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AfD-Verbot: Warum eine Kampagne die Politik zum raschen Handeln aufruft

Der Name ist Programm: Die Initiative „AfD-Verbot jetzt!“ fordert ein entschlossenes Vorgehen gegen die Rechtsaußen-Partei. Mit einer bundesweiten Kampagne will sie auf die Politik einwirken.

von Nils Michaelis · 18. Juni 2024
Das Bündnis hinter der Kampagne „Menschenwürde verteidigen - AfD-Verbot jetzt!" fordert die Politik zum Handeln auf

Das Bündnis hinter der Kampagne „Menschenwürde verteidigen - AfD-Verbot jetzt!" fordert von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat, jetzt einen AfD-Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht zu stellen. 



 

Von „fünf Minuten vor zwölf“ zu reden, hält Ulrich Schneider für eine Untertreibung. „Es ist längst zwölf“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen mit Blick auf die Bedrohung der Demokratie in Deutschland durch den Rechtsextremismus.

Schneider hat sich einem Bündnis angeschlossen, das mit der Kampagne „Menschenwürde verteidigen - AfD-Verbot jetzt!“ Vertreter*innen von Bundesregierung, des Bundestages und des Bundesrates auffordert, einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht zu stellen.

Zum Beginn dieser Woche hat das Bündnis sich und die bundesweite Kampagne in Berlin vorgestellt. Auf dem Podium im Haus der Demokratie sitzen neben Schneider eine Reihe von Menschen aus der Zivilgesellschaft, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren. 

Die aktuellen Erfolge der AfD bei der Europawahl und den Kommunalwahlen insbesondere in Ostdeutschland sowie die Correctiv-Recherchen über Deportationspläne unterstreichen die Gefahr, die von dieser Partei ausgehen, so der Tenor. 

Die AfD verstoße immer wieder gegen das Grundgesetz

Gleichwohl begründet das Bündnis seine Forderung nach einem Verbot nicht politisch, sondern juristisch. Der Kernvorwurf lautet, dass die AfD immer wieder gegen das Grundgesetz verstoße. Dies würden öffentliche Erklärungen und E-Mails führender AfD-Politiker*innen, darunter Alice Weidel und Björn Höcke, eindeutig belegen.

„Der unverbrüchliche Schutz der Menschenwürde ist eine Lehre aus den Schrecken des Nationalsozialismus und ist deshalb das wichtigste Ziel des Grundgesetzes“, heißt es in einer Erklärung des Bündnisses. „Werden diese Prinzipien von einer Partei aktiv in Frage gestellt, sieht das Grundgesetz die Möglichkeit eines rechtlichen Verfahrens für ein Verbot vor.“

Beispiele dafür werden an diesem Tag reichlich genannt. „Wir hätten es niemals für möglich gehalten, dass 75 Jahre nach Verabschiedung unseres Grundgesetzes in Deutschland wieder aus einer Partei heraus die Gleichwertigkeit und Gleichwürdigkeit aller Menschen in Frage gestellt werden“, sagt Schneider. Migrant*innen, behinderte oder queere Menschen würden durch die Hetze der AfD „massiv angefeindet und ausgegrenzt“. 

„Die AfD hat mitgeschossen"

Naomi Henkel-Guembel wird noch drastischer. Sie ist eine Überlebende des antisemitisch motivierten Attentats in Halle von 2019. „Die Tragödie von Halle steht in einer langen Reihe tödlicher Anschläge, die durch Hass genährt wurden“, sagt sie. „Die AfD hat in Kassel, Halle und Hanau mitgeschossen. Es ist jetzt an der Zeit, entschieden gegen Hass und Intoleranz vorzugehen.“ 

Der Erfolg der AfD bei der Europawahl zeige, wie tief gefährliche Weltanschauungen in die Gesellschaft eingedrungen seien.

Lukas Theune vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein geht davon aus, dass sich ein Verbotsverfahren über Jahre hinziehen würde. Doch die Erfolgsaussichten seien gut. „Das Parteienverbot des Artikel 21 im Grundgesetz hat aus guten Gründen hohe Hürden“, sagt er. „Dennoch halte ich das Verbot der AfD für rechtlich tragfähig und politisch geboten. Die Grundlage für ein Verbot der AfD ist mit Blick auf ihre Programmatik und ihr politisches Handeln gegeben."

Gefragt nach der personellen Stärke und dem weiteren Vorgehen des Bündnisses, bleiben dessen Vertreter*innen im Ungefähren. Sie betonen die Motivation, eine deutschlandweite Bewegung in Gang zu setzen, nachdem die Demonstrationen gegen rechts während der vergangenen Monate nicht den gewünschten Effekt gehabt hätten. Für die kommenden Wochen werden Gespräche mit Mitgliedern aller demokratischen Fraktionen im Bundestag angekündigt. 

Das Ziel: eine Mehrheit im Bundestag

„Als erstes Ziel soll eine parlamentarische Mehrheit von Abgeordneten im Bundestag erreicht werden, die einem Verbotsantrag zustimmt“, heißt es in der Erklärung. Genau darauf arbeitet auch Marco Wanderwitz von der Unionsfraktion hin. Laut Medienberichten hat der frühere Ostbeauftragte der Bundesregierung mit 37 Mandatsträger*innen genügend Stimmen, um das Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Ob und wie das Bündnis mit ihm zusammenarbeitet, bleibt bei der Pressekonferenz offen.

In der SPD gibt es viele Stimmen, die die Prüfung eines AfD-Verbots begrüßen würden. Der Bundesvorstand der SPD knüpft einen solchen Schritt allerdings an strenge Voraussetzungen. Sollten die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes die Erfolgsaussichten eines solchen Verfahrens als gesichert erscheinen lassen, dann sei ein Antrag auf Prüfung der Verfassungswidrigkeit der AfD „eine klare Option“ zur Verteidigung der Demokratie, heißt es in einem Beschluss vom März. Auf ihrem Bundesparteitag hat die SPD beschlossen, ein AfD-Verbot zu prüfen.

Zudem sprachen sich 25 SPD-Bundestagsabgeordnete mit Migrationsgeschichte dafür aus, ein Verbot der AfD prüfen zu lassen. Ähnliche Signale gab es aus dem SPD-Landesverband Bayern und der SPD-Fraktion in Bremen.

Bislang nur ein Verdachtsfall

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Gesamtpartei AfD im März 2021 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Die Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt gelten als „gesichert rechtsextrem".

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1 Kommentar

Gespeichert von Armin Christ (nicht überprüft) am Do., 20.06.2024 - 10:54

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afd-Verbot, der Schuß kann auch hinten losgehen. Ich bin zwar juristischer Laie, aber ob da genügend stichhaltige Beweise zusammen kommen ist für mich fraglich.
Laut schreien: "Menschenwürde verteidigen" hilft da wenig, wenn vielen Menschen bewußt ist, daß vermittels Agenda 2010 an ihrer Menschenwürde gekratzt wurde. Die Meinungsmanipulation (RKI-Files legen das offen; Mißbrauch von Wissenschaft) und Meinungunterdrückung währen "Corona" sind den Menschen im Gedächtnis. Diejehnigen, die täglich was leisten werden mit Mindestlohn agespeist, abiejehnigen,die von Börsenspekulationen leben, Banker, Bahnvooständedie keine funktionierend Bahn zustande bringen u.v.a.m., die nennt man Leistungsträger.
Ich weiß selbst nicht wieviele afd-Wähler zu den Rechten zählen und wieviele Prostestwähler sind, die dene da oben eins auswischen wollen.
Die afd kann man nur durch konzequente Friedens-, Bildungs- und Sozialpolitik bekämpfen und indem man ihre zutieft neoliberale Agenda offen legt; dazu gehört aber selbst endlich der neoliberalen Agenda abzuschwören.