Inland

Wahlen im Osten: Wie Woidke, Köpping und Maier für Demokratie werben

Warum ist die Stimmung im Osten der Republik schlechter als die Lage? Auf einem öffentlichen Podium in Frankfurt (Oder) machten SPD-Spitzenkandidat*innen deutlich, was bei den kommenden Landtagswahlen auf dem Spiel steht.

von Nils Michaelis · 4. März 2024
Dietmar Woidke mit Petra Köpping und Georg Maier

Drei Landtagswahlen und viele Fragen: Die SPD-Spitzenkandidat*innen Petra Köpping (Sachsen), Dietmar Woidke (Brandenburg) und Georg Maier (Thüringen) während der Pressekonferenz vor dem Zukunftsdialog  in Frankfurt (Oder).

Im September wird in Sachsen, Thüringen und Brandenburg ein neuer Landtag gewählt. Wirtschaftlich stehen diese Bundesländer auch dank milliardenschwerer Investitionen besser da denn je. 

Dennoch ist die Stimmung dort so polarisiert wie nie zuvor seit der Wiedervereinigung. Das zeigt auch die zunehmende Zahl von Attacken auf Kommunal- und Landespolitiker*innen. Zuletzt traf es den thüringischen SPD-Kommunalpolitiker Michael Müller. Unbekannte Täter verübten einen Brandanschlag auf sein Wohnhaus im Landkreis Gotha.

Wie steht es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Osten Deutschlands? Ist unsere Demokratie wehrhaft genug? Was wird aus der Wirtschaft in Zeiten der ökologischen Transformation? Diese Fragen stehen Anfang März im Mittelpunkt der Veranstaltung „Zukunftsdialog. Ostdeutschland hat die Wahl“. 

Viele Herausforderungen

Zu der öffentlichen Diskussionsrunde in Frankfurt (Oder) haben die Friedrich-Ebert-Stiftung und das Forum Ostdeutschland der Sozialdemokratie eingeladen. Mit Petra Köpping, Dietmar Woidke und Georg Maier sind SPD-Spitzenkandidat*innen von Sachsen, Brandenburg und Thüringen zusammengekommen, um zu beschreiben, wie sie die Gesellschaft und Wirtschaft ihres Landes für aktuelle und kommende Herausforderungen fitmachen wollen. Im Rahmen eines Town Hall Meetings können Bürger*innen Fragen stellen. 

Schnell ist die Debatte bei der Frage angelangt, die momentan besonders viele Menschen beschäftigt: Was unternimmt die Politik, um die Demokratie und Demokrat*innen besser vor ihren Feind*innen zu schützen? 

Ein Lokalpolitiker aus dem brandenburgischen Kreis Märkisch-Oderland schildert, warum er sich scheut, sich als Mitglied der gegenwärtig besonders angefeindeten Grünen zu outen. Er befürchtet, deswegen Schwierigkeiten in seinem Wohnort zu bekommen. „Warum überlassen andere Parteien den Rechtsextremist*innen die Sozialen Medien?“ fragt er in die Runde und verweist damit auf eine zentrale Art der Mobilisierung. 

Kampf gegen Hass: Alle sind gefragt

„Da wurde in der Vergangenheit zu wenig gemacht“, gibt Köpping zu. Sie ist Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt in Sachsen. Ihre Behörde habe die Aktivitäten im Netz zuletzt aber verstärkt. Um das gesellschaftliche Klima zu verbessern, habe der Freistaat Sachsen zudem eine Antidiskriminierungsstrategie entwickelt. Den virtuellen Hass zu bekämpfen, sei aber nicht nur Sache der Politik, sondern der gesamten Zivilgesellschaft.

Maier antwortet mit seinem Blickwinkel als Innenminister von Thüringen. „Gegen Hass müssen wir repressiv vorgehen“, sagt er. Sein Ministerium gehe verstärkt auf Plattformbetreiber zu, um hetzerische Inhalte zu löschen. Künftig müsse es möglich sein, die Identität von Hetzer*innen im Netz festzustellen. Soziale Medien seien mitverantwortlich für den Aufstieg von Populist*innen wie der AfD.

Dietmar Woidke

Freiheit, Toleranz und Weltoffenheit sind die Basis einer guten Entwicklung.

Die Ärzteversorgung auf dem Land, Kultur als kommunale Pflichtaufgabe, ein Verbot der AfD oder auch immer wieder eine gesicherte Versorgung mit Fiebersäften für Kinder: Den Menschen im gut gefüllten Kleist Forum in der Oderstadt brennt eine Reihe von Themen auf der Seele. Doch immer wieder kehrt die Diskussion zurück zu den großen Fragen dieser Zeit: Was wird aus der Demokratie in Sachsen, Thüringen und Brandenburg? Warum ist die Stimmung dort schlechter als die Lage?

Kritik an der Ampel-Koalition

Köpping, Maier und Woidke stellen sich unbequemen Fragen. Sie machen deutlich, dass es darauf ankomme, die Menschen beim Umbau der Wirtschaft mitzunehmen. Dass Politik nachvollziehbar und verlässlich sein müsse. Beides würden sie bei der Ampel-Koalition im Bund oft vermissen, wie zuletzt bei der Reform der Agrardiesel-Subventionen oder auch beim Gebäudeenergiegesetz. Und dass Menschen, die sich den Herausforderungen der Transformation stellen oder schon gestellt haben, dafür Anerkennung verdienen. Nicht nur, aber gerade in Ostdeutschland. 

Zudem gelte es, Gerechtigkeitslücken bei Renten, Löhnen und Gehältern zu schließen. Maier: „Wenn die Menschen in Thüringen im Schnitt 700 Euro weniger verdienen als im Westen und zugleich zehn Tage mehr arbeiten müssen, kann von einer Vollendung der Einheit keine Rede sein.“

„Wir müssen den Menschen, aber auch der Wirtschaft Sicherheit geben“, sagt Woidke nicht nur im Hinblick auf die klimaneutrale Stromversorgung der Zukunft. Eindringlich macht Brandenburgs Ministerpräsident deutlich, dass ein weiterer wirtschaftlicher Aufschwung und damit auch der Wohlstand breiter Schichten in Gefahr sind. Das sei der Fall, wenn die gesellschaftliche Stimmung weiter kippen und Rechtsextremist*innen nach den anstehenden Wahlen, die über die politische Stabilität in ganz Deutschland entscheiden würden, zusätzlichen Einfluss gewinnen. 

Dietmar Woidke: „Investitionen brauchen Sicherheit und Vertrauen“

„Freiheit, Toleranz und Weltoffenheit sind die Basis einer guten Entwicklung“, sagt Woidke. „Investitionen brauchen Sicherheit und Vertrauen.“ Seine Aussage lässt sich auch so verstehen: Wer eine Partei wählt, die vom Verfassungsschutz in Teilen als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, gefährdet eine erfolgreiche Entwicklung im Osten. Und damit seine oder ihre ganz persönliche Zukunft.

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1 Kommentar

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Di., 05.03.2024 - 12:02

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Demokratie heißt, daß jedere Mensch gleiches Recht und gleichen Eunfluss auf die Politik hat, aber da gibt es wohl ein dialektisches Verhältnis wenn wenn ich mir den Einfluss von "Investoren" vor Augen halte. Man denke da nur an die Herren Benko oder Musk und die Kriegs- und Rüstungsbegeisterung der Menschen ist auch nicht so groß wie sich das manche Politiker:::::innen wünschen.
Es war auch mal sozialdemokratische Grunderkenntnis, daß Demokratie nur zusammen mit sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit funktioniert (Respekt für Alle) und da müssen wir hin !!!! Sozale Schere, ungleiche Rechte, gebrochene Politiker:::innenversprecher ...... sind der Dünger auf dem Hass und Hetze gedeien.