Inland

Warum Verbände ein Umdenken bei der Wohn-Förderung wollen

Mehr als 20 Milliarden Euro sind 2023 in Sozialausgaben fürs Wohnen geflossen. Ein Verbändebündnis fordert, das Geld woanders zu investieren.

von Carl-Friedrich Höck · 16. Januar 2024
Neubauwohnungen in Düsseldorf

Um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, setzt das Verbändebündnis Soziales Wohnen auf Neubauprojekte.

Das Verbändebündnis Soziales Wohnen prangert ein staatliches Missmanagement in der Wohnungspolitik an. Am Dienstag stellte das Bündnis dazu eine Studie des Pestel-Instituts aus Hannover vor. Laut Studienleiter Mathias Günther sind „die notwendigen staatlichen Ausgaben für das Wohngeld und für die Kosten der Unterkunft geradezu explodiert“. Davon profitierten vor allem die Vermieter*innen, erklärte er. Der Staat zahle sogar Mieten, die deutlich über der Durchschnittsmiete liegen.

Insgesamt hat der Staat laut der Studie im vergangenen Jahr mehr als 20 Milliarden Euro ausgegeben, um bedürftige Menschen beim Wohnen zu unterstützen. Rund 15 Milliarden sind in die Kosten der Unterkunft (KdU) geflossen, die der Staat zum Beispiel für Bürgergeld-Beziehende übernimmt. Weitere fünf Milliarden Euro wurden für das Wohngeld aufgewendet. Zum Vergleich: Die Ausgaben von Bund und Ländern für den Sozialen Wohnungsbau lagen zuletzt bei rund vier Milliarden Euro im Jahr. „Das ist ein deutliches Missverhältnis“, kritisierte Günther.

Bündnis fordert Sondervermögen für Sozialwohnungen

Dem Verbändebündnis Soziales Wohnen gehören der Deutsche Mieterbund (DMB), die Industriegewerkschaft BAU, die Caritas Behindertenhilfe und Psychatrie (CBP) und zwei Bauwirtschafts-Verbände an. Das Bündnis tritt dafür ein, die Mittel für den sozialen Wohnungsbau massiv zu erhöhen. Dazu sollen Bund und Länder ein Sondervermögen in Höhe von 50 Milliarden Euro bereitstellen.

Aktuell gibt es noch etwa 1,1 Millionen Sozialwohnungen in Deutschland. Im Jahr 2007 waren es noch mehr als zwei Millionen – eine Zahl, die das Bündnis auch heute noch für notwendig hält. Laut den Berechnungen des Pestel-Instituts fehlen bundesweit mehr als 910.000 Sozialwohnungen.

Wenn Sozialwohnungen knapp sind, müssen Menschen mit geringen oder ohne Einkommen auf den freien Mietwohnungsmarkt ausweichen. Dort finanziert der Staat die Mieten über KdU und Wohngeld mit. „Weil der Staat am Ende erpressbar ist“, so Günther, zahle er auch überhöhte Mieten.

 Als Beispiel nannte er die Stadt München. Hier übernehme das Job-Center Mieten von 19,40 Euro pro Quadratmeter. Das seien 6,60 Euro mehr als die Münchener Durchschnittsmiete. Kein Einzelfall, wie das Pestel-Institut berechnet hat. Bundesweit fallen die Kosten der Unterkunft pro Jahr 700 Millionen Euro teurer aus, als sie wären, wenn der Staat nur die Durchschnittsmieten bezahlen müsste.

Staat soll Geld zielgerichteter ausgeben

Die „Subjektförderung“ laufe aus dem Ruder, kommentierte Günther. Es stelle sich die Frage, ob der Staat nicht eher die Vermieter*innen fördere als die Haushalte, die er eigentlich unterstützen wolle. Günther weiter: „Jede einmalige Förderung, durch die eine neue Sozialwohnung entsteht, erspart dem Staat erhebliche Summen, die er sonst auf Dauer für Mietzahlungen ausgeben müsste.“

Das Verbändebündnis Soziales Wohnen präsentierte am Dienstag dazu eine Reihe von Forderungen. Es schlägt ein Sonderbudget vor, um sozialen Wohnungsbau gezielt in Regionen voranzubringen, wo der Mangel an Sozialwohnungen besonders groß ist. Das betreffe besonders Baden-Württemberg (206.000 fehlende Sozialwohnungen), Bayern (195.000), Berlin (131.000) und Niedersachsen (109.000). 

Die Mehrwertsteuer für den sozialen Wohnungsbau möchte das Bündnis von 19 auf 7 Prozent senken. Zudem fordert es eine feste Sozial-Quote bei der Vergabe von Sozialwohnungen: Alle Kommunen sollen Härtefallkommissionen einrichten, die über ein Kontingent von zehn Prozent der zu vergebenden Sozialwohnungen entscheiden.

Die Bauminister*innen-Konferenz hat sich erst am 11. Januar mit dem Thema befasst. Der Bund hat seine Finanzmittel für dieses Jahr kurzfristig um 615 Millionen Euro erhöht. Damit stellt er für den sozialen Wohnungsbau und das Programm „Junges Wohnen“ insgesamt 3,15 Milliarden Euro bereit. Die Länder haben eine Ko-Finanzierung von 30 Prozent zugesagt; die zusätzlichen Bundesmittel wollen sie mit 40 Prozent kofinanzieren.

Der Beitrag erschien zuerst auf demo-online.de

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Carl-Friedrich Höck

arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.

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1 Kommentar

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Mi., 17.01.2024 - 06:51

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unter Beschlag nehmen, der nicht oder fehlgenutzt wird. Ferienwohnungen, Zweit und Drittwohnsitze der Reichen, die in jeder größeren Stadt eine Wohnung besitzen, sie aber nur für wenige Tage im Jahr nutzen. Diese Wohnungen müssen beschlagnahmt werden, wie nach 45, als auch in großer Zahl Schutzzsuchende hier aufgenommen werden mussten. Das geht also- ggf wie nach 45 auch gegen den Willen der Eigentümer-. Es gibt Beispiele genug, nur machen müssen wir es auch. Nun mal los, und natürlich auch bauen, soweit es möglich ist.