Inland

Sparpläne: So reagiert die SPD auf die Krise bei Volkswagen

Der mögliche Stellen-Abbau beim einst größten Autobauer der Welt hätte für die Belegschaft dramatische Folgen. In der SPD haben die Nachrichten deutliche Reaktionen ausgelöst.

von Lea Hensen · 30. Oktober 2024
Beim Volkwagen-Konzern steht die Ampel auf Rot.

Beim Volkwagen-Konzern steht die Ampel auf Rot. 

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) forderte am Dienstag „alternative Lösungsansätze“ von den Verantwortlichen beim kriselnden VW-Konzern. „Maßgeblich ist, die industrielle Substanz der niedersächsischen Automobilindustrie zu erhalten“, sagte Weil. Dazu müssten die Verhandlungen „Alternativen zu Werksschließungen oder der Aushöhlung industrieller Kerne“ erarbeiten. Weil sprach  auch die politische Rahmenbedingungen an. Anstehende Entscheidungen in der Wirtschaftspolitik sollten die Schwierigkeiten der gesamten deutschen und europäischen Automobilindustrie aufgreifen. 

Laut Betriebsrat erwägt der Volkswagen mindestens drei deutsche Werke zu schließen und andere zu verkleinern. Zehntausenden Beschäftigten soll gekündigt werden. Auch Gehaltseinbußen stehen im Raum. In Niedersachsen gibt es sechs VW-Standorte, unter anderem das Stammwerk in Wolfsburg.

Der Konzern äußerte sich noch nicht konkret zu den Sparplänen, vermeldete aber am Mittwoch einen Nettogewinn-Verlust im dritten Quartal von knapp 64 Prozent auf rund 1,6 Milliarden Euro. Das Ergebnis zeige den „dringenden Bedarf von erheblichen Kostensenkungen“, sagte der Finanzvorstand. Grund für den Einbruch sind offenbar hohe Kosten und ein lahmer Absatz vor allem in China, wo der Konzern von der hohen Konkurrenz in der Elektromobilität unter Druck gerät.

Olaf Lies, 
Wirtschafts-
minister

Dieses Offenhalten, gibt es Werksschließungen, gibt es keine, ist keine Grundlage.

Die Bundesregierung hatte Volkswagen bereits am Montag aufgefordert, Jobs zu erhalten. Ein Regierungssprecher zitierte den Bundeskanzler mit den Worten, dass „mögliche falsche Managemententscheidungen aus der Vergangenheit“ nicht zulasten der Arbeitnehmer*innen gehen dürften. Es gehe darum „Arbeitsplätze zu erhalten und zu sichern“. 

Am Mittwoch erklärte der Sprecher, Kanzler Olaf Scholz verfolgte die Entwicklung eng und habe bereits mit VW-Konzernchef Oliver Blume und dem Betriebsrat gesprochen. Es sei aber zu früh um über staatliche Hilfen zu entscheiden, um Standortschließungen zu verhindern. „Im Augenblick ist das erstmal etwas, was im Konzern miteinander diskutiert werden muss", sagte er. Die Politik schaue sich die Situation aber sehr genau an, weil man sich der Bedeutung des Konzerns und der großen Zahl der Arbeitsplätze, die daran hängen, bewusst sei.

Der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) forderte den Volkswagen-Vorstand auf, einen Plan vorzulegen, wie er aus der Misere ohne Kündigungen und Standortschließungen herauskommt. „Den Plan muss man haben und dann muss man sagen, welche Modelle bauen wir wo, welche Stückzahlen brauchen wir“, sagte Lies im Deutschlandfunk. „Dieses Offenhalten, gibt es Werksschließungen, gibt es keine, ist keine Grundlage".

Das Land Niedersachsen ist mit rund 20 Prozent an der Volkswagen AG beteiligt und besitzt in allen wichtigen Fragen ein Vetorecht. Ministerpräsident Stephan Weil und Wirtschaftsminister Olaf Lies sitzen beide im Aufsichtsrat. Niedersachsen lehne Werkschließungen ab, sagte Wirtschaftsminister Lies und forderte neue Anreize für den Kauf von E-Autos. Die Menschen seien wegen der Transformation zur Elektromobilität verunsichert – dass die Bundesregierung den Umweltbonus Ende letzten Jahres abgeschafft hatte, sei ein Riesenfehler gewesen.

Neue Begünstigungen für Elektromobilität

Die Bundesregierung hatte die Kaufprämie Ende vergangenen Jahres während der Haushaltskrise gestrichen. Die Ampelparteien hatten aber bereits im Sommer ein Wachstumspaket beschlossen, das neue Abschreibungsmöglichkeiten für Elektromobilität vorsieht. Die Maßnahmen wurden noch nicht umgesetzt.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch sagte am Dienstag in einem Interview mit dem „Stern“: „Vom VW-Konzern erwarte ich, dass er seiner Verantwortung für die Beschäftigten gerecht wird und gemeinsam mit den Betriebsräten Lösungen auf Augenhöhe findet.“ Die SPD setze alles daran, Industriearbeitsplätze in Deutschland zu sichern. „Der Staat kann unterstützend wirken, aber die Hauptverantwortung liegt bei den Unternehmen. Es braucht einen klaren Plan, wie der Wandel gemeinsam bewältigt werden kann.“

Am Mittwoch startete der Konzern in die zweite Tarifrunde mit der IG Metall. Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger nannte offene Gespräche über Werkschließungen und Lohnkürzungen eine Bedingung für weitere Verhandlungen. Andernfalls werde die IG Metall „die weitere Eskalation planen müssen“. Ab dem 1. Dezember sind bei VW wieder Tarifstreiks möglich. Die IG Metall und der VW-Betriebsrat fordern sieben Prozent mehr Lohn für die Beschäftigten in den westdeutschen Werken. Die Arbeitgeberseite hat die Forderungen der Gewerkschaft in der ersten Verhandlungsrunde zurückgewiesen und bisher kein Angebot unterbreitet.

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1 Kommentar

Gespeichert von Tom Kaperbnorg (nicht überprüft) am Do., 31.10.2024 - 10:48

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Nach nun etlichen Jahren vermeintlich profitablem Chinageschäft legt man jetzt den Rückwärtsgang ein - eine zwangsläufige Entwicklung von vielen "einfachen" Köpfen schon zu Beginn der chinesischen Eskapaden der deutschen Autohersteller vielfach vorausgesagt. Die kurzfristige Gier und rücksichtloses Wachstumbestreben führten zu beispiellosem Technologietransfer nach China. Offenbar war man aber in China nicht bereit die Enwicklungsergebnisse der chinesischen E-Auto-Spezialisten mit VW zu teilen bzw. die fähigsten Köpfe in China arbeiten offenbar nicht bei VW, so dass die ihren "Technologievorsprung" für sich behalten. Es ist der chinesische Staat und dazu gehören ALLE bedeutsamen Unternehmen dort, die langfristig profitieren. - (das bisschen Software sollte doch für VW kein unlösbares Problem darstellen :-) Dann die zu schnelle Umstellung auf E-Autos in Europa: Wer der meisten kleinen Leute kauft sich Autos, die 2-3 mal so teuer sind, wie sie müssten. Dazu ein Klumpenrisiko 'Batterie' - vor allem in Gebrauchten. Und VW ist hierzulande unverschämt teuer - die Leute schauen nach bezahlbarer Qualität, also das was VW schon lange nicht mehr bietet. Die Markentreue oder der Selbstdarstellungstrieb über Automarken und schicke Kleidung sind in der Bedürfnispyramide eben erst NACH den Grundbedürfnissen angesiedelt. Das ist besonders in China der Fall, wo die Wirtschaft schlecht läuft und die mehr oder weniger schnell entweichende Luft einer historischen viele verarmenden Immobielienblase, hohe Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, extremste UImweltverschmutzung, allseits verbreitete Korruption, brutalste Unterdrückung der Menschen, die eine freie Entfaltung der Wirtschaft und Gesellschaft verhindert. Mit Zwang ausübenden Methoden (z.B. Gesetze) bei uns nun die E-Autos im Schnellverfahren durchzudrücken funktioniert so nicht. Auch ich werde kein E-Auto kaufen bei diesem Technologierisiko. Batterieladen: teuer. Mietwohnung: Sollen "Nicht-Autofahrer" Wallboxen mitfinanzieren? Ich denke nicht - ist sicher schon gerichtlich geklärt. Diese Transformation wird länger dauern als man sich in seiner Klimapanik vorstellen will. Entweder fahren E-Kleinwagen als Zweitwagen materiell gut gestellter Ehefrauen oder es sind superteure große u. schwere PKW ebensolcher gut materiell aufgestellter Halter. Als Rentner braucht man vielleicht einen "Reisewagen" mit hoher Reichweite und das bezahlbar. Mein Toyo (Benziner) kostete 15.000,- und bringt mich bis nach Spanien mit 2-3x Tanken oder nach Frankreich. Ein E-Auto in der Größe kostet locker das 3-fache. "Dann fahre ich kein Auto mehr und wähle dann eine Partei, die nicht unter Klimapanik leidet" hört man öfter mal, sofern man sich überhaupt noch so spezifisach äußert - politisch auch sehr heikel das Ganze. Auch ist es nicht hinnehmbar, wenn staatl. Subventionen und Kaufprämien verschenkt werden, mit den Steuergeldern auch von Autoabstinenzlern. Es wäre empfehlenswert das Thema auf längere Zeit anzulegen damit weiterer technischer Fortschritt die E-Autos auch für kleine Leute bezahlbar zu machen. Aber nein: VW musste ja als radikalstes aller Unternehmen die "Wende" einleiten. Hat jemals eine "Wende" seit Kohls "geistig moralischer Wende" in den 80ern - sie hat nur Konformisten und speißbürgerliche Schleimer hervorgebracht - irgendwie funktioniert? Energiewende? Teuer und Industrie gefährdend. Vewrkehrswende? Können wir nun bei VW bestaunen. Die Beschäftigten müssen die fatalen Ergebnisse des Missmanagements, der Gier nach Größe und der übertriebenen Klimapanik ausbaden. Dabei wird China immer als Vorreiter der E-Mobilität hingestellt - ja geht schon mit den dortigen Regeln - nur muss man dann die Demokratie abschaffen, denn es können sich dann wie dort 90% der Bevölkerung kein Auto leisten. Dann bin ich mal auf die Wahlergebnisse gespannt. In allen Demokratien werben die Rechten damit, diesen Klimakram eben nicht zu machen und haben damit ein weiteres "Reizthema" neben dem Migrationsproblem. Die Leute wollen günstige Autos heute und keine wahrscheinlich ohnehin nicht eintretende "Klimaverbesserung" in 200 Jahren. Alles eine Frage des Geldbeutels.