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Klimastreik in Köln: Wird die Europawahl zur Klimawahl?

Die bevorstehende Europawahl gilt als „Klimawahl“ – aus diesem Grund rief „Fridays for Future“ knapp eine Woche vor Wahltag in über 100 Städten zum Klimastreik auf. Vor Ort in Köln wird deutlich: Auch die Klimadebatte wird von der Sorge vor einem Rechtsruck dominiert.

von Finn Lyko · 31. Mai 2024
Hoffen und Bangen vor der Europawahl: Klimastreik am 31. Mai in Köln

Hoffen und Bangen vor der Europawahl: Klimastreik am 31. Mai in Köln

„Wer auf die Straße geht für Klimagerechtigkeit, der geht auf die Straße für Demokratie!“ Die klaren Worte von Aktivistin Luisa Neubauer stoßen auf dem Vorplatz des Bahnhof Deutz in Köln auf viel Zustimmung.

Es ist ein sonniger Freitagnachmittag und in Köln ist Klimastreik. Die Bewegung „Fridays for Future“ hat knapp eine Woche vor der Europawahl in mehr als 100 Städten dazu aufgerufen. Vor allem Teenager*innen und junge Erwachsene, jedoch auch einige ältere Menschen und vereinzelt sogar ganze Familien treffen daher am Bahnhof Deutz zusammen – viele haben Schilder mit Sprüchen wie „Kurzstreckenflüge nur für Insekten!“, „Rettet die Wahlen!“ oder „Klimawahl statt Hitzequal!“ mit dabei.

Für viele gilt die Europawahl am 9. Juni als „Klimawahl“, denn die maßgeblichen klimapolitischen Entscheidungen müssen zwangsläufig in der Amtszeit des künftigen Europäischen Parlaments getroffen werden. In der Klimabewegung sieht man die Zukunft des Planeten daher akut durch rechte Akteur*innen bedroht, die die Klimakrise oftmals als gefahrenlos oder erfunden darstellen, erklären Demonstrierende im Gespräch. Sie hoffen daher, beim Klimastreik auch für eine hohe Beteiligung an der Europawahl zu mobilisieren.

Neubauer ist „radikal zuversichtlich“

„Die Faschisten setzen auf eine niedrige Wahlbeteiligung – zeigen wir, dass wir da sind!“, fordert auch Luisa Neubauer. Bevor mit dem Demozug durch die Kölner Innenstadt auch Nicht-Demonstrierende auf die Wahl am 9. Juni aufmerksam gemacht werden sollen, hält sie eine kurze Rede bei der Kundgebung zu Beginn.

Dabei blickt sie auch zurück, was man in fünf Jahren Klimastreiks bereits habe erreichen können, sagt Neubauer auf der Kundgebung am Deutzer Bahnhof. Das bislang Erreichte sei zwar nicht genug, aber durchaus „besser als man sich vorher hätte erträumen können“, erklärt die Aktivistin. Das mache sie „radikal zuversichtlich“ – Einerseits wisse sie um die Katastrophen, andererseits sehe sie: „Wir können etwas verändern.“

Köln wird laut

Nach anfänglichen Startschwierigkeiten und vereinzelten Störungen durch rechte Pöbler*innen wird es dann, mit leichter Verspätung, laut in Köln. Angeführt vom jungen Organisationsteam der Kölner „Fridays for Future“-Gruppe ziehen die Menschenmassen durch die Kölner Innenstadt – mal begleitet von den wummernden Bässen der Popmusik, mal von einem Chor verschiedener Demosprüche oder zum Ende der Strecke vom „Kölner Klimachor“.

Die Stimmung ist gut, aber aufgeheizt: „Wir sind hier, wir sind viele, haltet euch an Klimaziele!“ skandiert der Demozug. Den Menschen beim Klimastreik geht es ums Ganze, das merkt man an diesem Freitagnachmittag. Und viele sind es in der Tat, die hier heute in Köln mehr Klimaschutz fordern: Laut Schätzungen der Veranstalter etwa 3.000 Menschen.

Hoffnung auf ein schlechtes Abschneiden der extremen Rechten

Nach rund zwei Stunden mündet die Demonstration schließlich in das „politische Straßenfest“ an der Severinsstraße. An den Ständen verschiedener Gruppierungen und Jugendorganisationen können sich Interessierte über die Arbeit der Jusos, der Grünen Jugend oder der Jungpiraten informieren. Auch Organisationen wie „Fridays for Future“ und die „Letzte Generation“ sind mit Infoständen vertreten.

Auf der Abschlusskundgebung wird die Stimmung dann so langsam wieder ruhiger. Auf einer etwas improvisiert anmutenden Bühne klingt der Abend mit Redebeiträgen und einer abschließenden Diskussion von Vertreter*innen der politischen Jugendorganisationen aus.

Auch hier wird viel über die AfD diskutiert – über ein mögliches Verbot und darüber, was man der rechten Partei entgegensetzen kann. Der allgemeine Konsens: Zu viele Debatte drehten sich derzeit um die AfD, zu wenig werde über andere politische Inhalte als die Abgrenzung von Rechtsaußen diskutiert.

Das ist schließlich auch auf dem „politischen Straßenfest“ nicht anders – aus Zeitgründen muss die Debatte deutlich früher als geplant beendet werden, und die Fragen zu Klimapolitik und Europawahl bleiben unbeantwortet. Schade, findet ein Teilnehmer. „Hoffentlich schneiden die Rechten nächste Woche schlecht ab, dann können wir endlich wieder schauen, wie es mit dem Klima weiter voran geht.“ Ob es so kommt, zeigt sich am 9. Juni.

Autor*in
FL
Finn Lyko

ist Volontärin in der vorwärts-Redaktion.

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1 Kommentar

Gespeichert von Tom Kaperborg (nicht überprüft) am Sa., 01.06.2024 - 07:40

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... die es DRINGEND zu loesen gilt, ist das Klimathema zar wichtig aber nicht DRINGEND. Auf Platz 1 - 1000 der Hitliste sollten vorerst Verteidigung, europaeiche Einigkeit und Migrationssteuerung stehen. Wenn auch nur eins dieser Probleme nicht in wenigen(!) Jahren geloest wird, braucht man sich um Klima keine Sorgen mehr machen - die politischen Situationen der EU-Mitglieder koennen dann leicht kippen bzw. durch weitergehende kinetische Agressionen durch Russland/ China/Iran und jeweiligen Rechtsregierungen den Buergern andere und extreme Sorgen aufbuerden. Fr. Barley hat sich immer wieder konstruktiv zu den wichtigen Probleme geaeussert - sie ist mit der SPD die vernuenftigste Option bei der Europawahl. Es sollte keinen "Klimavorbehalt" bei politischen Entscheidungen geben - das Ueberschiessen bei den Gruenen - sondern einen "Machbarkeitsvorbehalt" bei klimarelevanten politischen Entscheidungen. Die Auswirkungen solcher muessen weitgefasst verstanden und beruecksichtigt werden, d.h. wenn z.B. Heizungsgesetze viele Waehler nach rechts treiben, so koennte der Schaden groesser sein als der Nutzen. Ebenso ist eine geringere Zuverlaessigkeit von Infrastruktur im Verteidigungsfall desastroes. Wenn Teile der Industriebasis wegbrechen, wg. einer klimapolitischen Entscheidung, so wird das weitreichende Auswirkungen haben. Ganz schwierig das Alles, insbesondere wenn das weltweit auch noch durchgesetzt werden soll - es bleibt ohnehin kein Tropfen Oel im Boden, bis alles verfeuert ist - die "Oelbesitzer" auf der Welt werden alles herausholen und verkaufen.