Soziale Politik

SPD: „Ziel ist, dass die Kindergrundsicherung 2025 in Kraft tritt.“

Die Kindergrundsicherung wird kommen. Da ist sich die zuständige Berichterstatterin der SPD-Fraktion Sarah Lahrkamp sicher. Wo es noch hakt und warum es nicht nur ums Geld sagt, sagt sie im Interview.
von Kai Doering · 19. Juni 2023
Kindergrundsicherung: Unser Ziel muss sein, dass sie Kinderarmut in Deutschland in der Praxis wirksam bekämpft, sagt die SPD-Abgeordnete Sarah Lahrkamp.
Kindergrundsicherung: Unser Ziel muss sein, dass sie Kinderarmut in Deutschland in der Praxis wirksam bekämpft, sagt die SPD-Abgeordnete Sarah Lahrkamp.

Die Bundesregierung möchte in diesem Jahr die Kindergrundsicherung auf den Weg bringen. So richtig scheint es aber nicht voranzugehen. Wie ist der aktuelle Stand?

Die Kindergrundsicherung wurde im Koalitionsvertrag vereinbart und wird auch kommen. Entscheidend ist natürlich die Frage der Umsetzung. Die ist nicht ganz einfach, weil das Gesetz in sehr viele Bereiche hineinspielt. Insgesamt arbeiten sechs Ministerien an dem Gesetzentwurf mit unter Federführung des Familienministeriums. Anfang des Jahrs hat Familienministerin Lisa Paus Eckpunkte für die Kindergrundsicherung vorgelegt, die aber noch nicht mit allen Ministerien abgestimmt waren. Sie müssen sich nun auf gemeinsame Eckpunkte verständigen. Das soll noch vor der Sommerpause des Bundestags passieren. Der Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung soll noch in diesem Jahr vorgelegt werden, sodass der Bundestag darüber beraten und Änderungen vornehmen kann. Ziel ist, dass die Kindergrundsicherung 2025 in Kraft tritt.

Ende Mai haben sich Sozial- und Wohlfahrtsverbände an Arbeitsminister Hubertus Heil gewandt und gefordert, er müsse eine Neudefinition des Existenzminimums für Kinder vorlegen, ohne die die Kindergrundsicherung nicht eingeführt werden könne. Stimmt das?

Ich glaube nicht, dass es an dieser Frage am meisten hakt. Es gibt in ganz vielen Bereichen noch einiges zu tun. Das Existenzminimum für Kinder ist ein Teil davon. Offene Fragen gibt es aber auch zum Beispiel beim Datenschutz oder bei der Schaffung von Schnittstellen zwischen den zuständigen Stellen, die die Kindergrundsicherung einmal ausbezahlen sollen. Bei der Neuberechnung des Existenzminimums kommt es darauf an zu schauen, was Kinder und Jugendliche brauchen, um gut aufzuwachsen. Was brauchen sie, um Chancengerechtigkeit zu bekommen, etwa in der Schule, aber auch in der Freizeit, um soziale Teilhabe zu bekommen, im Sportverein oder beim Musikunterricht. Da müssen wir noch einiges in Erfahrung bringen, am besten mit der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen selbst.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus veranschlagt zwölf Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung. Ist diese Summe realistisch?

Dass Armutsbekämpfung Geld kostet, sollte jedem klar sein. Ohne konkretere Punkte zu kennen, ist die genannte Summe aber schwer zu bewerten. Für mich ist deshalb wichtig, dass wir ein vernünftiges und abgestimmtes Konzept haben, das wirksam Kinderarmut bekämpft. Auf dieser Grundlage kann man dann auch über Geldsummen sprechen. Entscheidend ist, dass das Geld auch bei den Kindern ankommt, die es am meisten brauchen. Das steht für mich im Vordergrund.

Das Kindergeld wurde bereits erhöht, ebenso der Kinderzuschlag. Damit ist die Frage der finanziellen Unterstützung von Kindern und Jugendlichen aber noch nicht erledigt, oder?

Nein. Diese Erhöhungen waren als Sofortmaßnahmen wichtig, denn Familien leiden unter den gestiegenen Preisen besonders. Wir haben uns für diesen ersten Entlastungsschritt entschieden, weil wir die Kindergrundsicherung natürlich nicht von heute auf morgen einführen können.

Trotzdem hat die Kinderarmut zuletzt zugenommen und sogar einen neuen Höchststand erreicht. Woran liegt das?

Familien stehen vor so großen Herausforderungen wie lange nicht. Erst der wirtschaftliche Einbruch in der Corona-Pandemie, dann die drastisch gestiegenen Preise im Zuge des Kriegs in der Ukraine. Es gibt aber auch ein administratives Problem: Wir haben eine Vielzahl an Förderungen für Familien, aber sie sind entweder nur sehr kompliziert zu beantragen oder die Menschen wissen erst gar nicht, dass sie ihnen zustehen. Auch das wollen wir mit der Kindergrundsicherung ändern, indem wir familienpolitische Leistungen bündeln und sie viel leichter zugänglich machen.

Es geht also nicht nur ums Geld.

Nein, auf keinen Fall. Das ist nur eine Säule der Kindergrundsicherung. Es geht auch darum, Leistungen für Kinder und Jugendliche leichter zugänglich zu machen und als drittes, Infrastruktur so auszubauen, dass Kinder und Jugendliche viel mehr davon profitieren. Eltern sollen möglichst automatisch das bekommen, was sie brauchen, um ihre Kinder gut zu versorgen.

Der Kinderschutzbund befürchtet, dass es am Ende eine Kindergrundsicherung geben könnte, die zwar so heißt, den Namen aber eigentlich nicht verdient. Sehen Sie die Gefahr auch?

Das darf unter keinen Umständen passieren! Die SPD-Fraktion steht dafür ein, dass wir eine Kindergrundsicherung bekommen, die diesen Namen verdient. Aber der Weg dahin ist komplex und wir werden vieles umbauen müssen, damit die Kindergrundsicherung auch funktioniert. Unser Ziel muss sein, dass sie Kinderarmut in Deutschland in der Praxis wirksam bekämpft.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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