Tagen ordentlich bearbeiten wird. Da wird in den nächsten eineinhalb Wochen mit allen Bandagen gekämpft werden. Ich sehe trotzdem nicht, wie Hans Peter Doskozil auf dem Parteitag zu einer Mehrheit kommen will.
Doskozil und Babler stehen für sehr unterschiedliche Ausprägungen der Sozialdemokratie. Droht der SPÖ eine Zerreißprobe, egal, wer am Ende neuer Vorsitzender wird?
In manchen Punkten unterscheiden sich Doskozil und Babler fundamental, in anderen sind sie sich auch sehr ähnlich. In wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen zum Beispiel sind sie beide linker als der bisherige Kurs der SPÖ. Was Gesellschaftspolitik und kulturelle Fragen angeht, gibt es dagegen große Unterschiede. Die Mitgliederbefragung hat ja gezeigt, dass die SPÖ nicht in der Mitte gespalten ist, sondern mit einem Drittel zu zwei Dritteln. Die SPÖ wird aber schon dadurch wieder geeint werden, dass nach dem Parteitag endlich klar ist, wer die Partei künftig führt. Der Sieger wird auf das Lager des Verlierers zugehen müssen. Das wird natürlich umso schwieriger, je härter die Auseinandersetzung bis zum Parteitag wird.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.