Wahlbeteiligung: So nutzten die Menschen in den EU-Ländern ihre Stimme
Europawahl ist Nebenwahl – diese Haltung haben weiterhin viele Menschen in der EU. Doch es überrascht, wo die meisten und wo die wenigsten Wahlberechtigten wahlmüde waren.
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In Deutschland lag die Wahlbeteiligung bei fast 65 Prozent.
Wählen ist ein Grundpfeiler der Demokratie. Im Umkehrschluss bedeutet das: Wer nicht wählt, verschenkt die Chance, über die Zukunft der Gesellschaft abzustimmen und gibt seine Stimme automatisch an die Mehrheit. Deswegen warb das EU-Parlament vor der Europawahl mit dem Slogan: „Nutze deine Stimme. Sonst entscheiden andere für dich.“
Trotzdem erscheinen die Europawahlen vielen Europäer*innen als unbedeutend. 2014 stimmten mit EU-weit 42,6 Prozent der Stimmberechtigten so wenige Wähler*innen ab wie nie. Am vergangenen Wochenende waren rund 350 Millionen EU-Bürger*innen aufgerufen. Die meisten von ihnen, rund 65 Millionen, kamen aus Deutschland, gefolgt von Frankreich mit 50,6 Millionen und Italien mit 47,3 Millionen Wahlberechtigten. Im Schnitt nutzte in der EU mit 51 Prozent rund jede oder jeder Zweite seine Stimme.
Höchstwert in Deutschland, Tiefpunkt in Italien
Die meisten Stimmen kamen aus Deutschland. Mit 64,8 Prozent der Wahlberechtigten wurde hierzulande ein Höchstwert seit der deutschen Einheit erreicht. Bei der ersten gesamtdeutschen Europawahl 1994 stimmten genau 60 Prozent der wahlberechtigten Deutschen ab, später ging die Wahlbeteiligung dann auf 40 bis 50 Prozent runter. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl wählten noch nie weniger als 70 Prozent.
Die Wahlbeteiligung in Frankreich entsprach dem EU-Durchschnitt. In Italien lag sie mit 48 Prozent so tief wie nie. Die Italiener*innen waren in den ersten Jahrzehnten der Union mit einst 85 Prozent Wahlbeteiligung wohl sehr EU-begeistert, danach ging das Interesse schrittweise zurück. In Spanien war die Wahlbeteiligung ähnlich wie in Italien. In Polen mit immerhin 32 Millionen potenziellen Wähler*innen lag sie bei 40 Prozent.
Wahlpflicht in Belgien und Luxemburg
Am höchsten war die Wahlbeteiligung in den EU-Ländern, die eine Wahlpflicht haben. Wer in Belgien und Luxemburg nicht wählt, riskiert eine Geldstrafe. Theoretisch – in der Praxis werden wohl nur noch wenige Nicht-Wählende verfolgt. Das Prinzip funktioniert offenbar trotzdem: Fast 90 Prozent der belgischen Wahlberechtigten haben am Wochenende abgestimmt, auch in Belgien galt das Wahlrecht erstmal ab 16 Jahren. In Luxemburg beteiligten sich rund 82 Prozent an der Wahl.
Wenig Wahlbeteiligung in Osteuropa
Überdurchschnittlich viele Wahlberechtigte gingen in Dänemark, Österreich, Ungarn, in Rumänien und auf Zypern an die Urnen. In Ungarn wählten mit 60 Prozent doppelt so viele wie bei der Europawahl 2014. Im Osten Europas, vor allem in Bulgarien, der Slowakei, der Tschechischen Republik sowie in den baltischen Staaten war die Wahlbeteiligung unterdurchschnittlich. Dort wählte nur rund ein Drittel von denen, die wählen durften. Auch die Portugies*innen sind mit rund 35 Prozent Beteiligung wenige Monate der jüngsten Parlamentswahl offenbar wahlmüde.
Malta: Viele Wähler, wenig Auswahl
Sehr gut hat das kleinste EU-Land Malta seine Wahlberechtigten motiviert. Von den rund 370.000 Einwohner*innen des Inselstaats gingen 73 Prozent an die Urne. Dort stimmten sie im Wesentlichen zwischen Konservativen und Sozialdemokrat*innen ab, letztere gewannen mit knappem Vorsprung.
Die niedrigste Wahlbeteiligung hatte Kroatien, das der EU erst 2013 beitrat. Nur ungefähr jede oder jeder Fünfte der rund 3,7 Millionen wahlberechtigten Einwohner*innen ging wählen.