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Bundeshaushalt: Warum CDU/CSU wohl nicht noch einmal klagen werden

CDU-Chef Friedrich Merz droht mit neuen Klagen gegen den Bundeshaushalt vor dem Bundesverfassungsgericht. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass es wirklich dazu kommt, ist relativ gering, analysiert Christian Rath.

von Christian Rath · 28. November 2023
Markig, aber vage spricht CDU-Chef Merz am Dienstag im Bundestag und wird wohl nicht noch einmal gegen den Bundeshaushalt klagen.

Markig, aber vage spricht CDU-Chef Merz am Dienstag im Bundestag und wird wohl nicht noch einmal gegen den Bundeshaushalt klagen.

Am Freitag will die Ampel-Koalition einen Nachtragshaushalt für das Jahr 2023 beschließen und ihn mit einer außerordentlichen Notsituation begründen. Wird die CDU/CSU-Fraktion erneut zum Bundesverfassungsgericht gehen und auch gegen diesen Nachtragshaushalt klagen? Wohl kaum, die Chancen wären äußerst gering.

Markig, aber vage

„Wir werden Sie mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln dazu zwingen, unsere Verfassung einzuhalten", rief CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz an diesem Dienstag im Bundestag. Das war markig, aber vage. Weder kündigte Merz explizit eine Verfassungsklage an noch äußerte er konkrete verfassungsrechtliche Kritik am Nachtragshaushalt 2023.

Maßstab aller Haushalts-überlegungen ist derzeit das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November. Danach müssen Schulden stets in dem Jahr verbucht werden, in dem sie aufgenommen werden. Notlagenjahre dürfen nicht zur Verbuchung von Schulden auf Vorrat missbraucht werden. Löst eine Notlage mehrjährigen Verschuldungsbedarf aus, so muss die außerordentliche Situation in jedem Jahr neu festgestellt und begründet werden.

Nachtragshaushalt wird der Verfassung gerecht

Der geplante Nachtragshaushalt 2023 wird dem gerecht. Dass der Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 eine Energiepreiskrise ausgelöst hat, die bis ins Jahr 2023 reichte, bestreitet auch die Union nicht. Deshalb durften Ausgaben für die Energiepreisbremse auch im Jahr 2023 mit Schulden finanziert werden, die nach der strengen Schuldenbremse eigentlich nicht möglich wären.

Deutlich schwieriger ist die Frage, ob die Energiepreiskrise auch im Jahr 2024 noch ausreichend fortwirkt. Die Gaspreise sind zwar noch erhöht, aber bereits deutlich zurückgegangen.

Außerdem wollen Grüne und Teile der SPD im Jahre 2024 möglichst viele Projekte des Klima- und Transformationsfonds (KTF) über Notlagen-Schulden finanzieren. Hier könnte als Notsituation neben der Energiepreiskrise nach wie vor die Pandemie-Zeit und die dadurch verursachten Investitionsausfälle angeführt werden. Dabei müsste aber besser als vor zwei jahren begründet werden, dass die Klimaschutz-Investitionen die in der Pandemie unterlassenen Investitionen ersetzen können. Je länger die auslösende Notsituation zurückliegt, umso besser muss der Notlagen-Zusammenhang der Ausgaben belegt werden, so Karlsruhe.

Warum eine Klage zum Bumerang werden könnte

Falls die CDU/CSU-Fraktion gegen den Haushalt 2024 und eine erneute Notlagen-Erklärung klagen will, müsste sie warten bis der Haushalt und die Notlage vom Bundestag beschlossen sind. Das Bundesverfassungsgericht kann keine Gutachten vorab erstatten.

Doch selbst wenn es verfassungsrechtliche Zweifel am Haushalt 2024 geben sollte, dürfte sich die CDU/CSU zwei Mal überlegen, ob sie dagegen erneut nach Karlsruhe zieht. Denn das Bundesverfassungsgericht ist kein schnelles Gericht. Ein Urteil würde vermutlich erst dann verkündet, wenn die Union bereits wieder den Kanzler stellen will. Sie würde sich im Erfolgsfall also selbst das Leben schwer machen.

Nicht gegen die eigenen Ministerpräsidenten

Außerdem wollen mehrere CDU-regierte Bundesländer wie Schleswig-Holstein oder Sachsen-Anhalt im Jahr 2024 ebenfalls eine Notlage erklären, um entsprechend mehr Schulden aufnehmen zu können. Diese Länder wären sicher nicht glücklich, wenn ihnen die Unions-Bundestagsfraktion mit einer Klage verfassungswidriges Vorgehen attestiert.

Falls die CDU-CSU-Fraktion nicht klagt, könnte nicht einfach die AfD an ihre Stelle treten. Für eine abstrakte Normenkontrolle sind 25 Prozent der Bundestags-Abgeordneten erforderlich. Davon ist die AfD derzeit noch weit entfernt.

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