Was bei den Verhandlungen zum Haushalt 2025 auf dem Spiel steht
Deutschlands Wirtschaft schwächelt. Das Land braucht dringend öffentliche Investitionen, sagen Ökonom*innen. Doch die FDP hält bei den Verhandlungen zum Haushalt an der Schuldenbremse fest.
IMAGO / Achille Abboud
Müssen sich im Haushaltsstreit einigen: Finanzminister Christian Lindner (FDP), Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck (Bündnis 90 / Die Grüne) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hier im Plenarsaal des Deutschen Bundestags
Deutschland hat Handlungsbedarf. Auf 600 Milliarden Euro bezifferte eine kürzlich vorgestellte Studie den Preis für dringend notwendige Investitionen in den kommenden zehn Jahren in Verkehrswege, Bildung oder auch Klimaschutz. Vorgelegt wurde sie vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) und dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Wenige Wochen später forderte auch der Bundesverband der Deutschen Industrie zusätzliche Investitionen der öffentlichen Hand. Preisschild: rund 400 Milliarden Euro über zehn Jahre. Zeitgleich zur Veröffentlichung der Studien ringen die Ampel-Parteien um eine Einigung für den Haushalt 2025, die noch vor der parlamentarischen Sommerpause erzielt werden soll. Hauptstreitpunkt: die Forderung der FDP, die Schuldenbremse einzuhalten.
Haushalt 2025 „neuralgischer Punkt“
Eine Forderung, die inzwischen bei vielen Ökonom*innen auf Unverständnis stößt, so auch bei Jens Südekum, Professor für Internationale Volkswirtschaftslehre. Die Ampel-Regierung wollte einen „Turnaround“ schaffen, gerade bei Investitionen, erklärt er am Dienstag bei einer Diskussion des Wirtschaftsforums der SPD zum „Standort Deutschland: wettbewerbs-, innovations- und investitionspolitische Herausforderungen“. Für ihn ist der Haushalt 2025 der „neuralgische Punkt“, um noch etwas Großes „hinlegen“ zu können. Dazu bräuchte es aber Bewegung im Finanzministerium im Bereich der Schuldenbremse.
Warum das wichtig ist? Die deutsche Wirtschaft schwächelt und fällt in Rankings als Wirtschaftsstandort weiter zurück. Um mehr Dynamik zu erzeugen, wäre laut Südekum ein größeres Angebot an Arbeitskräften ebenso nötig wie mehr öffentliche Investitionen in die Infrastruktur und steuerliche Entlastung von privaten Investitionen. „Wenn wir nach vorne kommen wollen, müssen wir auf diese drei Baustellen gucken“, ist der Ökonom überzeugt.
Finanzpolitischer Wechsel notwendig
Beim Fachkräftemangel müsste „an allen Schräubchen gedreht werden“, sagt er. In diesem Zusammenhang hält er das Fachkräfteeinwanderungsgesetz für das wichtigste Gesetz, dass die Ampel verabschiedet hat. Andere Schrauben in diesem Sinne könnten der Ausbau von Kitas sein, um die Erwerbstätigkeit von Frauen zu erhöhen oder auch steuerliche Änderungen beim Ehegattensplitting.„Bildlich gesprochen sind wir eine alternde Bevölkerung, die zusehends mit einem alternden Kapitalstock arbeitet“, sagt Südekum. Gerade deswegen müsse man mehr investieren.
Schafft die Regierung einen finanzpolitischen Wechsel? Der Vize-Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Achim Post sieht Stärken und Schwächen bei der deutschen Wirtschaft, vor allem aber einen hohen Handlungsdruck. Für ihn ist klar, dass es „dringend eine grundlegende Reform der Schuldenbremse“ braucht. Tatsächlich arbeitet die SPD schon länger an einer Reform, erst zu Beginn der Woche haben sich die drei großen Flügel der Bundestagsfraktion auf ein Aussetzen geeinigt.
Haushalt 2025: immenser Handlungsdruck
Aktuell gerät der Zeitplan zum Haushaltsentwurf 2025 ins Wanken. Wie ebenfalls am Dienstag bekannt wurde, wurden die Verhandlungen zum Kabinettsbeschluss vom 3. Juli auf den 17. Juli verschoben. Für Post „nicht weiter schlimm“, wenn es bei diesen zwei Wochen Verzögerung bleibe und der Entwurf wie geplant am 29. November im Bundestag beschlossen werden kann. Gleichzeitig nennt Post Fortschritte bei den Verhandlungen, beispielsweise in der Zusage des Finanzministers zum Nachtragshaushalt 2024. „Das bringt uns zehn bis zwölf Milliarden Euro“. Das reiche aber nicht, die Summen von 400 oder auch 600 Milliarden Euro an Investitionen für die nächsten zehn Jahre würden gebraucht, sagt Post. Mit Blick auf die Haushaltverhandlungen sagt er: „Der Handlungsdruck für die nächsten Tagen und Wochen ist immens, das Ende ist offen.“
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.