Fehlende Kita-Plätze: Was die SPD in ihrem Leitantrag Bildung plant
Die SPD hat für ihren kommenden Bundesparteig einen Leitantrag zum Thema Bildung vorgelegt. Das scheint wichtiger denn je: einer aktuellen Studie zufolge fehlen in Deutschland mehr als 400.000 Kita-Plätze.
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Laut Studie fehlen in Deutschland Betreuungsplätze in Kitas und in der Tagespflege
Allen Kindern im Idealfall vier Jahre vor der Einschulung gute frühkindliche Bildung ermöglichen ist ein formuliertes Ziel aus dem Leitantrag „Bildung für alle als Grundlage für Emanzipation und Zuversicht – wir brauchen eine Deutschlandpakt“, den die SPD auf ihrem kommenden Bundesparteitag im Dezember beschließen will. Weil es dafür eine große Kraftanstrengung braucht, legt sie in ihrem „Deutschlandpakt Bildung“ dar, wie dieses Ziel zu erreichen ist.
430.000 Kita-Plätze fehlen
Eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung unterstreicht die Notwendigkeit, mehr in Bildung zu investieren. Denn trotz erkennbaren Fortschritts beim Kita-Ausbau fehlen in Deutschland Betreuungs-Plätze. Aktuellen Berechnungen des „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ zufolge sind es bundesweit insgesamt 430.000 Kita-Plätze, die fehlen, um den gesetzlich vorhandenen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung zu erfüllen. „Die Situation ist für Kinder und Eltern wie auch für das vorhandene Personal untragbar geworden", sagt Anette Stein, Expertin der Stiftung für frühkindliche Bildung zur Veröffentlichung der Studie.
Danach ist der Platzmangel mit 385.900 fehlenden Plätzen in westdeutschen Bundesländern besonders hoch, in Ostdeutschland fehlen 44.700 Plätze. Dort sei allerdings der Personalschlüssel deutlich ungünstiger. Während eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft in Ostdeutschland für 5,4 Kinder in Krippengruppen und für 10,5 Kinder in Kindergartengruppen verantwortlich sei, sind es in Westdeutschland 3,4 bzw. 7,7 Kinder auf eine Fachkraft. Um Chancengerechtigkeit und Bildungsqualität zu ermöglichen, müssten Empfehlungen zufolge die Personalschlüssel bei 1 zu 3 sowie bei 1 zu 7,5 liegen.
Fachkräftemangel als Ursache
Vor allem der Fachkräftemangel erschwere es Stein zufolge zunehmend, die Rechtsansprüche zu erfüllen und in den Kitas den Bildungsauftrag umzusetzen. In einem „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule“ hat die Stiftung zudem untersucht, wie sich das Angebot und der Bedarf an Fachkräften in den kommenden Jahren entwickeln wird. So bestehe laut Stein aufgrund sinkender Kinderzahlen die Aussicht „auf vergleichbare Personalschlüssel in Ost und West“. Dafür müssten die Länder allerdings jetzt die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Kitas mehr Fachkräfte beschäftigen können. In den westdeutschen Bundesländern werde es schwieriger sein, bis 2030 steigende Bedarfe seitens der Eltern und auch kindgerechte Personalschlüssel zu erfüllen.
Es gelte, beim Ausbau mehr Tempo zu machen. Für alle Bundesländer gilt: „Es braucht eine langfristige Strategie für mehr und gut ausgebildetes Fachpersonal“, so Stein. Auch die Arbeitsbedingungen müssten attraktiver werden. Dafür müssten Bund, Länder, Kommunen und Träger „Hand in Hand arbeiten“ und der Bund seine finanzielle Beteiligung dauerhaft zusichern. Tendenziell positiver wird die Situation in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein eingeschätzt. Laut Prognose könne Hamburg bis 2030 Elternbedarfe und kindgerechte Personalschlüssel erfüllen, für Niedersachsen sei es realistisch und, mit etwas mehr Anstrengungen, auch für Schleswig-Holstein.
Was die SPD plant
Die SPD ist davon überzeugt, dass es einen echten Aufbruch in der Bildung und eine gesamtstaatliche finanzielle Kraftanstrengung braucht. In einem Leitantrag „Bildung“, den sie auf ihrem Bundesparteitag im Dezember beschließen will, setzt sie als ein oberstes Ziel in der frühkindlichen Bildung, allen Kindern, bevor sie zur Schule kommen, ein frühkindliches Betreuungsangebot zu machen. Danach sollten im Idealfall alle Kinder mindestens vier Jahre vor der Einschulung eine Kita besuchen, da die frühe Förderung von Kindern in Kitas und qualifizierter Tagespflege für ihre weitere Bildungsbiografie von entscheidender Bedeutung sei, heißt es dazu im Leitantrag. Damit das gelingt, müssten laut SPD-Chefin Saskia Esken Bund, Länder und Kommunen sich zusammentun. „Kooperation darf nicht verboten sein“, sagte Esken bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung im Oktober. Für den Bildungserfolg aller Kinder brauche es eine gesamtstaatliche Verantwortung. Die SPD schlägt dafür einen „Deutschlandpakt Bildung“ vor.
Zur Finanzierung plant die SPD höhere Investitionen von Bund und Ländern, „etwa durch die Einrichtung eines Sondervermögens für Bildung, das von Bund und Ländern gemeinschaftlich aufgebaut und bewirtschaftet wird“, heißt es im Leitantrag. Konkret sollen die Länder „dazu einen Teil ihrer Mehreinnahmen aus der von uns angestrebten Reform der Erbschafts- und Schenkungssteuer einbringen, während der Bund einen Teil seiner Mehreinnahmen aus der Reform der Einkommensteuer beisteuert“.
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.