Inland

Inflation: Kühnert fordert mehr Entlastung bei kleinen Renten

Generalsekretär Kevin Kühnert hat auf Ängste und Sorgen der SPD-Parteimitglieder geantwortet – und fordert ein weiteres Entlastungspaket. Mit der Gießkanne will der Sozialdemokrat nicht arbeiten, sondern gezielt Rentner*innen entlasten.
von Benedikt Dittrich · 11. Juli 2022
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert.

„Die nächsten Entlastungsmaßnahmen müssen differenzierter sein“, gibt Kevin Kühnert das klare Versprechen für die SPD ab. Damit antwortet der Berliner Sozialdemokrat auf Fragen, wie die Politik bei den steigenden Energiekosten die Bevölkerung unterstützen will.

Ja, die ersten Entlastungspakete waren nicht sehr zielgenau, das gibt der SPD-Generalseretär in einer kurzen Videoansprache zu. Auch Menschen, die nicht unbedingt bei hohen Energie- und Lebensmittelkosten entlastet werden müssten, profitierten von den Maßnahmen – da nimmt er auch sich selbst nicht aus. „Das haben wir deshalb in Kauf genommen, weil es bei den ersten Entlastungspaketen darum ging, richtig schnell sein zu können. Und wenn man schnell in der Politik sein will, darf man nicht zu detailliert vorgehen“, erklärt Kühnert den Arbeitsmodus in der Ampel-Koalition in den ersten Wochen und Monaten der aktuellen Krise. Der Sozialdemokrat ist  auch Abgeordneter im Bundestag und stimmt über die Maßnahmen mit ab.

Nächste Entlastung: Rentner*innen im Fokus

Doch bei den bisherigen Entlastungen soll es nicht bleiben, erklärt Kühnert als Antwort auf einige Fragen von Parteimitgliedern, die ihn in den vergangenen Tagen erreicht hatten. Und er weist direkt auf konkrete Vorschläge aus den Reihen der Sozialdemokratie hin, um mögliche Belastungen zu verteilen und auch diejenigen zur Kasse zu bitten, die von der gegenwärtigen Situation möglicherweise sogar profitieren.

Eine weitere Frage, die Kevin Kühnert beantwortet, zielt darauf ab, dass Menschen mit einer kleinen Rente bei Entlastungen bisher teilweise außen vor geblieben sind. „Die sind hart getroffen“, erkennt Kühnert an. Gerade für die mit geringer Rente müsse etwas getan werden. „Insbesondere die steigenden Energiekosten werden bei diesen Haushalten jetzt richtig reinhauen“, so Kühnert, „und das macht uns auch richtig Sorgen“. Deswegen werde sich die SPD für weitere Entlastungen einsetzen, zielgerichtet für Menschen mit kleinen Renten, „das kann ich versprechen“.

Klimageld ohne Gießkanne

Kühnerts erster Punkt: das in der Koalition vorgeschlagene Klimageld. „Hubertus Heil hat vor ein paar Wochen vorgeschlagen, wie das Klimageld der Bundesregierung ausgezahlt werden könnte.“ Nicht mit der Gießkanne an alle ausschütten, sondern nur an Menschen bis zu einem bestimmten Gehalt, fasst Kühnert den Ansatz zusammen. Vorgeschlagen hatte der Arbeits- und Sozialminister dieses Klimageld-Modell bereits im Mai, er geht zurück auf einen Passus im Koalitionsvertrag der Ampel. Dort ist von einem „sozialen Kompensationsmechanismus“ die Rede um steigende Energiekosten für Haushalte mit geringen Einkommen auszugleichen.

Der avisierte Durchschnitt: ein Monatsgehalt von 4.000 Euro Brutto für Singles oder 8.000 für Paare als Grenze. Alle darüber müssten das schultern, was an Belastungen möglicherweise auf sie zukommt. „Ich finde, das ist eine ganz gute Herangehensweise“, stimmt Kühnert dem Vorschlag des SPD-Ministers zu.

Kühnert fordert: Schreibt eine Mail an Lindner!

Andererseits wollen Kühnert und die SPD auch diejenigen zur Kasse bitten, die von der gegenwärtigen Krise gar profitieren. Das Stichwort: Übergewinnsteuer. Für den Generalsekretär ein guter Vorschlag, den zwar die Sozialdemokrat*innen unterstützen, aber nach Kühnerts Angaben noch nicht alle Koalitionspartner*innen. „Ich verspreche, wir sind da wirklich hinterher“, so Kühnert.

Konkret nennt er zwar keine Partei, die das verhindert, ergänzt aber an sein Publikum gewandt: „Wenn ihr diese Idee auch unterstützt, dann schreibt doch vielleicht mal eine E-Mail an Christian Lindner oder so. Vielleicht beeindruckt ihn das ja mehr, als wenn der SPD-Generalsekretär sich bei ihm meldet.“ Der Bundesrat hatte am Freitag über eine solche „Übergewinnsteuer“ beraten und abgestimmt – der Vorschlag scheiterte an Landesregierungen mit CDU- oder FDP-Beteiligung, die sich enthalten hatten.

Die SPD hatte in der Vergangenheit ihre Mitglieder aufgerufen, ihre Fragen, Ideen und Bedenken an das Willy-Brandt-Haus zu schicken – nun antwortete der SPD-Generalsekretär erneut auf einen Teil der Fragen. Ein Dialog, den Kühnert auch fortsetzen will, wie er bekräftigt. Es können weiterhin Fragen und Anregungen an die Parteispitze geschickt werden, beispielsweise per Mail – oder auch direkt unter dem vergangenen Video, wie Kevin Kühnert versichert. „In der SPD landen die Vorschläge der Mitglieder auf den Tischen derjenigen, die die politischen Entscheidungen zu treffen haben.“

Es ist übrigens nicht das einzige Beteiligungs-Format für die rund 400.000 SPD-Mitglieder: Auch ein neuer „Debattenkonvent“ ist bereits in Planung.

In einer vorherigen Version des Artikels wurde die Zahl der SPD-Mitglieder falsch angegeben. Wir haben den Fehler korrigiert (12. Juni 2022)

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

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