Soziale Politik

6+6+6-Modell: Wie die SPD das Elterngeld verändern will

Erst Corona, dann die steigenden Preise: Familien waren in den vergangenen Monaten besonders gefordert und sind es bis heute. Die SPD macht deshalb Vorschläge, für konkrete Entlastungen – und eine Reform des Elterngeldes.
von Kai Doering · 26. Juni 2023
Gemeinsame Zeit: Die SPD möchte mehr Anreize für Väter setzen, Elterngeld in Anspruch zu nehmen.
Gemeinsame Zeit: Die SPD möchte mehr Anreize für Väter setzen, Elterngeld in Anspruch zu nehmen.

Als zum 1. Januar 2007 das Elterngeld eingeführt wurde, war das Ziel klar: Vor allem Frauen sollten dabei unterstützt werden, nach der Geburt ihres Kindes wieder ins Arbeitsleben zurückzukehren. 15 Jahre später fällt die Bilanz positiv aus. „Das Elterngeld fungiert als Lohnersatzleistung zugunsten eines finanziellen ‚Schonraums‘ für die Familie im ersten Lebensjahr und ermöglicht die wirtschaftliche Selbstständigkeit beider Elternteile“, heißt es in einer aktuellen Analyse der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

Stärkere Anreize für Väter setzen

Der SPD reicht das aber nicht aus. In einem neuen Papier fordert das „Forum Kinder und Familie“ unter der Leitung von SPD-Chefin Saskia Esken und Stellvertreterin Serpil Midyatli, das Elterngeld weiterzuentwickeln. „Um noch stärkere Anreize für Väter zu setzen, deren Verhandlungsposition am Arbeitsplatz zu stärken und Familien in der frühen Phase besser zu unterstützen, ohne ihnen Wahlmöglichkeiten zu nehmen, streben wir ein 6+6+6-Modell und eine Dynamisierung des Elterngeldes, des Mindest- und Höchstbetrags, an“, heißt es in dem Papier. Jeder Elternteil soll demnach Anspruch auf sechs „nicht übertragbare Monate Elterngeld“ haben. Die restlichen sechs Monate können frei zwischen den Partner*innen aufgeteilt werden.

In den frei verteilbaren Monaten soll der Betrag des Elterngelds auf 80 Prozent des entgangenen Nettoeinkommens erhöht werden, wenn sie zu gleichen Teilen von beiden Elternteilen in Anspruch genommen werden. Zurzeit beträgt das Elterngeld je nach Einkommen zwischen 65 Prozent und 100 Prozent des Voreinkommens, höchstens jedoch 1800 Euro. Auch sollen beide Elternteile künftig nur für maximal drei Monate gemeinsam Elterngeld in Anspruch nehmen können, „da mit der alleinigen Übernahme familiärer Verantwortung über einen nennenswerten Zeitraum langfristig eher mit einer fairen Verteilung von Sorgearbeit zu rechnen ist“.

Verlässliche Kitas und Schulen

„Wir wollen als Politik Anreize schaffen“, sagte SPD-Vize Serpil Midyatli bei der Vorstellung des Papiers am Montag im Willy-Brandt-Haus. Als eines der größten Probleme für Familien haben sie und die SPD fehlende Zeit ausgemacht. „Man hat immer das Gefühl, es ist zu wenig“, sagte Midyatli, die selbst Mutter zweier Söhne ist. „Das liegt aber nicht an den Familien, sondern an den Strukturen.“ Deshalb sei es wichtig, dass Kitas und Schulen verlässlich geöffnet seien. Das sei nicht zuletzt eine wichtige Grundlage dafür, dass Mütter erwerbstätig sein könnten.

„Würden die aktuell 2,5 Millionen Mütter in Teilzeit ihre (bezahlte) Arbeitszeit um nur eine Stunde pro Woche steigern, entspräche das einem Arbeitsvolumen von 70.000 Vollzeiterwerbstätigen“, rechnet die SPD in ihrem Papier vor. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ein Gewinn für die gesamte Gesellschaft. „Für Erwerbstätige ist es von existenzieller Bedeutung, ob Schulen und Kitas verlässlich funktionieren“, sagte deshalb auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken.

Eine auskömmliche Kindergrundsicherung

Weitere Vorschläge des Papiers sind u.a. ein „Gutscheinmodell für haushaltsnahe Dienstleistungen“, womit sowohl Familien entlastet als auch Schwarzarbeit bekämpft werden soll, die Einführung einer Familienarbeits- sowie einer Familienpflegezeit und die Gebührenfreiheit von Kitas. Zur Kindergrundsicherung, deren Eckpunkte zurzeit innerhalb der Bundesregierung diskutiert werden, fordert die SPD, dass die Höhe das „abbildet, was ein Kind braucht“. Zudem müsse sie wirklich dem Kind zugute kommen. „Es darf nicht sein, dass Leistungen, die dem Kind zustehen, in einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Bedarf der Erwachsenen verrechnet und von deren SGBII-Leistungen abgezogen werden.“

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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