Migrationsabkommen: Wie Marokko zum Pilotland werden soll
Nach Georgien im Dezember hat Deutschland in dieser Woche mit Marokko ein weiteres Migrationsabkommen geschlossen. Doch welche Idee steckt hinter diesen Partnerschaften?
Thomas Koehler/photothek
Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) trifft Marokkos Außenminister Nasser Bourita.
Joachim Stamp scheint zufrieden. „Ich freue mich, dass wir mit Marokko eine umfassende Migrationszusammenarbeit vereinbart haben, bei der wir vertrauensvoll und freundschaftlich daran arbeiten werden, wie wir zum Wohle beider Länder irreguläre Migration reduzieren und legale Wege in den Arbeitsmarkt stärken werden“, wird der FDP-Politiker in dieser Woche in einer Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums zitiert. Er ist Sonderbevollmächtigter der Bundesregierung für Migrationsabkommen. Ein erstes hat Deutschland bereits im Dezember mit Georgien abgeschlossen, eine weitere Vereinbarung kam in dieser Woche mit Marokko dazu. Doch worum geht es konkret?
Im Vordergrund steht das Prinzip, Migration zu steuern und zu ordnen, das die Bundesregierung verfolgt. Im Kern bedeutet das: Diejenigen Länder, die solche Abkommen mit Deutschland abschließen, verpflichten sich, ausreisepflichtige Staatsangehörige zurückzunehmen. Dadurch sollen Abschiebungen in diese Länder leichter möglich sein. Zugleich sollen aus diesen Staaten gezielt Personen angeworben werden, um den Fachkräftemangel hierzulande zu bekämpfen. Auch wenn es sich im Falle von Marokko nur um eine sogenannte Migrationspartnerschaft handelt, es also anders als mit Georgien kein schriftlich fixiertes Abkommen gibt, folgt diese doch dem selben Prinzip.
Lob aus der SPD-Fraktion
Entsprechend lobt der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Dirk Wiese die Vereinbarung einer umfassenden Migrationspartnerschaft mit Marokko: „Das ist eine beispielhafte Vereinbarung im Sinne moderner Migrationspolitik, der weitere ähnliche folgen werden.“ Der Bundesregierung sei so ein wichtiger Schritt in Richtung Ordnung und Steuerung von Migration nach Europa gelungen.
Um diesen vorzubereiten, war Bundesinnenministerin Nancy Faeser schon im Oktober nach Marokko gereist. „Ich habe mit unseren marokkanischen Partnern sehr gute Gespräche geführt, als ich im Herbst zu Besuch in Rabat war. Wir haben dabei ein neues Kapitel der Zusammenarbeit aufgeschlagen“, sagt Faeser angesichts der in dieser Woche getroffenen Partnerschaft.
Schulze: „Deutschland braucht dringend mehr reguläre Einwanderung von Fach- und Arbeitskräften“
Konkret haben beide Länder eine gemeinsame bilaterale Arbeitsstruktur vereinbart. In enger Zusammenarbeit sollen künftig zwischen den Regierungsstellen laufend alle Maßnahmen besprochen werden, die der Sicherheit beider Länder dienen sollen, um gesteuerte Arbeitsmigration zu ermöglichen und Rückführungen von marokkanischen Staatsangehörigen ohne Bleiberecht in Deutschland zu erleichtern.
Um Verbesserungen mit Blick auf die Arbeitsmigration geht es in dieser Woche während der Reise von Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) und der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Staatsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD), nach Rabat. Sie stoßen zwei neue Projekte an, die eine erfolgreiche Zuwanderung marokkanischer Arbeits- und Fachkräfte nach Deutschland unterstützen sollen. „Deutschland braucht dringend mehr reguläre Einwanderung von Arbeits- und Fachkräften. Nur so können wir unseren Wohlstand erhalten. Mit Marokko haben wir einen engen Partner an unserer Seite, der seiner jungen und gut ausgebildeten Bevölkerung berufliche Perspektiven bieten will“, macht Schulze deutlich.
Marokko als Pilotland
Dafür sollen die Zentren für Migration und Entwicklung eine zentrale Rolle spielen. Neben ihrer bisherigen Aufgabe, Rückkehrer*innen aus Deutschland beim Neustart zu unterstützen, sollen sie künftig interessierte Fachkräfte dabei beraten, welche Berufe der deutsche Arbeitsmarkt braucht und welche Einreisevoraussetzungen es gibt. Auch Fortbildungen oder Deutschkurse sollen hier vermittelt werden können. Diese Maßnahmen seien wichtig, damit Deutschland im globalen Wettbewerb um Fachkräfte erfolgreicher werde, bringt Schulze zum Ausdruck.
Im Bereich der sogenannten Vorintegration ist Marokko als eines der Pilotländer vorgesehen. Sie umfasst die Migrationsberatung, die Vorbereitung auf das Alltags- und Arbeitsleben in Deutschland mit Sprach- und Orientierungskursen sowie eine Begleitung der Migrant*innen von ihren Herkunftsländern bis in die integrationspolitischen Strukturen nach Deutschland. So soll Fach- und Arbeitskräften ein guter Start in das Leben und den Berufsalltag in Deutschland besser gelingen. „Je frühzeitiger Integrationsangebote ansetzen, desto nachhaltiger der Erfolg. Aus den Erfahrungen und Erwartungen hier vor Ort werden wir lernen können“, sagt Alabali-Radovan.
Weitere Abkommen in Planung
Weitere Abkommen mit der Republik Moldau, Kenia, Kolumbien, Usbekistan und Kirgisistan sind aktuell in Planung. Die Bundesregierung sieht in ihnen einen entscheidenden Baustein, um reguläre Migration von Fachkräften zu ermöglichen und zugleich die sogenannte irreguläre Migration einzudämmen.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo
Sehr gut, Marokko hat eine besondere, auch
geografisch bedingte Lage, die es zum Vorzugsland iS Migrationsabkommen macht. Zum einen geht es um die Marokkaner selbst, die sich als besonders qualifizierte und gefragte Zuwanderer erweisen haben, dort wo sie heute schon anzutreffen sind. Dann gibt es auch noch die Lage an den spanischen Exklaven, die gelöst werden muss, und kann, denn mit dem Abkommen besteht doch die Möglichkeit, die dort "gestrandeten" Männer auf legalem und ungefährlichen Weg zu uns zu holen. Wir brauchen sie alle, die marokkaner, aber auch die anderen