International

Europaparlament: Warum die SPD-Abgeordneten der EU-Kommission nicht zustimmen

Am Mittwoch wählt das Europaparlament die neue EU-Kommission. Die SPD-Abgeordneten werden nicht zustimmen. Ihr Vorsitzender René Repasi erhebt schwere Vorwürfe gegen Kommissionspräsidentin von der Leyen und die Führung der konservativen EVP.

von Kai Doering · 27. November 2024
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch im Europaparlament in Straßburg: Kuschelkurs mit den Rechtsradikalen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch im Europaparlament in Straßburg: Kuschelkurs mit den Rechtsradikalen

An diesem Mittwoch ist es soweit. Knapp sechs Monate nach der Europawahl wird das Europaparlament über die Besetzung der neuen EU-Kommission abstimmen. Erst in der vergangenen Woche hatten sich die Fraktionen der konservativen EVP, der sozialdemokratischen S&D sowie die Liberalen auf ein Personaltableau geeinigt. Am Morgen stellte es EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Parlament in Straßburg vor.

„Die Vertrauensgrundlage ist beschädigt“

Die 14 Europaabgeordneten der SPD werden dem Personalvorschlag nicht zustimmen. „Die Entwicklungen auf der konservativen Seite hin zu wechselnden und fragwürdigen, anstatt stabilen und konstruktiven Mehrheiten, hat für uns die Vertrauensgrundlage beschädigt, welche für eine Zustimmung zu dieser Kommission nötig gewesen wäre“, begründet der Vorsitzende der SPD-Abgeordneten René Repasi die Entscheidung. 

Mehrfach habe die EVP in den vergangenen Monaten „Mehrheiten mit rechtsextremen Parteien gegen die pro-europäischen Fraktionen“ gebildet oder zumindest billigend in Kauf genommen. Damit habe „die konservative Fraktion ihre Öffnung nach Rechtsaußen überdeutlich untermauert“. Für Aufsehen hatte zuletzt die Verschiebung des Waldschutzgesetzes im Europaparlament Mitte November mit den Stimmen der EVP-sowie der rechtsgerichteten EKR-Fraktion gesorgt.

Kritik an Nominierung von Raffaele Fitto

Das Ergebnisses dieses „Kuschelkurses“, wie René Repasi ihn nennt: „Erstmals in der Geschichte der gemeinschaftlichen EU-Institutionen erhält ein Vertreter einer postfaschistischen Partei eine Führungsposition.“ Gemeint ist der Italiener Raffaele Fitto, ein enger Vertrauter der postfaschistischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Dass Fitto künftig als Stellvertreter von Ursula von der Leyen eine herausgehobene Position in der EU bekleidet, lastet Repasi vor allem der konservativen EVP an.

„Die italienische Regierung hatte zwar das Vorschlagsrecht für einen Kommissar und ihn nominiert“, räumt Repasi ein. „Doch seine herausragende Stellung wäre vermeidbar gewesen, wenn sich die EVP an die pro-europäische Allianz der Mitte gehalten hätte, die nach den Europawahlen geschmiedet wurde und Ursula von der Leyen zu einer zweiten Amtszeit verhalf.“ Trotz anhaltender Kritik habe „die christdemokratische Parteienfamilie alles dafür getan, diesen Vorschlag zu verteidigen und dabei auch parlamentarische Prozesse geschwächt“, kritisiert Repasi.

Warnung an von der Leyen und Weber

„Die Europäische Union und ihre Handlungsfähigkeit wachsen nicht mit der Hilfe von populistischen und postfaschistischen Stimmen, wenn diese an zentraler Stelle mitentscheiden“, warnt der Vorsitzende der Gruppe der SPD-Abgeordneten im Europaparlament deshalb Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EVP-Fraktionschef Manfred Weber. Gleichzeitig kündigt Repasi für die SPD-Abgeordneten an, die Arbeit der neuen EU-Kommission „verantwortungsvoll und konstruktiv mitgestalten“ zu wollen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

Weitere interessante Rubriken entdecken

0 Kommentare
Noch keine Kommentare