Parteileben

Olaf Scholz bei SPD-Wahlsiegkonferenz: „Wenn wir kämpfen, werden wir siegen“

85 Tage vor der Bundestagswahl läutet die SPD den Wahlkampf ein. In seiner Rede bei der „Wahlsiegkonferenz“ im Willy-Brandt-Haus betonte Bundeskanzler Olaf Scholz die Bedeutung von Besonnenheit und Teamgeist in schwierigen Zeiten – und was die SPD für ihn bedeutet.

von Finn Lyko · 30. November 2024
Am 30.11. lud die SPD-Parteispitze zur "Wahlsiegkonferenz".

Am 30.11. lud die SPD-Parteispitze zur "Wahlsiegkonferenz".

An diesem Samstagvormittag ist das Willy-Brandt-Haus gut gefüllt: Die SPD lädt zur „Wahlsiegkonferenz“. Diverse Medienvertreter*innen tummeln sich mit SPD-Abgeordneten, Wahlkämpfer*innen und der Parteispitze. Manche tragen rot-weiße Schals in Fußball-Optik. „Soziale Politik für Dich“ steht darauf. Auf dem Programm für den Tag ist vom Ziel der „Titelverteidigung“ die Rede. Das Team SPD hat sich aufgestellt, und schwört sich am Mittelkreis auf den Wahlkampf ein, um im Fußall-Bild zu bleiben.

Lars Klingbeil: „Heute beginnt die Aufholjagd“

„Man merkt, die Sozialdemokratie steht zusammen“, bemerkt der Parteivorsitzende Lars Klingbeil den Teamgeist direkt zu Beginn, und schwört die Genoss*innen ein: „Hört nicht auf die Umfragen, hört nicht auf die Artikel, die jetzt geschrieben wurden“. Auch 2021 hätten zunächst nur wenige an die Sozialdemokrat*innen geglaubt, doch „dann haben wir losgelegt“, so Klingbeil. Das müsse jetzt auch passieren. „Heute beginnt die Aufholjagd“, verkündet er unter viel Applaus ein.

Wahlsiegkonferenz im Willy-Brand-Haus
Foto: Dirk Bleicker | vorwärts

Nun müssen die Genoss*innen in die Auseinandersetzung gehen, so Klingbeil. Als Hauptgegner hat er dabei die Union ausgemacht. Den CDU-Parteivorsitzenden Friedrich Merz warnt Klingbeil dabei mit Blick auf die Blockade von Gesetzesvorhaben im Bundestag wie der Kindergelderhöhung: „Man macht keinen Wahlkampf auf dem Rücken der Beschäftigten!“ Die SPD kämpfe für die „arbeitende Mitte“, wolle Arbeitsplätze sichern und für Steuererleichterungen sorgen.

Bundestagswahl als Richtungsentscheidung

„Bei dieser Wahl geht es ums Ganze“, schwört auch die Parteivorsitzende Saskia Esken die Genoss*innen im Willy-Brandt-Haus ein. Ein Kanzler Merz bedeutet für sie einen Rückschritt in die Zeit von Ex-CDU-Kanzler Helmut Kohl – „Wir wollen lieber mehr Demokratie wagen“, betont sie in Anlehnung an den ersten SPD-Kanzler Willy Brandt.

Dazu gehöre auch, dass es in den aktuellen Krisenzeiten allen Menschen gut gehe – nicht nur der wohlhabenden Oberschicht. „Die Alltagssorgen der Menschen müssen wieder mehr Konjunktur bekommen“, fordert Esken. Es sei nun an der SPD, mit solchen Themen wie bezahlbaren Mieten, sicheren Kita-Plätzen oder stabilen Renten „in die Vorhand zu kommen“ – in Anbetracht der Stimmung im Raum sei sie da jedoch zuversichtlich. Eskens Rede wurde mehrfach von Applaus unterbrochen.

Scholz: Verantwortungsbewusstsein in „ernsten Zeiten“

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz sieht in der bevorstehenden Wahl eine Richtungsentscheidung. Ein „falsches Abbiegen“ könne schwerwiegende Folgen haben, betont er. Denn: „Die Zeiten sind ernst.“ Deutschland brauche nun mehr denn je eine verantwortungsbewusste Politik und „Politiker, denen es um die Sache geht“. Die Sicherheit, der Zusammenhalt, der Wohlstand und die Arbeitsplätze der Menschen des Landes stünden auf dem Spiel, und da brauche es keine „Zocker“, so der Kanzler. Ein vorsätzlich geplanter Koalitionsbruch, wie ihn die FDP zuletzt herbeigeführt hatte, dürfe in Deutschland nie wieder passieren, stellt Olaf Scholz klar. 

Er hingegen wolle die derzeitigen Krisen weiter angehen, erklärt Scholz. Um sicherzustellen, dass niemand „unter die Räder“ der Krisen komme, und damit Deutschland „stark und widerstandsfähig“ bleibe, müsse nun „massiv“ investiert werden: So zum Beispiel in die Wirtschaft des Landes und eine nachhaltigere Industrie und Infrastruktur, denn nur so könnten Arbeitsplätze gesichert und die Modernisierung der Mobilität vorangetrieben werden.

Mehr Investitionen mit „Deutschlandfonds“ ermöglichen

Mit „Investitionen nach aktueller Kassenlage“ sei das jedoch nicht umzusetzen, so der Bundeskanzler. Er wolle daher einen „Deutschlandfonds“ über 100 Milliarden Euro einrichten, der anteilig aus öffentlichen Mitteln und privatem Kapital bestehen solle. So sei zunächst keine Reform der Schuldenbremse nötig, die dringenden Investitionen in die öffentliche Infrastruktur des Landes können aber dennoch getätigt werden, erklärt Scholz, und das Land könne „auf Vordermann“ gebracht werden.

Olaf Scholz bei der Wahlsiegkonferenz im Willy-Brand-Haus
Foto: Dirk Bleicker | vorwärts

Doch zu einem starken Standort gehören auch gute Arbeitsbedingungen, sagte Olaf Scholz. Gerade in Zeiten von Inflation, die das Leben der Menschen teurer mache, sei das ein Kernelement, wenn es darum gehe, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Die SPD setze sich daher weiter für eine stärkere Tarifbindung ein, und fordere ab 2026 einen Mindestlohn in Höhe von 15 Euro. Doch: „Das gelingt nur, wenn der Bundeskanzler ein Sozialdemokrat ist“, betont Scholz.

Außerdem wolle er „die oberen ein Prozent“ stärker in die Pflicht nehmen – im Gegensatz zur Union, erklärte der Bundeskanzler. Während Friedrich Merz Politik für die Besserverdienenden mache, sei die SPD die „Stimme der Fleißigen und Anständigen“, die hart arbeiten. Denn genau diese Menschen „haben keine Durchhalteparolen verdient, sondern Respekt“, fordert Scholz.

SPD als Partei gegen Spaltung

Soziale Kürzungen werde es nicht mit der SPD geben, betont der Bundeskanzler. Denn diese gefährdeten auch den sozialen Zusammenhalt. „Dieses Entweder-Oder ist gefährlich“, mahnt Scholz. Denn das sei es, was die Bürger*innen in populistische Lager treibe. Im Gegensatz zur Union, die oft in „Entweder-Oder“ denke, stehe die SPD „für ein Und, das verbindet“, erklärte der Kanzler. Gleichzeitig in Wirtschaft, Sicherheit, Verteidigung und Soziales zu investieren – „das geht in anderen Ländern, und das geht auch bei uns in Deutschland“, so Scholz.

Daher stehe für die SPD fest: „Eine Modernisierung der Schuldenbremse muss kommen“. Damit sei keine Abschaffung gemeint, sagt Olaf Scholz, jedoch eine „kluge Reform“ mit einem klaren Fokus auf Modernisierung.

Kein „Russisch Roulette“ mit der Sicherheit Deutschlands

Auch in der Unterstützung der Ukraine positioniert sich Scholz in seiner Rede. „Seit fast drei Jahren eskaliert Putin jeden Tag“, betont er. Deutschland stehe klar hinter der Ukraine, doch das Thema wühle die Menschen nach wie vor auf und viele hätten Angst.

YouTube wurde aufgrund Ihrer Cookie-Einstellungen blockiert.
Zum Anzeigen des Inhalts müssen Sie die Marketing-Cookies akzeptieren .

Die oft geäußerte Kritik, dass er bei seiner Unterstützung der Ukraine zu zögerlich sei, wies Scholz klar zurück. Der Amtseid eines Bundeskanzlers bedeute auch eine klare Verantwortung, das eigene Land möglichst keiner Gefahr auszusetzen, erklärte Olaf Scholz. „Mit der Sicherheit Deutschlands spielt man nicht russisch Roulette“, so der Kanzler. Er mahnte zur Besonnenheit: „Je mehr Putin den Krieg anfacht, umso kühler muss unser Kopf sein“, sagte Scholz. Die Bürger*innen könnten sich weiterhin darauf verlassen, dass er diesen kühlen Kopf weiter bewahren werde.

Zum Schluss seiner Rede kam Scholz auf sein Verhältnis zur SPD zu sprechen. Im kommenden Jahr begehe er seine 50-jährige Mitgliedschaft – „unsere Partei ist mir eine Heimat“, sagte er. Unter großem Applaus beendete er seine Rede: „Wenn wir kämpfen, werden wir siegen – Freundschaft!“.

Weitere interessante Rubriken entdecken

2 Kommentare

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am So., 01.12.2024 - 12:21

Permalink

wie "die SPD" wegen Wahlkampf wieder sozialdemokratisch agiert, aber das kauft uns keiner mehr ab !!!

Und dann kommt wieder "die Ukraine". Wieviel Ukrainer (und ebenso Russen) sollen denn noch sterben, verwundet werden, ihr Hab und Gut verlieren damit "der Westen" vermeintlich Recht behält ?