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Brandenburg: Diese fünf Lehren sollte die SPD aus dem Wahlerfolg ziehen

Der Wahlsieg bei der Landtagswahl in Brandenburg gibt der SPD nicht nur einen Anlass für Freude. Aus ihm lassen sich auch fünf Lehren ziehen, die die Sozialdemokrat*innen bei künftigen Wahlen beherzigen sollten.

von Jonas Jordan · 23. September 2024
Umjubelter Sieger: Ministerpräsident Dietmar Woidke auf der SPD-Wahlparty in Potsdam

Umjubelter Sieger: Ministerpräsident Dietmar Woidke auf der SPD-Wahlparty in Potsdam

Jubel, Freude und Erleichterung waren am Sonntagabend groß bei der SPD in Potsdam, im gesamten Land Brandenburg und darüber hinaus – die Partei hat die Landtagswahl klar gewonnen, Spitzenkandidat Dietmar Woidke kann Ministerpräsident bleiben. Doch das Ergebnis enthält auch Lehren für die SPD über Brandenburg hinaus.

1.  Eine höhere Wahlbeteiligung hilft der SPD

Die Wahlbeteiligung stieg um 11,5 Prozentpunkte auf 72,9 Prozent – ein Rekordwert in der Geschichte des Landes Brandenburg. Zum Vergleich: Noch bei der Wahl vor zehn Jahren gaben nur 47,9 Prozent der Brandenburger*innen ihre Stimme ab – der bislang tiefsten Wert. Der deutliche Anstieg bei der aktuellen Wahl zahlte sich auch für die SPD aus. Denn im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren gewann die Partei 132.440 Zweitstimmen dazu, den größten Anteil daran hatten vorherige Nichtwähler*innen. 54.000 gingen diesmal zur Wahl und gaben ihre Stimme der SPD. 

2. Schlussmobilisierung zahlt sich aus

„Wir haben eine Aufholjagd hingelegt, wie es sie in der Geschichte des Landes noch nie gegeben hat“, sagte Wahlsieger Woidke am Sonntagabend mit hörbarem Stolz. Ein Blick auf die Zahlen unterstreicht das. Noch im Juli lag die SPD in einer Umfrage von Infratest dimap mit 19 Prozent gleichauf mit der CDU und deutlich hinter der AfD. Mitte September, zehn Tage vor der Wahl, waren es beim selben Umfrageinstitut schon 26 Prozent, zehn Prozentpunkte Vorsprung auf die Union, aber immer noch einen Prozentpunkt Rückstand auf die AfD. Diesen drehte die Sozialdemokratie erst in den Tagen vor der Wahl und konnte auf die gestiegenen Umfragewerten noch einmal knapp fünf Prozentpunkte draufpacken, macht unter dem Strich also ein Plus von fast zwölf Prozentpunkten innerhalb von nur zwei Monaten.

3. SPD kann auch noch zulegen

Wie viele Lieder wurden schon vom Untergang der Sozialdemokratie gesungen? Und doch zeigt der Wahlausgang in Brandenburg wieder einmal deutlich: Die SPD kann nicht nur Wahlen gewinnen, sondern mit beliebten Regierungschef*innen sogar Stimmen dazugewinnen. Das Ergebnis von 30,9 Prozent bedeutete ein Plus von fast fünf Prozentpunkten im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren. Gleichzeitig blieb Dietmar Woidke, der das Land seit elf Jahren regiert, unter ungleich schwierigeren Bedingungen nur knapp hinter seinem bisherigen Rekordergebnis bei der Landtagswahl 2014 mit 31,9 Prozent. 

Auch in Bremen hatte Andreas Bovenschulte bei der Bürgerschaftswahl 2023 das vorherige Wahlergebnis der SPD um 4,9 Prozentpunkte gesteigert. Noch deutlicher fiel das Plus von Manuela Schwesig bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern 2021 aus. Damals legte die SPD um neun Prozentpunkte zu.

4. Frauen wählen SPD

Bemerkenswerte Ergebnisse liefern die Wahlanalysen auch mit Blick auf die Geschlechterverteilung. So lag die SPD bei Frauen noch deutlicher vorn als im Gesamtergebnis. 33 Prozent der Frauen wählten die SPD, nur 24 Prozent die AfD. Das spiegelte sich auch in den Wahlkreisen wieder. Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke konnte im Wahlkreis Ostprignitz-Ruppin I ihr Erststimmenergebnis um elf Prozentpunkte verbessern und ihr Direktmandat verteidigen, übrigens auch gegen CDU-Spitzenkandidat Jan Redmann, der nicht einmal halb so viele Stimmen holte. 

Ähnlich erging es der beliebten Wissenschaftsministerin Manja Schüle, die sich im Wahlkreis Potsdam I mit 34,4 Prozent klar das Direktmandat sicherte und damit auch die letzten Hoffnungen der Grünen auf einen Wiedereinzug in den Landtag zunichte machte. Deren Kandidatin Marie Schäffer, die mit erheblichem finanziellen Aufwand von der Kampagnenorganisation „Campact“ unterstützt worden war, kam nur auf 26,5 Prozent.

5. Bei Alten gewonnen, bei Jungen aufgeholt

Ein Grund für das starke Abschneiden der SPD war sicherlich das Wahlergebnis bei den Wähler*innen über 70 Jahren. In dieser Altersgruppe lag die Sozialdemokratie bei bemerkenswerten 49 Prozent Zustimmung. Weit abgeschlagen dahinter landeten AfD (17), BSW (16) und CDU (12). Bei den 16- bis 24-Jährigen zeigt sich ein umgekehrtes Bild. Hier lag die SPD mit 19 Prozent deutlich hinter der AfD mit 31 Prozent. Allerdings hat die Sozialdemokratie auch in dieser Altersgruppe deutlich aufgeholt und sieben Prozentpunkte dazugewonnen, bei Frauen zwischen 16 und 24 Jahren sogar zehn Prozentpunkte. 

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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2 Kommentare

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Mo., 23.09.2024 - 15:28

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"Ein Grund für das starke Abschneiden der SPD war sicherlich das Wahlergebnis bei den Wähler*innen über 70 Jahren. In dieser Altersgruppe lag die Sozialdemokratie bei bemerkenswerten 49 Prozent Zustimmung"

Die SPD geht jetzt den Weg der Linkspartei/PDS. Nur noch die alten Kader lassen sich von den ewig gleichen, hohlen Phrasen beeindrucken. Doch dieses Wählerklientel wird nach und nach immer weniger werden. Die Jugend hingegen hat bereits erkannt wohin der Weg führen wird und das sie am Ende diejenigen seien werden, die die Rechnung für die desaströsen Ampelpolitik zahlen müssen. Die Zeit arbeitet für den Fortschritt.

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Di., 24.09.2024 - 08:12

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Man spricht im Zusammenhang mit dem Wirtschaftswachstum in Brandenburg auch vom Teslaeffekt, aber der hat nicht nur positive Seiten. Neben den, hoffentlich auszubügelnden, Sünden bei Umwelt-, Natur- und insbesondere Wasserschutz bei dieser Kapitalverwertungfabrik fehlt schlicht und einfach immer noch ein TARIFVERTRAG ! Was die zukünftige Landesregierung in dieser Sache, zusammen mit dem DGB, machen kann muss rechtlich geprüft und umgesetzt werden. So macht man sozialdemokratische Handschrift !!!!