Ostdeutschland: Kritik an Plänen zum vorgezogenen Kohleausstieg
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Für Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) ist die Sache klar: „2019 ist es gelungen, einen breiten gesellschaftlichen Konsens über den Ausstieg aus der Kohle herzustellen.“ Das sei ein Wert an sich, denn „so haben die Menschen, die heute in der Kohle und in davon abhängigen Industrien arbeiten, sichere Perspektiven für ihre ganz persönliche Zukunft“, erläutert Martin Dulig.
Aufbau industrieller Ersatz-Arbeitsplätze
Ähnlich sieht es sein brandenburgischer Amtskollege Jörg Steinbach (SPD): „Wir haben eine geltende Gesetzeslage, in der unter anderem auch festgehalten ist, dass für einen möglichen früheren Ausstieg bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen.“ Dazu zählen seiner Meinung nach „der Ausbau der erneuerbaren Energien, die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und nicht zuletzt der Aufbau industrieller Ersatz-Arbeitsplätze“, erklärt er.
Zu jeder Sekunde müsse eine stabile Versorgung mit Energie gesichert sein, betont auch der sächsische Wirtschaftsminister. Doch, und das ist ihm sehr wichtig: zu akzeptablen Preisen. Dann habe Deutschland als modernes und klimabewusstes Industrieland auch zukünftig eine Chance.
Kohleverstromung bremst Ausbau moderner Stromerzeugung nicht
„Dazu gehört auch, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich beschleunigt wird, gleichzeitig Speicherkapazitäten geschaffen und Netze ertüchtigt werden“, meint Martin Dulig. Außerdem brauche man einen verlässlichen Zeit- und Finanzierungsplan für den Ausbau von regenerativen Energiequellen.
Dafür müssten die geplanten Projekte für den Strukturwandel deutlich schneller als bisher umgesetzt werden. Die Kohleverstromung bremse den Ausbau moderner Stromerzeugung auch nicht, meint Jörg Steinbach. Eher umgekehrt: Die Kohlekraftwerke würden weiterbetrieben, damit die Versorgungssicherheit gewährleistet sei, denn bisher sei ein beschleunigter Ausbau erneuerbarer Energien und dergleichen nicht zu erkennen.
Situation im Rheinischen Revier nicht vergleichbar
Die Menschen in Ostdeutschland stehen einem früheren Ausstiegszeitpunkt auch prinzipiell offen gegenüber, ist sich Brandenburgs Wirtschaftsminister sicher – doch dafür müssten die angesprochenen Rahmenbedingungen funktionieren. Das sei die Basis und „sie muss geschaffen werden und ist das entscheidende Kriterium – und nicht die Jahreszahl“.
Einen Vergleich mit dem Rheinischen Revier lehnt er ab: „Für die Menschen in der Lausitz zählen die Bedingungen bei ihnen vor Ort und darum muss sich die Politik kümmern.“ Den Kohleausstieg auch in Ostdeutschland um acht Jahre auf 2030 vorziehen: das hatte die Bundesfraktion der Grünen Anfang vergangener Woche auf ihrer Klausurtagung beschlossen.
Aufgrund dieser Tatsache sagte bereits im Vorfeld der Betriebsrat des Lausitzer Energiekonzerns Leag seine Teilnahme ab. Eigentlich wollten sie zusammen mit den anwesenden Abgeordneten über den Strukturwandel diskutieren. Die Begründung: Der angestrebte Wandel werde nicht durch ein „willkürlich gesetztes Ausstiegsdatum“ gelingen.