Ein Jahr nach dem Hamas-Massaker: Kanzler Scholz ruft zu Waffenstillstand auf
Ein Jahr nach dem Massaker der Hamas in Israel haben Politiker*innen der SPD der Toten gedacht. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte einen Waffenstillstand um die Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen zu schützen. Ein „Flächenbrand“ im Nahen Osten müsse unbedingt verhindert werden.
IMAGO / Christian Spicker
Solidarität mit Israel: Vor einem Jahr verübte die Hamas ein Massaker mit mehr als 1.200 Toten.
Seit Montagmorgen ist ein Transparent mit einer gelben Schleife am Kanzleramt in Berlin zu sehen. „07. Oktober 2023“ steht darunter. An diesem Tag drangen Terroristen der Hamas an mehreren Orten nach Israel ein, warfen Bomben und schossen um sich. Innerhalb weniger Stunden starben mehr als 1.200 Menschen, Dutzende weitere wurden in den Gaza-Streifen verschleppt. Es war der größte Massenmord an Jüdinnen und Juden seit dem Holocaust.
„Eine Katastrophe für das palästinensische Volk ausgelöst“
Bestürzt zeigten sich Politiker*innen der SPD am ersten Jahrestag des Massakers am Montag. Am Vormittag veröffentlichte Bundeskanzler Olaf Scholz ein Foto der gelben Schleife – das als Symbol der Solidarität mit den Opfern des 7. Oktober steht – in den sozialen Medien und schrieb auf Deutsch, Englisch und Hebräisch dazu: „Wir fühlen mit euch.“ In einer Video-Botschaft erinnerte Scholz zudem an die „Frauen, Männer, Kinder Babys“, die von der Hamas „bestialisch ermordet“ wurden.
Gleichzeitig unterstrich Scholz, die Hamas habe „mit ihrem abscheulichen Angriff auf Israel zugleich eine Katastrophe für das palästinensische Volk ausgelöst“. Wenige Tage nach dem Massaker hatte das israelische Militär eine Großoffensive gegen Stellungen der Hamas im Gaza-Streifen begonnen, bei der es bisher auch zehntausende zivile Opfer gegeben hat.
„Die Bundesregierung setzt sich weiterhin beharrlich für einen Waffenstillstand ein, der jetzt endlich zustande kommen muss, damit die Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen besser geschützt wird“, betonte Kanzler Scholz in seiner Video-Botschaft. Zudem müsse ein „Flächenbrand“ im Nahen Osten verhindert werden. Nach Angriffen Israels auf die Terrororganisation Hisbollah im Libanon und dem Abschuss hunderter Raketen des Iran auf Israel hat sich die Situation in der Region in den vergangenen Tagen deutlich zugespitzt.
„Eine diplomatische Lösung ist dringend notwendig“
„Es scheint, als ob wir kurz vor einem regionalen Flächenbrand stehen“, erklärte deshalb die für Außenpolitik zuständige stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Gabriela Heinrich. „Jetzt ist die internationale Gemeinschaft gefragt, jede sich bietende Gelegenheit zu ergreifen, um deeskalierend auf die Entwicklungen im Nahen Osten einzuwirken“, forderte Heinrich, die auch Vorsitzende der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe ist.
Deutschland müsse sich gemeinsam mit anderen Staaten „für die Vermittlung einer sofortigen Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah“ einsetzen. „Eine diplomatische Lösung ist nicht nur möglich, sondern auch dringend notwendig, damit die Menschen auf beiden Seiten wieder in ihre Häuser zurückkehren können“, so Heinrich.
„Den Krieg um die öffentliche Meinung verloren“
In einem Gastbeitrag für „ntv“ kritisierte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth, unterdessen „ein tief sitzendes Misstrauen gegenüber Israel“. Eine „wachsende Zahl“ von Deutschen sehe ein Jahr nach dem Massaker „keinen unmittelbaren Zusammenhang mehr zwischen dem Hamas-Terror und dem Krieg, der seit einem Jahr in Gaza tobt“. Israel habe „den Krieg um die öffentliche Meinung längst verloren“.
In dem Text kritisiert Roth, dass es „in der deutschen Debatte derzeit an wahrnehmbaren pro-israelischen Stimmen fehlt“ und fordert mehr „Empathie für die Bürgerinnen und Bürger eines Landes, das von Feinden umzingelt ist, die es von der Landkarte auslöschen wollen“. „Gerade als Linker“ fühle er sich verpflichtet, „meine Stimme gegen den grassierenden Antisemitismus und Israelhass zu erheben“.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.