Regierungserklärung: Wie Kanzler Scholz für Sicherheit sorgen will
Der Terroranschlag in Mannheim und die Überflutungen in Süddeutschland haben die Deutschen verunsichert. Mit einer Regierungserklärung am Donnerstag wollte Bundeskanzler Olaf Scholz ihnen Sicherheit zurückgeben. Mit Blick auf schwerstkriminelle Ausländer machte er eine klare Ansage.
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Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner Regierungserklärung im Bundestag: „Wer unseren Schutz ausnutzt, der hat diesen Schutz verwirkt.“
Als er mit seiner Rede fast am Ende ist, zitiert Olaf Scholz Willy Brandt. Nicht wörtlich, aber der erste SPD-Kanzler scheint klar durch als Scholz sagt: „Ohne Sicherheit ist alles nichts.“ Bei Brandt ist es 1981 der Frieden gewesen, der nicht alles, aber ohne den eben alles nichts sei. Stand Brandt damals, im November 1981, unter dem Eindruck zunehmender Spannungen im Ostblock – nur wenige Tage nach seiner Rede verhängte Polen das Kriegsrecht – ist es bei Scholz der Messer-Angriff eines Islamisten in Mannheim in der vergangenen Woche, bei dem ein Polizist den Tod fand.
Scholz: Wir sagen dem Terror den Kampf an
„Das ist Terror“, macht der Kanzler gleich zu Beginn seiner Regierungserklärung am Donnerstagmorgen im Bundestag deutlich. „Diesem Terror sagen wir den Kampf an.“ Der Tod des Polizisten Rouven L. habe das ganze Land „ins Herz getroffen“, auch weil damit das Versprechen des Rechtsstaats verletzt worden sei, „dass jede und jeder ohne Furcht vor seinen Mitmenschen in unserem Land leben kann“. Für Olaf Scholz ist klar: „Wer uns schützt, verdient selber Schutz. Wer einen Polizisten tötet, muss auf das härteste bestraft werden.“
Und so kündigt der Kanzler in seiner Regierungserklärung an: „Wir werden das Strafrecht gezielt schärfen.“ Auch Waffen- und Messerverbotszonen sollen ausgeweitet werden. Besonders deutlich wird Scholz, was Kriminelle ohne deutschen Pass angeht. „Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder haben hier nichts verloren und gehören abgeschoben“, sagt Scholz. Auch dann, wenn sie aus Syrien oder Afghanistan kämen, Staaten also, die als nicht sichere Herkunftsgebiete eingestuft sind. Das Sicherheitsinteresse Deutschlands wiege in solchen Fällen schwerer als das Schutzinteresse des Täters.
Der Kanzler kündigt in seiner Regierungserklärung an, Ausweisungsregelungen so verschärfen zu wollen, „dass aus der Billigung terroristischer Straftaten ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse folgt“. Auch wer Terrorismus verherrliche müsse abgeschoben werden, da sie oder er sich damit „gegen alle unsere Werte“ richte. „Wer unseren Schutz ausnutzt, der hat diesen Schutz verwirkt“, stellt Scholz klar. „Da gibt es Null Toleranz.“
„Wo Sicherheit fehlt, wächst die Furcht.“
Auch auf das Hochwasser in Süddeutschland geht der Kanzler in seiner Regierungserklärung ein. Auch dieses bedrohe die Sicherheit der Menschen in Deutschland, zumal es schon das dritte Ereignis dieser Art seit Jahresbeginn ist. „Wenn solche extremen Wetterereignisse häufiger passieren, dann ist das nicht mehr nur ein Unglück. Dann ist das ein Ergebnis des Klimawandels“, stellt Olaf Scholz klar. Darauf gelte es, sich als Land vorzubereiten. „Und das tun wir.“ So würden Polder- und Überflutungsfläche ausgewiesen, die im Notfall das Hochwasser aufnehmen können. Das vor einem Jahr beschlossene Klimaanpassungsgesetz gebe hier „einen verbindlichen Rahmen“ vor.
Zum Schluss kommt Scholz noch auf den Krieg in der Ukraine zu sprechen. Zwischen den drei Ereignissen bestehe zwar „kein direkter Zusammenhang, aber sie beschäftigen uns alle“. Den Frieden auch für Deutschland zu sichern, heiße, die Ukraine zu unterstützen, unterstreicht der Kanzler. Daran ändere auch die Zusage nichts, dass die Ukraine zu ihrer Verteidigung mit deutschen Waffen künftig auch militärische Ziele in Russland beschießen darf.
„Es ist wichtig, dass wir uns vor derart weitreichenden Entscheidungen immer und immer wieder eng mit unseren Partnern abstimmen“, betont Scholz. Das sei auch in diesem Fall erfolgt. „Es ist an Russland, seine Truppen zurückzuziehen und so den Weg freizumachen für einen gerechten Frieden“, sagt der Kanzler schließlich und klingt am Ende fast ein bisschen wie Willy Brandt. „Wo Sicherheit fehlt, wächst die Furcht.“ In der Ukraine wie in Deutschland.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.
„Für Sicherheit sorgen“
Seine „neue Härte“ in der Flüchtlingspolitik läutete Scholz im Spiegel (20.10.23) mit den Worten ein, endlich „im großen Stil abschieben“ zu wollen: Der Kanzler versprach, was er nicht halten konnte.
In seiner jüngsten Regierungserklärung nahm er sich - aus traurigem Anlass - die ausländischen „Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährder“ vor, denen er auch dann Abschiebung androhte, wenn sie aus „Syrien oder Afghanistan kämen“. Auch hier wird Scholz seine „klare Ansage“ nicht einhalten können, denn Abschiebungen scheitern nicht nur an unserer Rechtsstaatlichkeit, sondern auch an Bedingungen, die er nicht beeinflussen kann. Sehr wohl allerdings kann Scholz „Waffen- und Messerverbotszonen“ ausweiten. Und das hätte nichts mit Symbolpolitik zu tun, denn „schwerstkriminelle Ausländer“ werden diese Verbotszonen ganz sicher respektieren - und wenn Deutsche sich dann konsequent nur noch in diesen Verbotszonen aufhalten, wird es auch keine „Waffen- und Messerattacken“ auf Deutsche mehr geben.
Ohne Relativierung, aber als Referenz: „Jeden zweiten Tag stirbt eine Frau durch Partnerschaftsgewalt“, sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus bei der Vorstellung des Lagebilds „Häusliche Gewalt“ gemeinsam mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser und BKA-Vizepräsidentin Martina Link in Berlin (7.6.24).
Ukraine: „Für einen gerechten Frieden“
„Es ist an Russland, seine Truppen zurückzuziehen und so den Weg freizumachen für einen gerechten Frieden“, sagte Scholz. (Was er mit „gerechten Frieden“ meint, ließ er offen.) Die Aussage ist so einsichtig – wie unrealistisch. Jeder Friedens- und Konfliktforscher weiß, dass ein Krieg immer dann begonnen wird, wenn in einem „Konfliktsystem“ eine Partei zum Krieg bereit ist, weil für sie „die Bedingungen für eine friedliche Lösung“ nicht gegeben sind. Solange das „Konfliktfeld“ bestehen bleibt, wird der Krieg fortgesetzt, bis eine der Parteien „ermattet“ ist oder beide. Die klügere Alternative wäre, das „Konfliktfeld“ im Dialog aufzulösen und eine friedliche Lösung zu finden. Dieser Ausgang ist versperrt: Solange Nato und Scholz auf ihrer Version des „Konfliktfeldes“ beharren, nämlich der analytischen Engführung „imperiale Besessenheit“ Putins, kann der Krieg nur durch Krieg beendet werden. Damit die Ukraine siegt, die ja, wie alle unsere Wortgewaltigen wissen, auch unsere Freiheit verteidigt, müssen wir ihr alle Unterstützung gewähren, die sie für den Sieg braucht. Waffen, die weit nach Russland schießen können, gehören selbstverständlich dazu. Auch der Taurus wird nicht mehr lange in unseren Beständen vergammeln müssen. Ich fürchte, wir werden auch um eine Beteiligung der Bundeswehr nicht herumkommen – eigentlich ist es auch nicht einsichtig, dass unsere Freiheit, unsere Sicherheit auf ukrainischem Boden und mit ukrainischem Personal verteidigt werden sollen, während die BRD nur Geld und Waffen liefert. Bedenken, dass die Nato durch weitreichende Waffen, eigene Soldaten Kriegspartei würde, muss niemand haben, wie unsere Wortgewaltigen uns immer wieder versichern. Dass unser Gegner eine der beiden Atom-Großmächte ist, muss uns auch nicht bekümmern, denn aus irgendeinem unerfindlichen Grund wird Putin, dem sonst alles zuzutrauen ist, über die Drohung mit seinen Bomben nicht hinausgehen. Scholz macht also alles richtig, wenn er bedenkenlos weitreichende deutsche Waffen an die Ukraine liefert. Vielleicht kann Pistorius auf diese Weise sogar bald mal überprüfen, ob die deutsche Bevölkerung schon die von ihm geforderte notwendige „Kriegstüchtigkeit“ besitzt.
Nimmt die SPD eigentlich wahr, dass Friedenspolitik nicht mehr zu ihren Kompetenzen gehört?
Und für Sicherheit sorgt die Ukraine-Politik auch nicht,
weder die der Bundesrepublik, noch die der EU oder der Nato!