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Mindestlohnerhöhung: Warum Gewerkschaften 12,41 Euro zu wenig sind

Ab Januar 2024 soll der gesetzliche Mindestlohn auf 12,41 Euro angehoben werden, im Jahr darauf aus 12,82 Euro. Das verkündete die Mindestlohnkommission am Montag. Gewerkschaften und Sozialverbände protestieren.
von Vera Rosigkeit · 26. Juni 2023
In Deutschland gilt noch bis Dezember ein Mindestlohn von 12 Euro. Ab Januar steigt er auf 12,41 Euro
In Deutschland gilt noch bis Dezember ein Mindestlohn von 12 Euro. Ab Januar steigt er auf 12,41 Euro

Für rund 5,8 Millionen Mindestlohnbeschäftigte wird der Lohn ab dem 1. Januar 2024 von heute 12 auf künftig 12,41 Euro steigen. Im Jahr darauf, am 1. Januar 2025, erfolgt eine weitere Erhöhung auf 12,82 Euro. 

3,5 Prozent mehr Lohn

Die Anhebung, die einem prozentualen Anstieg von 3,4 Prozent im ersten und von 3,3 Prozent im zweiten Jahr entspricht, wurde am Montag von der Mindestlohnkommission verkündet. Im Anschluss daran gab Bundesarbeitsminister Hubertus Heil bekannt, dass die Bundesregierung der Empfehlung folgen werde und den Beschluss umsetzen wolle. In einer Pressekonferenz in Berlin verwies der Minister auf das Mindestlohngesetz. Gleichzeitig erklärte er, dass er wisse, dass sich Gewerkschaften und Vertreter*innen der Arbeitnehmer*innen einen deutlich höheren Mindestlohn gewünscht hätten. Heil selbst ging noch im Frühjahr aufgrund der hohen Inflation und der Tariferhöhungen von einer deutlichen Steigerung der Lohnuntergrenze aus.

Die Kommission hat nun anders entschieden und entgegen den Empfehlungen der Vetreter*innen von Arbeitnehmer*innen und Gewerkschaften. Diese sprechen von einem „absolut nicht zufriedenstellenden Beschluss“. Laut DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell erleiden Mindestlohnbeschäftigte damit einen „enormen Reallohnverlust“. Die Gewerkschaften hatten einen Anstieg auf mindestens 13,50 Euro gefordert, um einen Mindestschutz „sowie einen Ausgleich der Inflation zu erreichen“, so Körzell. „Das kommt einer Missachtung des Gesetzgebers gleich“, betonte er mit Verweis auf die Entscheidung der Bundesregierung, die im vergangenen Jahr ausnahmsweise per Gesetz den Mindestlohn von 10,45 Euro auf 12 Euro zum 1. Oktober 2022 erhöht  hatte. Sie setzte damit ein zentrales Wahlversprechen der SPD aus dem vergangenen Bundestagswahlkampf um.

Sozialverbände und Gewerkschaften protestieren

Auch Sozialverbände äußerten sich am Montag enttäuscht. Für Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, ist die Erhöhung angesichts der Inflation „ein schlechter Scherz“. Danach hätte es 14 Euro gebraucht, um Menschen, die zu den untersten Einkommensgruppen gehören, spürbar zu entlasten. „Und erst damit hätten sie sich eine Rente erwirtschaften können, die über der Grundsicherung liegt“, erklärte sie. 

Die stellvertretende SPD-Fraktionvorsitzende Dagmar Schmidt begrüßte den Anstieg des Mindestlohns. Sie betonte jedoch, dass der Mindestlohn immer nur eine Anstandsuntergrenze sein kann. „Unser Ziel sind flächendeckende Tariflöhne, die dafür sorgen, dass sich niemand trotz Arbeit vor Armut fürchten muss. Dies wird auch die Rente nachhaltig stärken und absichern“, sagte sie.

Die Mindestlohnkommission setzt sich insgesamt aus neun Mitgliedern zusammen. Jeweils drei Mitglieder vertreten Arbeitnehmer*innen auf der einen und Arbeitgeber*innen auf der anderen Seite. Hinzu kommt eine Vorsitzende, die bei dieser Entscheidung den Ausschlag gab, denn die zwei beratenden Wissenschaftler sind nicht stimmberechtigt.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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