SPE-Kongress in Spanien: Hoffnung schöpfen für Europa
Maurice Weiss/ostkreuz
Viele schauen mit Sorge auf die Europawahl im kommenden Jahr und fürchten durch das Anwachsen der Rechtsextremen und Rechtspopulist*innen auf unserem Kontinent – einen spürbaren Rechtsruck in der Europäischen Union (EU). Wer aber den Kongress der Europäischen Sozialdemokraten und Sozialisten (SPE) in Málaga verfolgt hat, kann Hoffnung schöpfen: Die SPE wappnet sich für den Kampf um die Zukunft Europas, und sie ist gut aufgestellt.
Gegenmodell zur Politik der Rechten
Die Beschlüsse von Málaga sind das Gegenmodell zu der rückwärtsgewandten Politik der Konservativen und Rechtsradikalen. Und selbst dort, wo die verschiedenen Parteien aufgrund ihrer nationalstaatlichen Bedingungen unterschiedliche Herangehens- und Sichtweisen auf die Dinge haben, findet die sozialdemokratische Parteienfamilie eine gemeinsame Stimme. Bestes Beispiel dafür ist die Haltung zum Krieg im Nahen Osten. Wie sagte der SPE-Vorsitzende Stefan Löfven: „Wir sind für Israel und Palästina. Wir stellen uns nicht auf die eine oder andere Seite. Wir stehen auf der Seite der Werte.“
Dieser Kongress hat einmal mehr klar gemacht, dass europäische Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Sinne und im Interesse der Menschen in Europa Politik gestalten wollen. Sie haben nicht vergessen, dass der Wohlstand in den einzelnen Ländern der EU nur durch und mit der Union möglich ist. Das ist die Basis ihres Handelns: Die Europäische Union ist die Grundlage dafür, nicht die Rückkehr zu mehr Nationalismus, der nicht nur die Extremen auf der politischen Rechten frönen.
Politik aus der Mitte der Gesellschaft
Die in Málaga einstimmig beschlossene Resolution der SPE, die Grundlage für das Wahlprogramm zur Europawahl 2024 sein wird, ist auf Basis eines Austausches mit zahlreichen Organisationen aus der Zivilbevölkerung entstanden. So sieht keine Politik aus, die über die Köpfe der Menschen hinweggeht. Das ist eine Politik, die aus der Mitte der Gesellschaft kommt, die auf die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger hört und daraus ihre notwendigen Schlüsse für die Gestaltung einer guten und menschenfreundlichen Zukunft zieht.
Ganz anders die Rechtsextremen und -populist*innen, die Ängste schüren, indem sie sie die Sorgen der Menschen für ihre Zwecke instrumentalisieren. Die klassischen Konservativen setzen dem in ganz Europa wenig entgegen: Der Vorsitzende der EVP, der Deutsche Manfred Weber, antichambriert deutlich über das notwendige Maß hinaus die neofaschistische Ministerpräsidentin Italiens, Giorgia Meloni. Und auf nationaler Ebene wächst der Hang der klassischen Konservativen zu einer Zusammenarbeit mit Rechtsextremen oder Rechtspopulist*innen aus machtpolitischem Kalkül heraus spürbar. Österreich ist dafür eines der ersten, aber nicht das einzige Beispiel.
Costa zeigt, wie politische Hygiene geht
Wohin das führen kann, hat die Alpenrepublik auch hinlänglich deutlich gemacht: Es sei nur erinnert an die Korruptionsskandale der konservativ-rechtspopulistischen Regierung Kurz und ihrer Politiker*innen, die weiter auf ihren Stühlen klebten, statt zurückzutreten. Der portugiesische Ministerpräsident und Sozialist Antonio Costa, der nach seinem Rücktritt in der vorigen Woche in Málaga nicht mehr dabei war, hat da ein anderes, nämlich demokratisches Verständnis von politischer Hygiene an den Tag gelegt, nachdem der Verdacht aufkam, dass enge Vertraute von ihm in einen Korruptionsskandal verwickelt seien.
Dass rechtsextreme Regierungen im Übrigen das Leben der Bürgerinnen und Bürger nicht besser machen, zeigt sehr eindrucksvoll Italien. Dort hat Meloni nicht nur die Sozialhilfe für Bedürftige massive gekürzt, sie hat es ihnen auch ganz simpel per SMS mitgeteilt. Deutlich menschenverachtender kann man eine solche Entscheidung kaum kommunizieren.
All dies im Blick ist das Signal von Málaga eindeutig: Es ist noch nicht zu spät, Rechtsextreme und Konservative, die mit ihnen aus Machtgier anbändeln, in Europa auszubremsen. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez hat dies bei der Parlamentswahl im Juli eindrucksvoll gezeigt. Das Signal von Málaga ist aber auch: Wir müssen alle mitmachen und uns engagieren. Die Spanierinnen und Spanier, die auf dem Kongress ihrem Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten zujubelten, haben das deutlich gemacht: Ihr (Wahl)-Kampf hat sich gelohnt. So sollte es auch am 9. Juni 2024 sein.
ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.