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Bremen: Welche Pläne SPD-Wahlsieger Bovenschulte nun verfolgt

Die SPD hat ihr Wahlziel erreicht und ist wieder stärkste Kraft in der Bremer Bürgerschaft geworden. Bürgermeister Andreas Bovenschulte erklärt in einer Pressekonferenz mit Parteichef Lars Klingbeil in Berlin, wie es nun weitergeht.
von Jonas Jordan · 15. Mai 2023
Ein Lächeln trotz wenig Schlaf: Wahlsieger Andreas Bovenschulte am Montag in der Berliner SPD-Zentrale mit dem obligatorischen Blumenstrauß.
Ein Lächeln trotz wenig Schlaf: Wahlsieger Andreas Bovenschulte am Montag in der Berliner SPD-Zentrale mit dem obligatorischen Blumenstrauß.

Müde, aber glücklich – so lässt sich vermutlich der Auftritt des Bremer Bürgermeisters Andreas Bovenschulte zusammenfassen, als er nach kurzer Nacht und gewonnener Wahl am Montagvormittag in der Berliner SPD-Zentrale mit Parteichef Lars Klingbeil zur Pressekonferenz kommt, um die Glückwünsche und den obligatorischen Blumenstrauß abzuholen. Mit rund 30 Prozent ist „seine“ SPD der klare Sieger der Wahl vom Sonntag und künftig wieder stärkste Kraft in der Bürgerschaft. Bovenschulte spricht am Montag

...über die inhaltlichen Herausforderungen der kommenden Jahre:

„Wir haben es geschafft, eine Position zu erreichen, in der wir die Regierungsbildung in der Hand haben. Das ist eine wichtige Sache, weil in den nächsten vier Jahren große Zukunftsherausforderungen auf Bremen und Bremerhaven warten. Das betrifft die Frage der wirtschaftlichen Entwicklung, wie weiter Arbeitsplätze geschaffen werden können und die immer noch vorhandene Arbeitslosigkeit in Bremen und Bremerhaven weiter reduziert werden kann. Da haben wir seit 2015 große Fortschritte gemacht, aber in bestimmten Stadtteilen gibt es immer noch ein großes Problem mit Arbeitslosigkeit.

Um daran grundsätzlich etwas zu ändern, wollen wir Bremen weiter auf Wachstumskurs halten. Wenn wir unsere Industrie und unsere Wirtschaft weiterentwickeln wollen, muss das gleichzeitig mit einem Umbau einhergehen, bei dem effizient CO2 gespart wird. Und das Ganze so sozial verantwortbar und abgesichert, dass es eine gesellschaftliche Legitimation dafür gibt. Wir erleben gerade an vielen Punkten, dass das die große Herausforderung ist, diese Dinge zusammenzubringen.“

...über die Bilanz der bisherigen Koalition:

„Die bisherige Koalition hat eine gute Arbeit gemacht. Sie hat das Land Bremen undaufgeregt und überdurchschnittlich gut durch die Krisen gesteuert, was den Schutz der eigenen Bevölkerung vor der Pandemie, aber auch was das wirtschaftliche Wachstum angeht. Im Gesamtzeitraum 2020-2022 hatte Bremen das höchste Wirtschaftswachstum aller Bundesländer. Und das nicht von einem niedrigen Niveau ausgehend, sondern vom zweithöchsten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf.“

...über die anstehenden Sondierungsgespräche:

„Wir haben immer gesagt, dass wir ohne feste Koalitionsaussage in den Wahlkampf gehen, weil sich die Herausforderungen immer neu stellen und geguckt werden muss, was das Bündnis ist, das die Zukunftsherausforderungen am besten angehen kann. Wir werden Sondierungsgespräche mit allen demokratischen Parteien führen. Die Bürger in Wut gehören ausdrücklich nicht dazu. Wir werden dann auf Basis dieser Gespräche feststellen, wo die inhaltlichen Überschneidungen am größten sind und welches Bündnis die Zukunftsherausforderungen am besten angehen kann. Das ist kein besonders originelles, sondern das normale Vorgehen.“

...über die Unterstützung durch die Bundespartei im Wahlkampf:

„Wir haben uns ausdrücklich sehr gut durch die Bundes-SPD unterstützt gefühlt. Sie hat sich im Bremer Wahlkampf engagiert mit ganz vielen Personen. Der Parteivorsitzende hat sich inhaltlich und musikalisch stark betätigt. Das war hilfreich und hat wieder gezeigt, dass die SPD dann am stärksten ist, wenn sie sich nicht aufspalten lässt.“

... über erfreuliche Erkenntnisse aus der Wahl:

„Wir sind über die Altersgruppen hinweg stärkste Partei geworden, auch bei Erstwählerinnen und Erstwählern. Das ist nicht selbstverständlich in sozialdemokratischen Wahlkämpfen, dass das gelingt. Wir haben auch einen deutlichen Zuwachs bei Arbeiterinnen und Arbeitern erreicht und liegen da bei 30 Prozent. Auch da hatte die SPD bei vergangenen Wahlen Mobilisierungsschwierigkeiten. Das zeigt mir, dass es gelingen kann, Innovation und Gerechtigkeit als Formel voranzustellen, die immer noch viel Strahlkraft und Potential hat.“

...über den Rücktritt von Maike Schaefer bei den Bremer Grünen:

„Ich habe mir zur Maxime gemacht, dass ich mich nicht um die Personalpolitik von Koalitionspartnern kümmere. Das ist ausschließlich Sache der jeweiligen Partei. Ich habe über die vier Jahre mit Frau Schaefer gut zusammengearbeitet. Alle anderen Dinge sind interne Sache der Grünen und haben aus meiner Sicht keine Bedeutung für die Koalitionsverhandlungen.“

...über seinen Umgang mit rechtspopulistischen Kräften wie den Bürgern in Wut:

„Man braucht drei Prinzipien: Erstens man darf nie in grundlegenden Überzeugungsfragen Zugeständnisse machen. Man macht nichts gegen eine rechtspopulistische Partei, wenn man plötzlich selbst anfängt, Menschen zu diskriminieren oder einen rassistischen Unterton in seinen politischen Forderungen zu haben. Da bin ich eisenhart aufgestellt. Das ist auch die Bremer SPD insgesamt.

Zweitens braucht man neben dieser Haltungsfrage eine ganz klare Politik in den Fragen der Sicherheit. Sicherheit ist für die allermeisten Menschen in ihrem alltäglichen Leben etwas absolut Wichtiges: Sicherheit, dass man, wenn man krank ist, einen Arzttermin kriegt, dass der Arbeitsplatz sicher ist, dass man von seiner Rente leben kann und viele, viele andere Fragen. Die Frage der Sicherheit ist ein ursozialdemokratisches Thema. Das müssen wir an jeder Stelle klar und deutlich machen, von der inneren über die soziale Sicherheit.

Das darf drittens trotzdem nicht dazu führen, dass man rückwärtsgewandt mit seiner Politik wird. Da darf man keine Abstriche machen, aber immer mit dem Vorbehalt der sozialen Verträglichkeit. Denn wir erleben, wenn das nicht gelingt. Das führt dann dazu, dass die gesellschaftliche Legitimation weg ist und wir gar keinen Fortschritt machen. Das ist das Schlimmste.“

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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