Inland

So will die SPD die Lage von Auszubildenden verbessern

Seit Anfang April ist die Ausbildungsgarantie in Kraft. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Jens Peick kündigt weitere Schritte an, um junge Berufsanfänger*innen zu fördern. Dazu zählt die Vergütung für schulische Ausbildungswege.

von Vera Rosigkeit · 15. April 2024
Girls Day: Auszubildende bei Steinhoff in Dinslaken

Chancen in der Metallverarbeitung: Eine Auszubildende in ihrem Betrieb in Dinslaken (Nordrhein-Westfalen). 

Knapp 2,9 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren sind ohne Berufsqualifikation. Mit welchen Maßnahmen will die Koalition hier gegensteuern?

Wir müssen uns zunächst bewusst machen, dass das Menschen sind, die ein hohes Arbeitslosigkeitsrisiko haben und die wir am Ende in unserem Sozialsystem wiederfinden. Schon deswegen müssen wir tätig werden. Im vergangenen Jahr haben wir uns auf den Weg gemacht und zusammen mit dem Weiterbildungsgesetz auch eine Ausbildungsgarantie eingeführt. Sie ist zum 1. April in Kraft getreten.

Wie funktioniert die Ausbildungsgarantie?

Mit der Ausbildungsgarantie haben wir eine kleine Revolution hinbekommen, denn wir haben seit Langem wieder einen Rechtsanspruch im Sozialgesetz verankert. Wichtig ist uns: Der Rechtsanspruch auf einen Ausbildungsplatz entlässt die Unternehmen nicht aus der Verantwortung. Deshalb ist er an eine regionale Unterversorgung an Ausbildungsplätzen geknüpft. Wir wissen ja, dass es große regionale Unterschiede gibt, sowohl beim Fachkräftemangel als auch bei der Ausbildungsplatzsituation. 

Welche Regionen als unterversorgt gelten, entscheiden am Ende die Arbeitsagenturen. Insgesamt gibt es aktuell 20 Regionen, die als unterversorgt ermittelt wurden. Im Ruhrgebiet zählen dazu beispielsweise Gelsenkirchen, Duisburg und Bochum, aber auch Hannover und Berlin gelten als unterversorgt. In diesen Gebieten haben junge Menschen jetzt ein Recht auf einen überbetrieblichen Ausbildungsplatz. Zusätzlich zählt zur Ausbildungsgarantie aber auch der Mobilitätszuschuss und geförderte Berufsorientierungspraktika. 

Was hat es mit dem Mobilitätszuschuss auf sich?

Auszubildende, die sich bereit erklären, eine Ausbildung in einer anderen Region zu beginnen, können künftig einen Mobilitätszuschuss für Heimfahrten erhalten. Das ist ein Beitrag, um regionale Unterschiede auszugleichen. 

Wir sehen aber auch die Schwierigkeiten, wenn ein Jugendlicher aus Niedersachsen zum Beispiel nach München zieht und dort keine bezahlbare Wohnung findet. Hier kommt das Sonderprogramm „Junges Wohnen“ von Bundesbauministerin Klara Geywitz ins Spiel, das wir seit zwei Jahren auf der Agenda haben. Mit diesem Programm schaffen wir bezahlbaren Wohnraum für junge Menschen in Ausbildung. 

Um Ausbildungen attraktiver und für alle zugänglicher zu gestalten haben, wir noch weitere Maßnahmen ergriffen. Dazu zählt auch die Mindestausbildungsvergütung, die seit 2020 in Kraft ist. Aber um wirklich alle zu erreichen, haben wir auch die nötigen Instrumente im Bürgergeld-Gesetz verankert.

„Wir brauchen individuelle Betreuung und mehr Berufsorientierung"

Wie helfen die Instrumente im Bürgergeldbezug Jugendlichen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz?

Ansatz des Bürgergeld-Gesetzes ist es, die Menschen individueller zu betreuen. Statt sie mit Sanktionen zu belegen, wie jetzt wieder vermehrt gefordert wird, sind wir an echten Lösungen interessiert. Wir wollen gezielt Angebote machen und haben den Fokus auf Weiterbildung gelegt. 

Zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen, die länger als sechs Jahre arbeitslos sind, haben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Wir können davon ausgehen, dass die 2,9 Millionen Menschen ohne formale Ausbildung ebenfalls nur schlecht einen Fuß in den Arbeitsmarkt bekommen werden. Das ist eine Katastrophe. Deshalb brauchen wir individuelle Betreuung und mehr Berufsorientierung, auch an den Schulen. Fördermöglichkeiten, wie beispielsweise das Weiterbildungsgeld und die Weiterbildungsprämie sind zusätzliche Anreize, eine berufliche Qualifizierung zu absolvieren.

Einige Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag stehen noch aus, etwa die Vergütung schulischer Ausbildung oder die Modernisierung der Berufsschulen. Wann ist mit einer Umsetzung zu rechnen?

Wir haben einen Koalitionsvertrag, und der gilt. Die SPD ist vertragstreu und erwartet das auch von ihren Koalitionspartnern. Es gibt derzeit einen vorbereiteten Koalitionsantrag im Bildungsausschuss, der die Vergütung schulischer Ausbildung enthält. Wir hoffen, dass er bald ins Plenum kommt. Darauf drängt die SPD. Die Modernisierung der Berufsschulen kostet viel Geld. Nach dem Haushaltsurteil im vergangenen Jahr ist vieles schwieriger geworden. Dennoch ist unsere Position klar: Die Berufsschulen müssen modernisiert werden.

Was nimmt sich die SPD noch vor?

Die Ausbildungsgarantie als Rechtsanspruch ist ein Erfolg, aber nicht das, was wir uns als SPD im Idealfall wünschen. Wir möchten in erster Linie die betriebliche Ausbildung stärken, aber dazu wäre eine Ausbildungsumlage nötig. Die war in den Koalitionsverhandlungen mit der FDP nicht umsetzbar, bleibt aber unser Ziel: eine Umlage, wie auch immer sie gestaltet ist, ob nach Regionen oder Branchen.

Alle Unternehmen und Betriebe müssen sich an den Ausbildungskosten beteiligen. Wer nicht ausbildet, muss dann die ausbildenden Betriebe finanziell entschädigen. Das ist auch ein Gebot der Fairness. Wir schauen hier alle gespannt nach Bremen, die auf Landesebene eine Ausbildungsumlage aufsetzen, und glauben, dass es ein Vorbild für den Bund sein kann. 

Angesichts des Fachkräftemangels müssen Arbeitgeber*innen realisieren, dass auch sie mehr Engagement an den Tag legen und Verantwortung übernehmen müssen. Nur so können wir die betriebliche Ausbildung stärken. 

Jens Peick ist Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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