Inland

Vertrauensfrage von Bundeskanzler Scholz: Diese Szenarien gibt es

An diesem Montag entscheidet der Bundestag über die Vertrauensfrage von Olaf Scholz. Verliert er sie, kann der Bundespräsident Neuwahlen verfügen. Wie wahrscheinlich aber ist es, dass der Kanzler die Abstimmung gewinnt und alles ganz anders kommt?

von Lars Haferkamp · 16. Dezember 2024
Der Kanzler kommt in den Plenarsaal des Bundestages: Am 16.12.2024 werden die Abgeordneten hier über seine Vertrauensfrage namentlich abstimmen.

Der Kanzler kommt in den Plenarsaal des Bundestages: Am 16.12.2024 werden die Abgeordneten hier über seine Vertrauensfrage namentlich abstimmen.

Der Countdown läuft. Seit dem 11. Dezember. An diesem Tag gab Bundeskanzler Olaf Scholz den Startschuss: Er reichte bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas den Antrag auf Abstimmung des Bundestages über seine Vertrauensfrage ein. Damit „möchte ich den Weg frei machen für vorgezogene Bundestagswahlen“, so der Kanzler. Über seine Vertrauensfrage werden die Abgeordneten nun am 16. Dezember entscheiden. Vor der Abstimmung wird es eine Debatte im Plenum geben. Hier will Scholz seinen Antrag „ausführlich begründen“, wie er erklärte.

Spannende Debatte im Bundestag

Es wird wohl eine spannende Debatte werden. Sie dürfte nicht nur eine Art Schlussabrechnung zwischen Regierung und Opposition werden, sondern vermutlich auch eine zwischen den früheren Regierungspartnern der Ampel, also SPD und Grünen auf der einen und der FDP auf der anderen Seite. „Ausführlich begründen“ dürfte der Kanzler dann wohl auch, warum für ihn die Entlassung von Finanzminister Christian Lindner unvermeidbar war. Ein erster Vorgeschmack auf den beginnenden Wahlkampf wird im politischen Berlin erwartet.

Wenn die Abgeordneten den von Scholz vorgeschlagenen Weg beschreiten und ihm das Vertrauen verweigern, will der Kanzler, wie er ankündigte, „Bundespräsident Steinmeier am Montag nachmittag vorschlagen, den Bundestag aufzulösen“. Folgt der Bundespräsident dem Vorschlag von Olaf Scholz, gibt es am 23. Februar 2025 Neuwahlen. „Das ist mein Ziel“, so der Kanzler. „In einer Demokratie sind es die Wählerinnen und Wähler, die den Kurs der künftigen Politik bestimmen. Sie entscheiden, bei der Wahl, wie wir die großen Fragen beantworten, die vor uns liegen“, betonte Olaf Scholz.

Der Kanzler macht den Weg frei

Olaf Scholz unterschreibt am 11. Dezember 2024 seinen Antrag an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas zur Vertrauensabstimmung im Bundestag.

Olaf Scholz macht den Weg frei: Der Kanzler unterschreibt am 11.12.2024 seinen Antrag an die Bundestagspräsidentin zur Vertrauensabstimmung.

Was passiert, wenn es nicht nach Plan läuft?

So der Plan des Kanzlers. Was aber passiert, wenn es nicht nach Plan läuft? Wenn Olaf Scholz in der namentlichen Vertrauensabstimmung die Mehrheit nicht verfehlt sondern erhält? In Berlin kursierten in den letzten Wochen dazu wilde Szenarien. 

Und die gingen so: Wenn die Regierungsfraktionen von SPD (207 Mitglieder) und Grünen (117) ihrem Kanzler das Vertrauen aussprechen, bekäme er 324 Stimmen. Für das Vertrauen des Bundestages fehlten dann noch 43 Stimmen.

Stimmen für Scholz von FDP, Linken oder AfD?

Wo könnten diese plötzlich herkommen? Vielleicht von Parteien, deren Abgeordnete um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen müssen? Das gilt für die FDP (90 Abgeordnete) und die Linke (28), die nach aktuellen Umfragen an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnten.

Oder von der AfD (76 Mitglieder)? Will sie den geregelten Ablauf zu Neuwahlen sabotieren und so die parlamentarische Demokratie und ihre Akteur*innen der Lächerlichkeit preisgeben? Dass dies ins Konzept der rechtsextremen Demokratieverächter*innen passen würde, steht für viele Beobachter*innen außer Frage.

Namentliche keine geheime Abstimmung zur Vertrauensfrage

Doch sehr wahrscheinlich sind diese Szenarios mittlerweile nicht mehr. Zum einen ist die Vertrauensabstimmung – im Gegensatz zur Kanzlerwahl und zum konstruktiven Misstrauensvotum – eine namentliche Abstimmung. Das heißt, die Abgeordneten werfen eine Stimmkarte mit ihrem Namen in eine Urne: für Ja, Nein oder Enthaltung. Hinterher erfährt also jede und jeder aus dem Bundestagsprotokoll, wer für oder gegen Scholz gestimmt hat. Da ist es schwer vorstellbar, dass etwa FDP- oder AfD-Abgeordnete vor aller Welt für den Kanzler votieren.

Zweitens haben die Grünen inzwischen klargestellt, dass sich ihre Bundestagsfraktion in der Vertrauensabstimmung enthalten will. Eine Enthaltung zählt wie eine Nein-Stimme, sie fehlt dem Kanzler für eine Vertrauensbestätigung, für die eine Mehrheit der Mitglieder des Bundestages votieren muss. Da Olaf Scholz aber nur die SPD-Bundestagsfraktion ihre Zustimmung zugesichert hat, würde er mit deren 207 Stimmen allein die nötige Mehrheit von 367 deutlich verfehlen.

Olaf Scholz will Neuwahlen

Somit gehen die politischen Beobachter*innen in Berlin mittlerweile davon aus, dass der Plan des Kanzlers am 16. November aufgeht: die Vertrauensabstimmung zu verlieren und damit den Weg freizumachen für Neuwahlen am 23. Februar 2025.

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