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Die Ukraine gehört nicht in die Nato

Russland hat die Krim annektiert und Militär in die Ostukraine geschickt, weshalb Kiew Schutz in der Nato sucht. SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich spricht sich gegen einen Beitritt aus. Ihm widerspricht der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk, der keinen anderen Weg für sein Land sieht als die Nato-Mitgliedschaft.
von Rolf Mützenich · 6. Februar 2015
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Eines vorweg: Es ist und bleibt selbstverständlich das Recht eines jeden Staates in Europa, sich für einen Nato-Beitritt zu bewerben. Hierbei gibt es kein Vetorecht. Dennoch: Bei allen Erweiterungsrunden der Nato waren die Einhaltung der demokratischen Mindeststandards und die Achtung der Menschenrechte grundlegende Voraussetzungen. Mit Blick auf das berechtigte Anliegen der bisherigen Nato-Mitglieder, dass die Aufnahme eines neuen Mitglieds mit einem Sicherheitsgewinn für die Nato insgesamt verbunden sein muss, galt die ungeschriebene Regel, dass kein Staat beitreten kann, der ungelöste territoriale Konflikte mit einem Nachbarstaat hat.

Die Ukraine hat bei den ersten Kriterien Fortschritte erzielt, weist aber noch signifikante Defizite auf. Eine Regelung des von Russland verursachten Territorialkonflikts über die Krim und die Ostukraine ist nicht in Sicht. Da alle 28 Nato-Mitglieder einer Erweiterung zustimmen müssen, ist die Unterstützung des ukrainischen Wunsches insbesondere durch Polen und die Balten nicht hinreichend. Der Realitäts-Check verdeutlicht: Eine ukrainische Nato-Mitgliedschaft steht nicht auf der Tagesordnung.

Nato-Beitritt erhöht die Gefahr eines Krieges

Gleichwohl gibt es auf Grundlage der Nato-Ukraine-Charta bereits seit Juli 1997 eine institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen der Nato und der Ukraine in der Nato-Ukraine-Kommission, die transparent erfolgt. Wer einen schnellen Nato-Beitritt der Ukraine fordert, tut damit weder der Ukraine noch dem Bündnis einen Gefallen. Es bringt wenig, wenn die Nato Sicherheitsgarantien abgibt, die sie weder einhalten kann noch will. Mit einer Nato-Mitgliedschaft der Ukraine (oder Georgiens) würde das Bündnis sich überfordern, zu einer weiteren Eskalation beitragen und die Gefahr eines Krieges verstärken, der dann nicht mehr nur ein „kalter“ wäre.

Deswegen müssen wir uns auf eine politische Konfliktregelung konzentrieren und keine Scheindebatte führen. Es gilt zu verhindern, dass die ukrainische Regierung einen offenen Krieg mit Russland riskiert, den sie nicht gewinnen kann. Verhindert werden muss auch, dass Russland sich in eine ausweglose Position manövriert durch die fortgesetzte Eskalation des Konflikts. Hieran arbeitet die Bundesregierung seit langem, vorneweg mit dem unermüdlichen Einsatz unseres Außenministers und auch der Bundeskanzlerin. Letztendlich handelt es sich um eine Abwägungsfrage: Würde ein Nato-Beitritt der Ukraine Europa und die Ukraine sicherer machen? Meine Antwort lautet: Nein!

 

Lesen Sie hier die Replik des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk, der sein Land in sechs Jahren in der Nato sieht.

Autor*in
Rolf Mützenich
Rolf Mützenich

ist Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion.

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